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Davids letzter Film

Davids letzter Film

Titel: Davids letzter Film Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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wenn ich die hab.«
    Florian zog einen Hundert-Euro-Schein aus der Tasche und legte ihn auf die Theke. »Schon klar. Ich wollte ja auch nur wissen,
     wer mir weiterhelfen kann.«
    Der Kahlkopf sah auf den Schein. Und wirkte plötzlichrichtig schlecht gelaunt. Flo machte, dass er aus dem Laden herauskam.
    Zurück auf der Straße lief er ziellos an den Bars und Cafés entlang, die sich seit Einbruch der Dunkelheit langsam füllten.
     Es war immer das Gleiche. Ob illegale Prostitution, Käfigkämpfe oder indizierte Filme – in einer illegalen Szene zu recherchieren
     brauchte vor allem Geduld und viel Zeit. Ihm fiel ein, dass er bei seiner Internetrecherche erfahren hatte, dass eingefleischte
     Horrorfilmgucker oftmals auch leidenschaftliche Metal-Fans sind. Er winkte einem Taxi. Vielleicht konnte er in einer Metal-Bar
     mit ein paar netten Leuten Bekanntschaft schließen?
     
    Der Taxifahrer starrte ihn ratlos an. »Metal-Bar?«
    »Gibt’s das nicht mehr in Berlin?«
    »Das weiß ich doch nicht.«
    »Könnten Sie vielleicht mal Ihre Kollegen fragen? Das wär super!«
    Über Funk erfuhr der Fahrer von einem Metal-Eck in Friedrichshain.
    Als Flo sich knapp zwanzig Minuten später an der Theke dort niederließ, sah er, dass seine Idee vom Ansatz her gar nicht so
     schlecht gewesen war. In der Kneipe gab es kaum Licht, die Musik war ohrenbetäubend, und die Nachtgestalten, die sich hier
     tummelten, sahen ziemlich genau so aus, wie er sich echte Splatterfans vorstellte. Der Barmann bediente erst alle anderen,
     bevor er sich ungeduldig an Florian wandte.
    »Ein Bier, bitte.« Flo legte seinen Hunderter auf den Tresen, der im blauroten Licht der Bar verführerisch funkelte.Wenn es jetzt nicht klappte, konnte er die ganze Sache ohnehin vergessen.
    »Und eine Info.« Er schob den Schein Richtung Barmann, hielt ihn aber noch fest.
    Der Zottelbär hinter dem Tresen verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein. Flo hatte jetzt seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
    »Ich hab gehört, in Berlin wird viel Splatter geguckt.«
    Keine Reaktion.
    »Uncut.« Flo zog die Hand zurück. Der Schein lag jetzt scheinbar herrenlos zwischen ihnen.
    »Ja?«
    »Ja. Da wollt ich mal fragen.«
    Der Barkeeper nahm den Schein an sich. Das war schon mal gut. Er checkte, ob sie jemand beobachtete. Noch besser. Dann war
     der Schein plötzlich weg. Jetzt musste allerdings auch die Info folgen.
    »’s gibt ’n kleines Kino unten in Neukölln, da zeigen sie Filme nach Mitternacht. Hab ich mal gehört.«
    »Wie heißt es denn?«
    »Das Galaxy.«
    »Das gibt’s noch?«
    Zottelbär sah Flo ausdruckslos an. »Willste das Bier noch?« Er schien der Auffassung zu sein, sich das Geld bereits redlich
     verdient zu haben.
    Flo stand auf. »Nee, lass ma.«
     
    Als er beim Galaxy ankam, war es kurz vor halb zwölf. Vor Jahren hatte er hier in langen Filmnächten die zerschrammelten Kopien
     der üblichen Klassiker gesehen. Lange Sergio-Leone-Nacht. Lange Stanley-Kubrick-Nacht.Lange Indiana-Jones-Nacht. Die Holzsitze waren mörderisch gewesen, der Ton erbärmlich. Aber das Kino hatte die Filme, die
     sonst keiner mehr brachte, auf großer Leinwand gezeigt. Und das hatte was.
    Er warf einen Blick auf die Anzeigetafel über dem Eingang. Es lief ein Bollywood-Streifen, von dem er noch nie was gehört
     hatte. Letzte Vorstellung um halb elf. Es konnte also nicht mehr lange dauern.
    Florian beschloss, sich vor dem Ausgang in der Seitenstraße zu postieren. So waren sie auch früher schon umsonst in die Spätvorstellung
     gekommen. Einfach vor der Tür warten, bis jemand das Kino verlässt. Die Tür aufhalten, bevor sie wieder ins Schloss fällt
     – und sich möglichst nicht erwischen lassen.
    Gegen halb eins traten die ersten übermüdeten Bollywood-Gucker aus dem Kino ins Freie. Mehr als ein Dutzend Zuschauer hatten
     sich den Film nicht angesehen. Flo drängelte sich an ihnen vorbei durch die Tür. Er wurde spöttisch gemustert. Zu sagen wagte
     jedoch niemand etwas.
    Der Saal war leer, als er ihn betrat. Wurde sauber gemacht zwischen den Vorstellungen? Gab es einen Code oder so etwas? Musste
     man Mitglied sein? Er beschloss, hinten bei den Toiletten erst einmal abzuwarten.
    Kurz vor eins begann sich eine Handvoll Leute in dem Saal zu versammeln. Flo schlenderte wie selbstverständlich aus dem Gang,
     der zu den Toiletten führte, zurück in den Saal. Keiner beachtete ihn. Er entschied sich für einen Holzsitz in den hinteren
     Reihen und beobachtete unauffällig

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