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Davids letzter Film

Davids letzter Film

Titel: Davids letzter Film Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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auf jeden eine ganz besondere Wirkung.«
    Hannes sah zu Flo. »Diese Wirkung hat David dann noch gesteigert, indem er in dem Film Bekannte des Kunden auftreten lässt.
     Die Nachbarin, auf die er schon lange scharf ist und die ihm einen bläst, zum Beispiel. Kein Problem. Oder der Chef, der ihn
     seit Jahren nervt und dem er eine Kugel durch den Kopf jagt. Warum nicht? Manche stehen drauf. Natürlich passt das Material
     nicht immer perfekt zusammen, aber es funktioniert trotzdem. Im Kopf des Zuschauers fügen sich die Bilder besser zusammen,
     als man meinen sollte. Und am Computer lässt sich ohnehin viel tricksen.« Er sah auf den Boden.
    Flo trat einen Schritt zurück. »Na und. Was soll’s? Das ist doch alles halb so wild.«
    Hannes zertrat einen Zweig, der auf dem Weg lag. »Manche Kunden hatten spezielle Wünsche. Einer wollte sich dabei zusehen,
     wie er von seinem eigenen Vater vergewaltigt wird. Egal, wie abgefahren es war, David hat es gemacht. Und sich dabei totgelacht.«
    Flo musste grinsen. »Na schön. Aber das sind doch nur Spielereien.«
    Hannes stöhnte auf. »Dieser Tegtmeyer? Hast du ihn kennengelernt?«
    In dem Moment klingelte sein Handy. Hannes zog es aus der Jackentasche und wandte sich ab. »Ja?«
    Florian sah in den Wald. »Was ist mit Maja?«, hörte er Hannes hinter sich sagen. Die Flocken rieselten von den Baumkronen
     auf den Laubboden. Ein vereinzeltes Paar lief weiter hinten zwischen den Bäumen entlang. Hatten die beiden gerade in seine
     Richtung geschaut?
    »Ich muss zurück.«
    Flo fuhr herum. Hannes stand hinter ihm, das Handy noch in der Hand. Und aschfahl im Gesicht.
    Unwillkürlich legte Flo ihm eine Hand auf den Arm. »Moment, was ist mit Tegtmeyer?«
    Aber der Kameramann schüttelte Florian ärgerlich ab und lief zurück zu seinem Wagen. »Sorry, dass ich dich hier so stehen
     lasse, Flo, aber ich muss dringend nach Hause.«
    Flo hielt mit ihm Schritt. »Wieso, was ist denn?«
    »Es ist was mit meiner Tochter.« DieAufregung machte Hannes’ Stimme heiser.
    Ohne Florian noch einmal anzusehen, riss er die Tür seines Autos auf, sprang hinters Steuer und gab Gas.
    Überrumpelt starrte Flo dem schweren Fahrzeug nach, das sich mit quietschenden Reifen entfernte. Er sah sich um. Weit und
     breit kein Taxi, geschweige denn eine Bushaltestelle oder U-Bahn -Station. Nur Einfamilienhäuser und Vorgärten.
    Missmutig begann er, die kleine Straße den Wald entlang hinunterzumarschieren. Ihm blieb keine Wahl, er musste zur nächsten
     Hauptstraße laufen. Dabei wurde das Eiswasser, das nach wie vor in seine viel zu dünnen Sommerschuhe sickerte, langsam richtig
     unangenehm.
    In dem Moment zerriss ein dumpfer Knall die Stille. Entfernt heulte ein Motor auf. Dann gellte eine Stimme.
    Es war die Stimme einer Frau.
    Flos Mund wurde trocken. Was war das denn? Er drehte sich um und hastete in die Richtung, aus der Knall und Stimme zu hören
     gewesen waren.
    Nach wenigen Schritten gelangte er an eine Kreuzung und versuchte sich zu orientieren. Es war die Querstraße, in der sich
     Hannes’ Haus befand. Er entdeckte es keine zweihundert Meter von der Kreuzung entfernt. Vor dem Haus herrschte Bewegung, Menschen
     liefen zusammen. Jemand wurde hineingetragen.
    Es war Flo, als ob eine kalte Hand durch seinen Brustkorb hindurch nach seinem Herzen greifen würde.
    Als er Hannes’ Grundstück erreicht hatte, fiel ihm auf, wie verstört die Menschen waren, die vor dem Bungalow auf der Straße
     standen.
    »Was ist passiert?« Er rang nach Luft und sah eine alte, zerbrechliche Frau an, die mit ihrem Dackel an der Leine auf dem
     Bürgersteig stehen geblieben war.
    Die Frau blickte verwirrt auf ihren Dackel. »Herr Marin   –« Sie brach ab.
    Flo ergriff ihren Arm. »Was!?«
    Sie hob das Gesicht und schaute ihn an. Ihre Augen schwammen. »Ich   … ich weiß es nicht.«
    »Ein Unfall? Ich hab einen Knall gehört.« Er ließ ihren Arm los.
    Sie wickelte die Hundeleine um ihre knochigen Finger, als fürchte sie, der Dackel könne ihr weglaufen. »Ich habe nicht viel
     gesehen   … nur den großen Wagen.« Sie nickte mit dem Kopf zum Geländewagen, der am Bürgersteigparkte. »Er kam viel zu schnell die Straße runter   … da bin ich stutzig geworden   … Ich habe in meinem Vorgarten gerade dem Hund was gegeben   –«
    »Und?« Flos Augen schnellten zum Bungalow. Die Haustür stand offen.
    »Herr Marin sprang aus seinem Wagen, guckte zu seinem Haus – und lief auf die Straße   … Es ging

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