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Davids letzter Film

Davids letzter Film

Titel: Davids letzter Film Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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half nichts. Da musste er durch.
    Mühsam stand er auf.
    Davids Augen blinkten. »Bist du jetzt sauer, oder was?«
    Flo sah ihn an.
    David lachte. »Ach, komm schon, Mann, das ist Jahre her. Erzähl mir nicht, dass du dich immer noch ärgerst!«
    Flo bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Das also wolltest du mir zeigen?«
    »Fandest du es nicht spannend?«
    »Das ist der Film, der die Leute verstört hat? Die Mitarbeiter im Kopierwerk? Das ist der große, geheimnisvolle neue Mosbach,
     auf den alle warten?«
    David lehnte sich an den Türrahmen, nun doch wieder ernst. »Okay, ich geb’s zu. Dass die Mitarbeiter verstört gewesen sein
     sollen, die Teile von dem Film vorab gesehen haben – das war ein Marketing-Trick.« Er blinzelte Flo an. »Aber es funktioniert,
     oder? Wenn man das Gerücht hört, denkt man sofort: Will ich sehen.«
    Er hielt inne. Als Flo nichts sagte, sprach er weiter. »Dass wir keine Presse, keine Besucher, keine überflüssigen Leute während
     der Dreharbeiten am Set haben wollten, das ist aber nicht erfunden, das war wirklich so.« Er lächelte. »Das Plakat allerdings,
     mit der Pistole und der nackten Frau im Hintergrund, das gehört wieder mehr in die Abteilung Trick-Marketing. Das hat mit
     dem Film ja eigentlich nichts zu tun.«
    Flo sah ihn an. »Leck mich am Arsch.«
    Er griff nach seinem Mantel. David war ein Arsch. Er hatte es immer gewusst. Und er hatte keine Lust mehr, darüber hinwegzusehen.
     Sollte der Arsch ihn doch in Frieden lassen. Wortlos wollte er an ihm vorbei nach draußen gehen. Aber David hielt ihn zurück.
    »Flo?« Er senkte ein wenig die Stimme.
    Als Florian vor ihm in der Tür stehen blieb, sah er zum ersten Mal, wie alt David inzwischen geworden war. Die Jahre waren
     nicht spurlos an ihm vorbeigezogen, er hatte auch schon vereinzelt graue Haare bekommen.
    »Es tut mir leid.«
    »Was?« Flo glaubte, er habe nicht richtig gehört.
    »Was damals war. Was ich getan hab.«
    Flo stutzte. »Im Ernst?«
    David nickte. »Stell dir vor, sie haben den ›Zyklopen‹ nie verfilmt. Das Skript verschimmelt heute in irgendeiner Produzentenschublade.
     Aber egal. Ich hab mich dir gegenüber damals nicht richtig verhalten. Und dafür wollte ich mich entschuldigen.«
    Flo schwieg. Deshalb hatte er diese alte, hässliche Sache wieder hervorgeholt? Weil er sich entschuldigen wollte, nach all
     den Jahren? Das änderte natürlich alles! »Hm.«
    »Also, kommst du? Ich hab ein Bier in der Teeküche. Ich will mit dir reden.«
    Flo warf sich seinen Mantel über die Schulter. Plötzlich ließ der Druck nach, und ihn durchströmte unbändige Freude. David
     hatte sich entschuldigt! Eben noch hatte er geglaubt, alle Träume für die Zukunft begraben zu müssen – jetzt waren sie wieder
     da! Es konnte ja doch noch ein gutes Ende nehmen! Im Übermutschlug er David auf den Rücken. »Alles klar, Mann, lass uns reden!«
    Und dann liefen sie, den Arm jeweils auf die Schulter des anderen gelegt, den Gang hinunter. Der Krampf in Flos Bauch, der
     während des Films unerträglich geworden war, hatte sich schlagartig wieder gelöst.

36
    Die Teeküche am Ende des Gangs war mit einem hochbeinigen Tisch, ein paar Barhockern, einer Kaffeemaschine, einem Spülbecken
     und einem Kühlschrank ausgestattet. David holte eine beschlagene Bierflasche aus dem Kühlschrank und warf sie Flo zu. Dann
     machte er sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. Flo hebelte die Flasche mit einem Schlüssel auf, setzte sie an und trank
     in tiefen Schlucken. Das Bier war angenehm frisch und prickelte in seiner Kehle. Er nahm auf einem der Barhocker Platz und
     stellte die Flasche vor sich auf den Tisch.
    »Dieser Film ist also das Ende des Weges, den du gegangen bist?«, fragte er schließlich. Er hatte keine Lust, die alte Geschichte
     jetzt endlos breitzutreten. David hatte sich entschuldigt, das war doch was. Jetzt kam es auf das an, was David mit ihm gemeinsam
     auf die Beine stellen wollte.
    »Das Ende?« David setzte die Kaffeemaschine in Gang, drehte sich um, lächelte und hockte sich zu Flo an den Tisch. »Ich weiß
     nicht. Auf jeden Fall der Versuch, einen Schritt weiter auf dem Weg zu gehen, den ich mit meinen anderen Filmen eingeschlagen
     habe. Was hältst du davon?«
    Flo strich sich über den Mund. Sollte David doch erstmal ein bisschen erzählen. »Der Schein ist die Wirklichkeit, richtig? Das war es doch, worum es dir im ›Metafilm‹ ging. Aber
     wie kommst du von dieser Idee auf unseren alten

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