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Davids letzter Film

Davids letzter Film

Titel: Davids letzter Film Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Winner
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gekrochen. Der Schrecken umklammerte sein Herz.

38
    Zitternd richtete sich Florian auf und sah sich um. Er lag auf einer Bank am Ufer der nächtlichen Spree. Langsam kehrte die
     Erinnerung an das zurück, was passiert war. David hatte ihm seinen »Tabu«-Film gezeigt, sie hatten in der Teeküche geredet.
     Auch darüber, ob der Film funktioniere oder nicht. Dann hatte David ihn zur Pforte im Gitter des Studiogeländes gebracht,
     und sie hatten sich voneinander verabschiedet. Flo solle sich sein Angebot, gemeinsam zu arbeiten, überlegen. Er könne ihn
     jederzeit über Tegtmeyer kontaktieren oder auch über Thea, die David in den nächsten Tagen informieren wollte. Dann hatte
     Florian sich ein Taxi gerufen und war nach Berlin gefahren. Allein.
     
    Er hatte den Taxifahrer gebeten, ihn zur Oranienburger Straße zu bringen. Er wusste, dass dort – wie früher auch – jede Menge
     Kneipen waren, und er hatte unbedingt noch etwas trinken wollen. Kaum hatte er jedoch die erste Bar betreten, hatte er seinen
     Entschluss bereut. Die Männer und Frauen, die in Gruppen an den Tischen saßen, waren mindestens zehn, wenn nicht zwanzig Jahre
     jünger als er. Alle waren in fröhliche Gespräche vertieft, einen einsamen Besucher wie ihn gab es sonst nicht.Flo hatte auf dem Absatz kehrtgemacht und war froh gewesen, als er zurück auf die Straße gekommen war.
    Ein paar Schritte weiter war er an einer weniger aufgemotzten Kneipe vorbeigekommen und hatte noch einmal sein Glück versucht.
     Voll war es auch dort, aber die Gäste schauten nicht mehr ganz so sehr von sich selbst überzeugt drein. Sie waren älter, und
     es gab auch ein paar Einzelgänger unter ihnen. Flo hatte sich an die Theke gehockt und ein Bier bestellt.
    Wie soll es nun weitergehen?, hatte er zu grübeln begonnen. In Berlin hatte er jedenfalls nichts mehr verloren. David lebte
     sein Leben, Riemschneider tat seine Arbeit, sollten sie sich doch gegenseitig die Köpfe einrennen – ihn ging es nichts an.
     Er hatte sich nach Spanien abgesetzt, eigentlich nur vorübergehend, aber dann blieb er eben dort. Warum auch nicht? Ein Scheißleben
     war es sowieso.
    Er hatte das Bier runtergekippt und Nachschub bestellt.
    Und Thea? Der einzige Ort in Berlin, an dem er sich wohlgefühlt hatte, war bei ihr gewesen. Hatte sie die ganze Zeit über
     gewusst, wo David steckte, und ihn nur belogen? Sollte er sich wirklich so sehr in ihr getäuscht haben?
    Er hatte die Kneipe verlassen und ihre Nummer gewählt. Wenigstens von ihr verabschieden wollte er sich. Nach mehreren Klingelzeichen
     hatte sie sich gemeldet.
    »Harloff.«
    »Thea! Florian hier. Ich werde morgen wieder nach Madrid fliegen.«
    »Florian! Hey   … Du fährst wieder?«
    »Ja, mir reicht’s.« Er hatte ein missglücktes Lachen ausgestoßen, und eine Pause war entstanden.
    »Ist David bei dir?«, hatte er schließlich gefragt.
    »Nein«, hatte sie ruhig geantwortet.
    Sie hatte nicht empört gewirkt, dass er das fragte. Auch nicht überrascht oder schockiert.
    »Hat er sich bei dir gemeldet?«, hatte er gefragt.
    »Ja, gerade eben«, hatte sie geantwortet, aber schnell weitergesprochen, bevor er etwas sagen konnte. »Ich will nicht unfreundlich
     sein, Florian. Aber es ist spät. Ich bin müde. Es ist nett, dass du noch einmal angerufen hast.«
    Ein Auto war an ihm vorbeigefahren, der Beifahrer hatte zu ihm herübergesehen. Es war nicht das erste Mal, dass Florian das
     Gefühl beschlich, in Berlin überwacht zu werden. Riemschneiders Leute? Unwillig hatte er sich abgewandt, und der Wagen war
     weitergefahren.
    »David hat mir ›Tabu‹ gezeigt, weißt du«, hatte er zu Thea gesagt. »Und er hat mich gefragt, ob ich bei seinen nächsten Projekten
     mitmachen will.«
    Aber sie hatte nicht geantwortet.
    »Darauf habe ich eigentlich immer gewartet«, hatte er hinzugefügt. »Und jetzt ist es so weit. David fragt mich, ob ich mit
     ihm etwas auf die Beine stellen will. Aber jetzt ist es zu spät. Es ist zu viel passiert.«
    Als sie wieder nicht geantwortet hatte, hatte er laut gehustet und hart. Er hatte gespürt, dass es keinen Sinn hatte. Je mehr
     er sich öffnete, desto schwieriger würde es ihm fallen, aus dieser Sackgasse wieder herauszukommen. Er musste das Telefongespräch
     so schnell wie möglich beenden.
    »Wie auch immer. Ruf mich an, wenn du mal unten bist, Thea. Hat mich gefreut, dich kennenzulernen.«
    Dann hatte er aufgelegt.
    Vor ihm war die Oranienburger Straße schnurgerade auf den

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