Davina
sagte Davina auf russisch. Sie hatte sich ein paar einfache Ausdrücke angeeignet. Er nickte ihr zu und lächelte. Sie ging vor den beiden hinein; Irina und Alexei Poliakow folgten. Sie wandten sich zum Empfang.
»Verzeihung«, sagte der junge Mann zu der Frau an der Rezeption.
Die blickte auf und sagte unwirsch: »Dieses Hotel ist nicht für Russen. Das sollten Sie wissen.«
»Ich weiß«, sagte er rasch. »Aber wir suchen einen Herrn Fleischer – bitte, es ist wichtig. Ist er jetzt hier?«
Sie entsann sich des Telefongesprächs und des scharfen Wortwechsels mit dem Ostdeutschen. Auch wenn jeder Kontakt mit westlichen Touristen verboten war und auch bei Kommunisten aus dem Ostblock nicht gern gesehen wurde, wagte sie nicht, das Paar abzuweisen.
»Ja«, sagte sie hastig. »Er ist hier. Seine Frau ist gerade hereingekommen. Sie ist zum Restaurant durchgegangen. Tisch neun.«
Irina stieß ihn an. »Wir gehen hinein«, entschied sie, »wenn wir dürfen.«
»Gehen Sie ruhig«, sagte die Frau in mürrischem Ton. Sie wandte sich von den beiden ab.
Peter Harrington kam die Treppe herunter, als sie den Speisesaal betraten. Sie gingen an den Tisch, an dem Davina saß. »Frau Fleischer?« fragte Alexei Poliakow leise. Harrington sah sie und blieb unvermittelt stehen. Er starrte das Mädchen an. Die blonde Tochter von Iwan Sasonow. Mit einem nicht vorgesehenen Mann. Er verhielt den Schritt nur eine Sekunde und erreichte den Tisch, als Davina dem Mädchen gerade die Hand gab.
»Wir haben Sie nicht erwartet«, sagte Peter Harrington. »Ich weiß nicht, wie sich das auf unsere Planung auswirken wird.« Er sah nicht, daß Irina Sasonow verärgert den Kopf aufwarf. Er sprach mit Poliakow, während sie am Strand entlanggingen. Sie hatten im Speisesaal Kaffee getrunken und Konversation gemacht. Harrington hatte einen Spaziergang vorgeschlagen, wo sie ungestört miteinander reden konnten. Alexei Poliakow wurde unwillkürlich rot.
»Es tut mir leid«, sagte er, »mir wurde gesagt, ich könnte Irina begleiten.«
»Ohne ihn wäre ich nicht gefahren«, betonte sie.
Aus Höflichkeit gegenüber Davina sprach sie deutsch, wenn auch stockend. Harrington ratterte sein Russisch herunter. Er wirkte gereizt; das Erscheinen des jungen Mannes schien ihn stark zu beunruhigen.
»Wir warten noch auf die abschließenden Einzelheiten unserer Fluchtplanung«, sagte er. »Hoffentlich wird Ihre Version dabei bestätigt. Sonst werden Sie, fürchte ich, zurückbleiben müssen!«
Irina legte die Hand auf Davinas Arm, um ihren Schritt zu verlangsamen. Sie blieben hinter den beiden Männern zurück. Sie hatte eine Zuneigung zu der Frau gefaßt, als sie sich im Hotel kennen lernten. Harringtons unverhohlene Feindseligkeit Alexei gegenüber machte sie sofort mißtrauisch.
»Ist er mit der Durchführung der Flucht beauftragt?« flüsterte sie Davina zu.
»Ja, so ist es«, antwortete diese.
»Warum ist er Alexei gegenüber so abweisend? Natürlich wissen die Briten, daß er mitkommt! Warum regt dieser Mann sich so auf?«
»Wahrscheinlich deshalb, weil man es ihm vorher nicht gesagt hat«, meinte Davina. »Und ich glaube, er ist mit seinen Nerven ziemlich am Rande, solange wir nicht draußen sind. Achten Sie nicht weiter darauf; es wird schon noch alles gut gehen. Ich wünschte bloß, wir hätten bereits die letzten Anweisungen.«
Irina verlangsamte den Schritt, um den Abstand zu den beiden Männern noch zu vergrößern.
»Wir haben sie«, sagte sie leise.
Davina blieb stehen. »Wirklich? Aber warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
»Alexei wollte es tun«, sprach sie. »Aber dieser Mann war gleich von Anfang an gegen ihn – ich kann Ihnen doch alles sagen, nicht wahr? Können Sie mich verstehen? Mein Deutsch ist nicht sehr gut –«
»Ich verstehe Sie ausgezeichnet«, sagte Davina rasch. »Machen Sie sich über Fehler keine Sorgen. Sagen Sie mir nur, was wir zu tun haben.«
»Wir haben Fahrscheine für die Ausflugsfahrt der ›Alexander Newsky‹ heute nachmittag«, sagte Irina leise. »Das Schiff fährt an der Küste entlang und legt heute abend in Sewastopol an. Für die Passagiere findet an Bord ein Abendessen mit anschließendem Tanz statt. Wir sollen unbemerkt von Bord gehen und das Hafenbecken erreichen, wo die Segelboote liegen; ein Segelboot unter polnischer Flagge mit drei Mann an Bord wird dort vor Anker liegen. Sie werden ein Beiboot herüberschicken, um uns an Bord zu nehmen. Ich soll als Erkennungszeichen mit einem
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