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Dawning Sun (German Edition)

Dawning Sun (German Edition)

Titel: Dawning Sun (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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irgendetwas denken zu können. Also winkte er nur, schlang die Arme um die Knie und barg den Kopf dazwischen.
„Josh? Scheiße Mann … Heulst du?“
„Nein. Geh und lass mich in Ruhe.“
„Ich wollte doch bloß verhindern, dass alle auf mich zeigen und mich `nen Arschficker schimpfen“, sagte Leon kläglich.
„Dafür lästern jetzt alle über mich. Super. Vielen Dank auch.“ Josh wünschte, er könnte wenigstens weiterhin wütend klingen, wenn er es schon nicht mehr war, aber seine Worte kamen matt und piepsig heraus.
„Dabei ist es gar nichts Schlimmes. Schwul sein, meine ich. Warum tun alle so, als würde ich nachts im Schatten lauern, um hilflose Männer zu vergewaltigen?“
„Hast du schon mal? Also, nicht vergewaltigt, sondern gefickt?“
Leon blickte neugierig auf ihn nieder, als erwarte er eine Fotoreportage mit allen schmutzigen Details.
„Die letzten acht Jahre hab ich quasi täglich mit dir verbracht. Sag du es mir: Wann hätte ich wohl jemanden aufreißen sollen?“
Leon errötete heftig.
„Scheiße, wenn du mir nichts davon gesagt hättest, wäre das alles hier nicht passiert.“
„Du meinst, wenn ich meinem besten Freund nicht das Geheimnis anvertraut hätte, das ich seit zu vielen Jahren allein herumschleppen musste, wäre dieser nicht gezwungen gewesen, es dem nächsten Idioten zu erzählen, der des Weges kommt? Ja, kann wohl sein.“
„Josh, du versuchst ja nicht mal, mich zu verstehen! Du bist nicht das einzige Opfer hier!“
Sprachlos sah Josh ihn an, wie er aufsprang und erregt aufzählte, wie dreckig es ihm in den letzten Tagen ergangen war. Wie sehr Nico ihn bedrängt hatte, und dass Leon an seine Zukunft denken musste, und wie stark er darunter zu leiden hatte, dass er, Josh, sich das alles viel zu sehr zu Herzen genommen hatte.
„Ist ja jetzt nicht so, als ob sie dich vergewaltigt hätten. Ja, das mit dem Gürtel war krass und alles, aber dir wurde nichts gebrochen, dein Gesicht ist nicht entstellt, nichts als ein paar blaue Flecke. Warum musst du auch um alles `ne riesige Show abziehen?“
Sobald Leon merkte, dass Josh nicht aufbegehrte, bekam er wieder Oberwasser.
„Ich komm aus Mitleid her und muss mich beschimpfen lassen. Du bist echt `ne Enttäuschung Josh, hätte ich mal geahnt, was für ein Weichei du wirklich bist. Keine Ahnung, warum ich mich so lange mit dir abgegeben habe!“
Du brauchtest jemand, der dir bestätigt, wie toll du doch bist. Du brauchtest jemanden, der fest daran glaubt, dass du toll bist …
Josh vergrub den Kopf wieder zwischen den Armen und wartete, dass Leon irgendwann fertig wurde.
„Da, jetzt ziehst du deine ich bin ja so arm und schwach, hau mich nicht, buhu!- Nummer ab. Keine Sorge, ich hab Besseres zu tun, als dich zu verprügeln.“
Warum haust du nicht einfach ab und tust es, was immer es sein mag?
Er dachte an Tom, der ihm geraten hatte, sich mit Leon zu versöhnen.
Eher lass ich mir noch mal den Hintern mit der Flasche massieren!
„Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?“
Leon riss ihn an den Haaren hoch, ließ aber von ihm ab, als er Joshs Schmerzlaut hörte.
„Ob du mir zuhörst?“
„Nein. Ich dachte, du willst dich gerne reden hören, so wie üblich. Sobald du fertig bist, findest du die Tür, oder?“
Rasch sank er in die schützende Position zurück. Leon schnaufte ungläubig und verließ dann endlich den Raum.
Stöhnend ließ Josh sich in sein Kissen fallen. Irgendetwas in seinem Leben lief gewaltig falsch. Ganz gewaltig. Leider sah es nicht danach aus, als würde noch einmal ein schwarz geflügelter Engel vorbeikommen, um ihn liebevoll in die Arme zu nehmen und festzuhalten, bis alles wieder gut war …
     

17.
     
Es klopfte.
Irritiert blickte Tom von seinen Lernunterlagen hoch – niemand klopfte je an seine Tür, es sei denn, er drehte die Musik zu laut oder vergaß beim Gitarrespielen die Uhrzeit. Da er hier still saß und es erst zehn Uhr morgens war – ein Teil der Nachbarn schlief samstags um diese Zeit sogar noch – konnte es zumindest nicht daran liegen. Unwahrscheinlich, dass ihn jemand um ein Pfund Mehl oder Ähnliches anbetteln wollte. Und die Zeugen Jehovas hatten es noch nie bis nach hier oben geschafft. Genauso wenig wie die alte Frau Schuhmacher aus dem ersten Stock. Tom stellte für sie jede Woche die Mülltonnen auf die Straße, half ihr beim Einkaufen und was sonst noch anfiel, womit die alleinstehende Fünfundachtzigjährige nicht zurecht kam. Im Gegenzug durfte Tom jederzeit ihre Waschmaschine und den

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