Dawning Sun (German Edition)
sich aussöhnen? Vielleicht würde es danach wirklich besser und man ließ ihn wieder in Ruhe?
Wie betäubt öffnete er die Tür. Schloss sie. Lehnte sich mit geschlossenen Lidern dagegen. Ignorierte das lässige „Hi Mann, wo warst du solange?“
Erst, als er hörte, wie Leon aufstand und auf ihn zuschritt, riss er die Lider auf.
Sofort kam die Panik zurück. Er kam nicht dagegen an: Das Bild, wie Leon ihn angeschrien und mit Verachtung überschüttet hatte, ließ sich nicht vertreiben. Schwer atmend starrte er seinen ehemals besten Freund an. Dass er zitternd stehen blieb statt wegzulaufen, war alles, was er tun konnte.
Leon bemerkte es anscheinend, denn er wich ein wenig zurück. Das coole Grinsen, das zu ihm gehörte wie die grünen Augen, verschwand und machte einem betroffenen Ausdruck Platz.
„Hey, ich tu dir nichts“, murmelte er.
„Was willst du?“, brachte Josh würgend hervor.
„Mit dir reden. Dir sagen, dass es mir … Es tut mir leid.“
„Fein. Gehst du jetzt?“ Josh wollte sich drehen, um die Tür zu öffnen, aber Leon winkte hastig ab.
„Mann, bleib locker. Ich will mich wirklich entschuldigen, okay?“
„Kapiert. Okay. Es ist … Okay. Bitte, geh einfach!“ Der betroffene Ausdruck machte Ungeduld Platz.
„Stell dich nicht so an wie ein Baby. Es. Tut. Mir. Leid! Mach es mir doch nicht so schwer!
Etwas an diesem Vorwurf wandelte Panik in glühenden Jähzorn.
„Was heißt hier schwer machen? Ihr habt mich zusammengeschlagen!“ Josh riss sich den Pulli über den Kopf und präsentierte die Hämatome, bevor er sich selbst zurückhalten konnte. Er sah, dass Leon sich abwenden wollte. Mit einem langen Schritt war er bei ihm und stieß ihn mit beiden Händen vor die Brust.
„Du hast mich verraten! Du hast mir mit deinen Kumpels aufgelauert! Du hast zugelassen, dass sie mich mit einem Gürtel gepeitscht und mir diese Flasche in den Arsch gerammt haben! Du bist schuld, dass mich die halbe Schule mobbt! Und du Scheißkerl hast die Nerven mir zu sagen, ich soll es dir nicht schwer machen? Du kotzt mich an! Du widerst mich an!“
Leon wehrte sich nicht dagegen, als Josh ihn mit jedem Vorwurf hart schlug. Seine Augen wurden immer größer, beim letzten Stoß stolperte er zu Boden.
„Ich wollte das nicht!“, wimmerte er und hob abwehrend den Arm.
Josh setzte nicht nach, sondern ließ sich aufs Bett fallen und starrte ihn bloß an, verwirrt von sich selbst, erschrocken über Leons Reaktion. Das konnte nicht der Leon sein, den er kannte. Der würde niemals jammernd am Boden hocken!
„Nachdem du mir das gesagt hattest, mit dem schwul und so, da wusste ich überhaupt nicht, was ich sagen oder denken soll!“, rief Leon mit allen Anzeichen von Entsetzen. „Dann kam Nico vorbei und fragte, was los ist, und ich hab’s ihm erzählt. Du hättest ihn sehen sollen, Josh. Er war so angeekelt und sauer, er fluchte auf dich, weil du ihn so belogen und hintergangen hättest, und er fragte mich pausenlos, ob ich dich ficken würde. Er wollte mir nicht glauben, dass ich es nicht gewusst habe. Beste Freunde wissen so etwas voneinander, hat er gesagt. Als ich ständig beteuerte, es nicht gewusst zu haben und dass ich dich nie gefickt habe, da verlangte er von mir, es zu beweisen. Er sagte, wenn ich nicht mitmache und dir nach diesem Handballspiel eine Lektion verpasse, würde er mir kein Wort glauben und jedem erzählen, der Leon sei ein Arschficker.“
„Und obwohl Nico so reagiert hatte, hast du mich trotzdem auf dem Schulhof geoutet?“ Josh musste an sich halten, um nicht vor Hass und Wut zu brüllen. Er hatte jahrelang geglaubt, Leon sei stark und mutig und Nico ein netter Kerl.
Und der Weihnachtsmann liest den sieben Zwergen Gute-Nacht-Geschichten vor, während Schneewittchen mit Knecht Ruprecht Tango tanzt und die böse Königin Eierwärmer für den Osterhasen strickt!, dachte er zynisch.
„Nico sagte, ich trau mich nicht, es in großer Runde breitzutreten“, flüsterte Leon beschämt.
„Und wenn er dich aufgefordert hätte, mich abzustechen, hättest du das auch getan?“
„Nein! Ich … Bitte, zieh dich wieder an, ja?“
Ungläubig starrte Josh auf den Pulli, den Leon ihm entgegenhielt, riss ihn dann an sich und streifte ihn über.
„Du sagst keinem, dass ich hier war, oder? Ich wollte … Du hast so beschissen ausgeschaut, ich dachte, du fühlst dich besser, wenn ich mich entschuldige. He, das war echt nicht einfach, okay?“
Die Wut war verbraucht. Josh sackte in sich zusammen, zu müde, um noch
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