Dawning Sun (German Edition)
hin!, dachte Josh.
„Musst du auch nicht, wir fahren zu mir“, sagte Tom. Er hielt wieder Joshs Hand und streichelte sie unentwegt, wurde ihm plötzlich bewusst.
„Hab ich laut gesprochen?“
Tom und Sascha blickten ihn verwirrt an. Klar, sie konnten nicht wissen, dass Josh gerade einen schweren Aussetzer hatte.
Vielleicht wussten sie es doch, denn sie stützten ihn links und rechts, ohne lang zu fragen, und führten ihn so die sechs Etagen hinauf zu Toms Wohnung.
„Mama dreht erst recht durch, wenn ich nicht komme“, sagte Josh. Er lag auf Toms Matratze. Hatte er sich selbst hingelegt? Anscheinend. Oder vielmehr, hoffentlich war er nicht zwischendurch in Ohnmacht gefallen. Er konnte sich nicht erinnern, Jacke, Schuhe und Jeans ausgezogen zu haben.
„Ich hab mit der Kripo abgesprochen, dass du heute Nacht hier bleibst und niemand sonst erfährt, wo du bist. Gut, unseren Eltern kann ich es natürlich nicht verheimlichen, aber sonst bleibt es nach Möglichkeit geheim. Sobald Leon und die anderen zum Verhör geholt werden, dauert es vermutlich keine zwei Stunden, bevor der Presserummel losgeht. Das Video hat schon ziemliche Wellen geschlagen.“
„Danke“, wisperte Josh. Hatte ihm irgendjemand was in den Kaffee getan?
Nein – jetzt erinnerte er sich daran, dass die Ärztin ihm Valium gegeben hatte. Eigentlich hatte sie ihn mit seinem Puls von 120 Schlägen die Minute bei einem Blutdruck von 100/60 ins Krankenhaus schicken wollen, um ihn auf Schock behandeln zu lassen. Da er sich vehement geweigert hatte und zumindest nicht kaltschweißig gewesen war oder andere Zeichen von nahendem Kollaps gezeigt hatte, war die Valiumtablette der Kompromiss gewesen.
„Sascha, ich … ich habe kaum was zu Essen hier“, hörte er Tom sagen. „Nicht genug für uns beide jedenfalls.“
Der Arme, das musste alles schrecklich peinlich für ihn sein.
„Tut mir so leid“, murmelte Josh und blinzelte in Toms Richtung.
„Schlaf ein bisschen. Ich bring dir gleich deine Sachen und plündere den Vorratskeller.“ Das war Sascha. Oder?
„Hmmm.“ Zu dumm, seine Lider wollten nicht aufbleiben … Josh versuchte sich zu konzentrieren, vergaß, worauf genau und ließ schließlich die Augen geschlossen. Ein bisschen ausruhen, danach würde es ihm besser gehen.
„Ich glaub, er schläft.“ Tom zog die Decke ein wenig höher, die Ärztin hatte gesagt, dass er warm gehalten werden musste. Beim geringsten Verdacht auf körperlichen oder nervlichen Zusammenbruch sollte er sofort den Notarzt rufen.
„Kaum zu glauben, dass er diese Scheißkerle mit Steinen beworfen hat.“ Sascha schüttelte ungläubig den Kopf, mit einer Gestik, die Joshs verblüffend ähnlich sah.
„So grausam das Ganze ist, es hat wenigstens einen Nutzen: Josh wird erwachsen. Bis dato war er der liebe kleine Junge, der nie aufgemuckt hatte.“
„Es wäre mir lieb, wenn er noch ein paar Jahre der liebe kleine Junge hätte bleiben dürfen, wenn ihm dafür all das hier erspart geblieben wäre“, sagte Tom bitter. „Auch wenn ich ihm in diesem Fall nie näher gekommen wäre.“
„War es wirklich nichts als Glück, dass du an jenem Abend bei der Halle vorbeigelaufen warst?“ Sascha blickte ihn wissend an, ohne jeden Vorwurf. Leugnen war zwecklos. Tom fügte sich in sein Schicksal, er war müde und hatte Schmerzen. Zumindest hasste Sascha ihn nicht und er schien sich mit Joshs Homosexualität arrangiert zu haben.
„Nein, es war kein Glück. Ich benutze mein Auto quasi nie, nur wenn es so lausig kalt draußen ist und ich irgendwo längere Zeit warten muss. Ich hatte das Spiel angeschaut und bin dann raus. Dass ich auf ihn gewartet hatte … Ich wollte ihn nicht stalken, ehrlich. Bis zu jenem Tag wusste ich nicht einmal, wo er wohnt. Ich wollte ihn nur kurz sehen, wenn er rauskommt und sich vom umjubelten Spieler wieder zum Schattengänger verwandelt. Zu jemanden, der nicht auf fallen, dafür aber jedem ge fallen will.“
Sascha nickte langsam. „Ja, ich weiß, was du meinst. Und als er nicht kam …?“
„Ich hatte schon die ganze Zeit über Leon, Nico und die beiden anderen im Visier gehabt, die auf dem Schulhof rumlungerten. Ich dachte, sie warten auf Josh, weil er ihr Freund ist und dachte mir immer noch nichts Böses, als sie hineingingen. Aber als sie ohne ihn kamen, lachten, schimpften, diskutierten, so hochgepusht wirkten, da wusste ich, dass etwas passiert ist.“
„Ich bin froh, dass du da warst.“ Sascha fasste ihn am Arm, was Tom zu seinem eigenen
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