Dead: Band 1 - Roman (German Edition)
Geistliche, die hinter einem übergewichtigen Mann mit Igelfrisur stehen, der ein Hemd mit weißem Kragen und eine gelbe Krawatte trägt. Seine Ärmel sind hochgekrempelt. Paul hat ihn zwar noch nie zuvor gesehen, erkennt aber seine Stimme. Der Mann hatte eine beliebte Talkshow bei einem Radiosender im Gebiet von Pittsburgh. Thomas McLean.
» Wir haben uns für unbesiegbar gehalten « , sagt McLean gerade. » Wir wurden von Geld, Genuss und Sex verzehrt. Die Seuche ist da, weil Gott uns straft. «
Die Menge brüllt zustimmend, sodass man ihn nicht mehr hört.
» Man möchte euch glauben machen, man könne auch ohne Gott leben « , hört Paul ihn sagen, als die Menge sich abgeregt hat. » Ohne unseren Glauben. Man möchte, dass wir Gott ignorieren. Aber Gott ignoriert uns nicht, Leute. Nein, Sir. Gott spricht laut und deutlich zu uns. Und wisst ihr, was er sagt? «
Paul hält den Atem an. Er bemüht sich zu hören, was McLean da predigt, und fragt sich, wer eigentlich ›man‹ ist.
» Er sagt, wir haben ihn beleidigt, und dass er es nicht hinnehmen wird! «
Die Menge brüllt auf. Pastor Strickland und die anderen Geistlichen hinter McLean nicken, applaudieren und lächeln grimmig.
» Wir haben ihn beleidigt, weil wir den Geist des Antichristen gefeiert haben. Wir haben den Wind gesät und ernten nun den Sturm. Wir haben ihn beleidigt, indem wir dem Feminismus erlaubt haben, die amerikanische Familie zu zerstören, weil wir Kinder morden und das Lesbiertum propagieren. Wir gestatten es den Homosexuellen, die Ehe zu zerstören und unsere Kinder zu verderben: indem wir diese große Nation mit unserer Gier, unserer Popkultur, unseren linken Universitäten, unserer öffentlichen Bildung, der Trennung von Kirche und Staat und durch die Christenverfolgung verderben. «
» Nein « , sagt Paul. » So nicht. Auf keinen Fall. «
Die Menge wird zunehmend wütender. Er spürt die Kraft, die sie wie Wind durchpulst. Sie schwenken ihre Transparente und rufen McLean zu, er möge ihnen sagen, was sie tun sollen.
» Wir müssen Buße tun, denn das Ende ist nah « , sagt McLean. » Ich glaube, dass wir uns in dieser Hinsicht alle ziemlich einig sind. Aber wie bereut man? Wisst ihr überhaupt, was das Wort bedeutet? Es bedeutet, dass man selbst gerecht wird. Rein. Wir müssen uns als Nation reinigen und einen neuen Bund mit Gott eingehen. «
Hunderte von Händen recken sich in die Luft, schwanken sanft wie Weizen in einer Brise.
» Was die Atheisten angeht, sage ich: Vertreibt sie aus dem Lager! «
» Werft sie raus! « , schreit die Menge.
» Vertreibt die Homosexuellen! «
» Werft sie raus! «
» Vertreibt die Eliten, die auf euch hinabsehen! «
» Das geht doch nicht « , sagt Paul zu den ihn umgebenden Gesichtern. McLean fährt mit seiner Aufzählung fort. » Gott möchte das nicht. Gott möchte nicht, dass wir einander hassen. «
» Er möchte, dass wir die Sünde hassen « , faucht eine Frau ihn an.
» Es ist erst eine Kundgebung, wenn der Teufel aufkreuzt « , sagt ein Mann. » Hier ist er höchstpersönlich. «
» Das ist doch Schwachsinn « , sagt Paul. » Die Seuche hat uns krank gemacht. Seht ihr das denn nicht? «
» Ich seh nur einen Nigger mit Todestrieb « , sagt ein Mann und grinst.
» Behalt den rassistischen Scheiß für dich « , sagt ein anderer warnend.
» Gott bestraft uns für unsere Sündhaftigkeit « , sagt die Frau. » Wieso soll es krank sein, so zu denken? «
McLean deutet auf das Erfassungszentrum und ruft: » Die Leute da drin sagen uns, wie wir zu leben haben, aber die hat niemand gewählt! Und jetzt wollen sie mich zum Schweigen bringen, weil ich es ausspreche! Sie sehen eine Bedrohung in mir! Sie können mich töten, aber sie verstehen nicht, dass der Brand schon entfacht ist, dass ihr das Feuer seid, dass es sich ausbreitet und dass wir die Verderbtheit aus dem Leib dieser großen Nation herausbrennen werden! Eine noch größere Nation, eine wahre christliche Nation, wird sich dann aus der Asche erheben! «
Die Menge strömt aufgepeitscht auf ihn zu. Die das Erfassungszentrum bewachenden Soldaten drängen die Leute wütend und schwitzend mit Gewehren vom Eingang zurück.
» Sagt ihnen, sie sollen das Sodomiegesetz verabschieden. Sagt es ihnen laut, damit sie es hören. Sagt es ihnen jetzt. Sagt ihnen … «
Ein metallisches Quietschen übertönt ihn. Die Menge drängt voran, drückt und löst sich schließlich auf, als die Menschen an den Rändern sich zerstreuen. Am Ende der
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