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Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Dead Beautiful - Deine Seele in mir

Titel: Dead Beautiful - Deine Seele in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Woon
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Sachen. Es geht in den Wald.«
    Der Wald war auf der anderen Seite der Mauer, auf der streng verbotenen Seite. Aber anscheinend galten selbst für die allerstrengsten Regeln noch Ausnahmen. Am Schuleingang nickte Professor Urquette dem Wachmann zu und der öffnete die Tore.
    Sie brachte uns an den Waldrand und hielt ihren Rock vorsichtig gelüpft, während sie in ihren Galoschen durch den Schnee stapfte. Hinter den Bäumen ragten die Weißen Berge in den Horizont. Nach ein paar Metern hielten wir an. Professor Urquette hängte ihre Tasche an einen Aststumpf und beugte sich vor. Grunzend griff sie nach einem Stock und hievte sich wieder in die Senkrechte.
    »Suchen Sie nach Stöcken, je dicker, desto besser«, befahlsie, brach den Stock entzwei und reichte jedem von uns einen Jutesack. »Wir treffen uns in zwei Stunden wieder hier. Und seien Sie pünktlich, sonst sind Sie noch bei Dunkelheit im Wald. Ich warte dann am Eingang. Wenn Sie Hilfe brauchen, brüllen Sie einfach.« Mit diesen Worten watschelte sie zurück zum Pförtnerhäuschen am Tor.
    Ich drehte mich zu Dante, unsicher, ob er wütend war, ob er mir verzeihen würde. Ich suchte nach den richtigen Worten, um mich zu entschuldigen, aber bevor ich etwas sagen konnte, schaute er schon weg, ging in den Wald und ließ mich allein zurück. Getroffen von seiner Kälte wartete ich ab, bis er sich ein paar Schritte entfernt hatte, und stapfte dann durch die Bäume in die andere Richtung.
    Der Boden war schneebedeckt und ich sank fast bis zu den Knien ein. Die Eichen waren kahl; ihre Zweige ragten wie Finger in den Himmel. Merkwürdig geformte Pilze wuchsen an den Stämmen und schufen gelbe Wendeltreppen, die spiralförmig die Rinde hinaufkletterten. Mit riesigen Schritten stiefelte ich hinein in diesen Irrgarten von einem Wald.
    »Du gehst in die falsche Richtung«, rief Dante mir zu.
    »Wir sammeln Stöcke. Da gibt’s keine falsche Richtung.«
    Kopfschüttelnd machte er kehrt und ging mir nach. Auf einmal sah ich, wie es seltsam weiß durch die Bäume blitzte. Ich schritt darauf zu. Als ich näher kam, dünnten die Bäume immer mehr aus, bis es kaum noch welche gab. Aber erst als ich direkt davorstand, begriff ich, dass es gar keine Lichtung war. Es war der Tote Wald.
    Ich blieb stehen. Die Landschaft war weit und trostlos, der Schnee immer wieder durchbrochen von gesplittertemHolz. Die Bäume waren weiß, ohne Äste, ohne Blätter. Wie Zahnstocher ragten sie aus der Erde. Dazwischen standen verrottende Baumstümpfe, die Rinde schwarz verkohlt.
    »Der Tote Wald«, sagte Dante und starrte in diesen Schlund voller Baumreste. »Ich wusste, du gehst in die falsche Richtung.«
    »Was redest du? Hier gibt es doch Holz ohne Ende.«
    »Das ist alles verfault«, sagte er. Wir sahen uns unbehaglich an, bevor ich mühsam weiterstapfte.
    »Es ist also wahr«, sagte ich. Mit triefender Nase blieb ich unter einem Baumrest stehen, der die Form eines einsturzgefährdeten Brückenbogens hatte.
    Dante kam näher. »Dass ich dich verletzen könnte?«
    Er tat einen weiteren Schritt. »Dass ich dich niemals verletzen würde?«
    Alles war still, bis auf das leise Flüstern des Windes. »Ja«, sagte er.
    Meine Haare wehten mir ins Gesicht. »Dass du in der Gegenwart aller Menschen Gefühle hast?«
    Er streckte seine Hand nach meinem Gesicht aus, hielt aber kurz davor inne. »Nein. Nur bei dir.«
    Ich atmete aus, unsicher, ob ich ihm glauben sollte oder nicht. »Dass du tot bist?«
    Dante ließ seine Hand meinen Rücken hinaufgleiten, so sanft, dass es auch der Wind hätte sein können.
    »Die Schnittwunde. Die Séance. Die Nacht in Attica Falls. Ist das alles wahr gewesen?«
    »Ja.«
    Meine Lippen zitterten, als ich mich zu ihm hindrehte; meine Augen glitten forschend über die vertrauten Konturenseines Gesichts, suchten nach Anzeichen des Todes. »Zeig es mir.«
    Auf einmal hörte ich ein Krachen, und bevor ich wusste, wie mir geschah, brach der Baum mit voller Wucht auf mich nieder. Unter ihm flüchtete ein ganzes Mottennest aus einem Loch im Stamm und flatterte um mich herum. Ich schrie und stürzte in den Schnee.
    Alles geschah ganz schnell. Mit übernatürlicher Kraft fing Dante den Baum auf, bevor er meinen Körper zerschmettern konnte. Mit seinen bloßen Händen hob er den Baum, als wöge er nichts, und schleuderte ihn auf den Boden. Und im Nu war er neben mir und wiegte mich in seinen Armen.
    Ich starrte ihn an, wie vom Donner gerührt.
    »Wenn wir wieder auferstehen, tun wir das

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