Dead Beautiful - Deine Seele in mir
in unserer besten Form«, erklärte er. »Der stärksten. Der klügsten. Der schönsten. Das, was im Leben deine besten Eigenschaften waren, das wird im Tod erhöht.«
»Warum ich?«, fragte ich. »Warum hast du mich immer wieder angerufen? Auf mich gewartet?«
»Ich konnte nicht anders. Ich musste dich sehen«, antwortete er. »Ich weiß, dass meine Situation … ungewöhnlich ist, aber das ändert nichts an meinen Gefühlen für dich.«
Als ich schließlich sprach, war meine Stimme so leise, dass ich sie selbst fast nicht hörte. »Was empfindest du für mich?«
Dante rückte noch näher. »Du fehlst mir«, sagte er fast tonlos. »Alles an dir fehlt mir. Dein Lachen, deine Stimme. Dass ich nie weiß, was als Nächstes von dir kommt. Es ist,als ob die gesamte Welt tot wäre und du das einzig lebendige Wesen …« Seine Stimme verlor sich und es schien ihm unangenehm zu sein, so viel gesagt zu haben. »Tut mir leid, dass ich dir Angst gemacht habe. Ich wollte nur, dass du das weißt. Dass es mir leidtut. Alles.«
Ich wollte nicht blinzeln, wollte meine Augen keine Sekunde schließen. Ich erhob die Hand und berührte sein Gesicht, fühlte die Kälte seiner Wange wie zum ersten Mal. Er roch wie die Erde, wie Pinien und Gras und Boden.
»Ich fürchte mich aber nicht«, sagte ich. »Ich fürchte mich nicht vor dir.«
»Ich schon«, sagte er und schloss die Augen.
Und er war wieder zum Menschen geworden, einfach so.
Fünfzehntes Kapitel
Tragödie
W ährend alles um mich herum in einem Durcheinander versank, gab es nur eine Gewissheit: Ich war lebendig. Dante nicht.
Der Rest war reine Spekulation und Folgendes reimte ich mir zusammen: Cassandra Millet und Benjamin waren ineinander verliebt gewesen. Benjamin war Plebejer, Cassandra untot. Sie gingen zusammen in den Wald. Cassandra hatte sich nicht mehr unter Kontrolle: Sie küsste ihn und er starb. Sie ließ ihn im Wald zurück. Das war es, was ich Dante nach dem Essen berichtete. Wir waren in der Bibliothek, aber diesmal nicht zum Lernen.
»Sie hat’s dir erzählt und du bist los und hast ihn gefunden. War das so?«
Dante nickte. »Cassandra kam zu uns, nachdem sie versehentlich Benjamin umgebracht hatte, und fragte, was sie tun sollte. Ich hab ihr gesagt, sie soll sich stellen. Das hat sie nicht getan, also bin ich los und habe Benjamin selbst gefunden. Gideon hat ihr geraten, das Gottfried zu verlassen und unterzutauchen. Was dann passiert ist, kann man nurvermuten. Cassandra ist verschwunden, was ja zu Gideons Vorschlag passen würde. Aber wir wussten alle, dass Cassandra nie einfach so fortgegangen wäre, ohne sich zu verabschieden. Wir haben uns darüber gestritten, Gideon, Vivian, Yago und ich. Wir wussten, dass da was faul war, und nach Minnies Geschichte haben wir natürlich überlegt, ob sie vielleicht tot ist.«
»Worüber habt ihr euch gestritten?«
»Gideon wollte nicht, dass ich nach Benjamin suche. Er war auch gegen meinen Rat an Cassandra. Aber nachdem ich gesehen hatte, was sie jemandem antun konnte, den sie doch geliebt hat, hab ich Angst vor mir selbst bekommen. Deshalb bin ich vom Campus weggezogen. Um die Schule vor mir zu schützen.«
»Hatte Gideon deshalb die Akten?«
»Keine Ahnung. Ich folge ihm schon das ganze Jahr, das weißt du ja. Aber es gibt keinerlei Hinweise, dass er was mit Cassandras Verschwinden zu tun hat. Die Akten, die du in seinem Zimmer gefunden hast, klangen vielversprechend, aber die sind jetzt weg.«
Ich nahm seine Hand. »Du bist ein guter Mensch.«
Dante schüttelte mich ab. »Nein.«
Ich sah ihm regungslos in die Augen. »Ich habe keine Angst vor dem Tod.«
Aber ich hatte Angst davor, geliebte Menschen zu verlieren. Und die Frage blieb: Wer hatte Cassandra und Eleanor umgebracht?
Dante und ich verbrachten jeden Abend miteinander und sein »Zustand« ließ uns noch näher zusammenrücken als vorher. Endlich hatte ich das Gefühl, dass es zwischen unskeine Geheimnisse mehr gab, und Dante wurde auf einmal angenehm vertraut und aufregend unvertraut – als ob man ein altes Herrenhaus durchstöberte und Dinge entdeckte, die schon immer da gewesen waren, die man aber vorher noch nie bemerkt hatte. Ungeduldig saß ich den Unterricht ab und zählte die Minuten bis zu unserem Wiedersehen. Je mehr ich über die Untoten erfuhr, desto besser konnte ich annehmen, was Dante war, und ihn sogar darum beneiden. Untot sein brachte eine Menge Vorteile. Weil er schon tot war, konnte er nicht auf normalem Wege sterben; so
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