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Dead End: Thriller (German Edition)

Dead End: Thriller (German Edition)

Titel: Dead End: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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Zimmer, das direkt über dem lag, in dem sie schlief, befand sich am Ende des Flurs. Es war nichts zu hören. Die Tür war zu. Sie stieß sie auf und machte Licht.
    Das Zimmer war leer. Kein Zugang zum Badezimmer. Die Vorhänge zurückgezogen. Nichts, wohinter man sich verstecken konnte. Keine Spur von irgendetwas Ungewöhnlichem, außer ein wenig Asche und ein paar Zweige um den Kamin herum. Da sie wusste, dass ein dort gefangener Vogel oder eine Ratte das Geräusch, das sie gehört hatte, wahrscheinlich erklären könnten, empfand Evi ein klein wenig Erleichterung. Es würde lästig werden, diesen Kamin kehren zu lassen, aber keine große Sache. Sie war schon halb durchs Zimmer gegangen, als das Klopfen von Neuem anfing.
    Aus so geringer Entfernung war nicht zu verkennen, wo es herkam. Doch nicht aus dem Schornstein, sondern aus einem der schönen Einbauschränke aus Eichenholz zu beiden Seiten des Kamins. Aus dem rechten. Evi trat näher. Das Geräusch war schwach, blechern. Bestimmt brauchte man doch vor etwas, das sich so klein anhörte, keine Angst zu haben?
    Sie legte die Hand auf den Türknauf des Schranks und wusste, dass sie große Angst hatte. Wusste außerdem, dass sie keine Wahl hatte. Sie zog die Tür auf.
    Im ersten Moment sah sie es nicht. Sie hatte geradeaus geschaut, war zurückgezuckt und hatte damit gerechnet, dass irgendetwas auf sie losfahren würde. Dann schaute sie nach unten und erblickte den Knochenmann.

12
    Bryonys erste Therapiesitzung hatte in der dritten Woche des Semesters stattgefunden. Selbst schon so früh im Schuljahr hatte sie sich schwergetan, war mit dem chaotischen Studentenleben, den Flachsereien und den häufigen Streichen nur schwer zurechtgekommen.
    Ich leerte mein zweites Glas Wein und war mir nicht sicher, ob ich noch lange würde wach bleiben können. Dann kam ich zu den Eintragungen aus Bryonys dritter Sitzung mit ihrer Therapeutin, und plötzlich schien Schlaf sehr weit entfernt zu sein.
    Während dieser Sitzung hatte Bryony wieder einmal ihre Ängste angesprochen, ihre Überzeugung, dass sie in ihrem Zimmer nicht sicher sei. Sie hatte zunehmend unter Schlaflosigkeit und schlechten Träumen gelitten und sich während des Tages ausruhen müssen. Da sie immer müder geworden war, hatte sie immer schlechter lernen können. Sie war in eine Abwärtsspirale der Erschöpfung und der Angst geraten.
    In ihren Aufzeichnungen verwendete die Therapeutin mehr als einmal das Wort Wahnvorstellungen.
    Bei der sechsten Sitzung hatte Bryony gesagt, sie glaube, derjenige, der nachts in ihr Zimmer käme, fasse sie nicht mehr nur an, sondern habe möglicherweise richtig Sex mit ihr. Sie sprach davon, dass sie den Schweiß und das Aftershave eines Mannes an ihrer Bettwäsche hätte riechen können. Sie hatte Kratzer an ihrem Körper entdeckt, sogar eine schwache Bissspur an ihrer Schulter. All das, hatte die Therapeutin geschrieben, könnte sie sich mit Leichtigkeit selbst zugefügt haben.
    Ich kam ans Ende der Akte und lehnte mich zurück, um nachzudenken. Laut Joesbury sollte ich nach Cambridge, um nach abartigen Subkulturen Ausschau zu halten, die möglicherweise junge Menschen beeinflussten. Es sollte eine unauffällige Routineoperation sein, von der man eigentlich nicht erwartete, dass dabei irgendetwas herauskam. Er hatte nicht direkt gesagt, dass das Ganze stattfand, um die Leiterin des SO 10 zufriedenzustellen, doch ich war mir ziemlich sicher, dass er genau das dachte. Jetzt hatte es den Anschein, als könnte da mehr dran sein.

13
    Nein, kein Knochenmann, das konnte kein Knochenmann sein. Knochenmänner waren ein alberner ländlicher Brauch an einem Ort, den sie hinter sich gelassen hatte, Hunderte von Kilometern von hier entfernt. Das hier war nicht mehr als ein Kinderspielzeug. Ein fünfzehn Zentimeter hohes Skelett zum Aufziehen. Bloß ein simples Spielzeug, wie sie um Halloween herum beliebt waren. Man zog das Ding auf und ließ es los. Dann konnte es über eine harte Oberfläche marschieren, bis der Federmechanismus abgelaufen war oder es gegen ein Hindernis stieß.
    Ohne recht zu wissen, ob sie noch Angst hatte oder nicht, hob Evi das Skelett auf. Ein kleines Stück Klebemasse hing noch an einer Seite des Aufziehschlüssels. Es sah aus, als wäre das Spielzeug aufgezogen und dann innen in den Schrank geklebt worden. Als die Drehspannung des Schlüssels zu groß geworden war, hatte sich das Skelett aus seinen klebrigen Handschellen befreit.
    Heute war ein Kind hier gewesen,

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