DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
Messer gezogen und presste die Klinge an Fabrinis Bauch.
»Komm schon, du Scheißitaker«, grinste er, »wenn du dich traust!«
Fabrini wich zurück und dachte an sein eigenes Messer, zückte es aber nicht, weil Cook und Menhaus zwischen die beiden traten. Sie hatten keine Lust mehr auf diesen Mist, sogar der liebe, freundliche Menhaus.
»Steck das Messer weg, Saks«, befahl Cook. »Du und deine große Schnauze und deine dämlichen pubertären Schulhofwitze gehen uns unendlich auf den Sack. Es reicht. Wenn du nichts Konstruktives beizusteuern hast, dann sei so freundlich und halt die Fresse!«
Saks lachte und steckte das Messer ein. »Entspann dich, großer Boss. Sei nicht sauer auf mich, nur weil Fabrini keinen Humor hat. Scheiße, wir wissen doch alle, dass der Spaghettifresser ein Arschficker ist, also gebt mir nicht die Schuld an seinen sexuellen Vorlieben.«
»Sei still, Saks«, sagte Menhaus. »Halt einmal in deinem Leben die Klappe.«
Saks platzte laut heraus. Dass Menhaus ihm gegenüber so etwas wie Rückgrat zeigte, war ungefähr so, als würde Pu der Bär einem den Stinkefinger zeigen.
Fabrini, mittlerweile ruhiger geworden, fragte: »Meint ihr, wir sollten eine Wache aufstellen?«
»Eine Wache? Wozu?«, wunderte sich Menhaus.
»Es gibt nichts, weswegen man Wache halten müsste – es sei denn natürlich, ihr glaubt an Gespenster.« Saks schien die Idee ausgesprochen witzig zu finden. »Außerdem habe ich nicht vor, die ganze Nacht in diesem scheiß Korridor zu stehen und Fabrini beim Stöhnen zuzuhören, wenn Crycek ihn nagelt.«
»Du Drecksau«, knurrte Fabrini und stürzte sich erneut auf Saks.
Menhaus und Cook hielten ihn auf.
Crycek stand daneben und schaffte es, gleichzeitig belustigt und verwirrt auszusehen.
Und Saks? Der grinste nur. Er genoss es ungemein, dass er bei Fabrini immer wieder die richtigen Knöpfe fand. Er genoss die Macht, die er über ihn ausübte. Und um ehrlich zu sein, er wollte, dass Fabrini ihn angriff, dass er sich auf ihn stürzte. Womöglich hatte Cook teilweise recht damit, dass Saks eine tief sitzende Angst davor hatte, allein zu sein, und die anderen aus diesem Grund nicht töten würde – aber diese Angst bezog sich nicht auf Fabrini. Fabrini konnte er jederzeit umbringen, und zwar mit Freuden. Man sah es in seinen Augen.
Aber der Spaß fand endgültig ein Ende, als Makowski aufstand und zum Bullauge ging und sagte: »Ihr gehört alle nicht hierher. Keiner von euch. Heute Nacht ... heute Nacht wird sie kommen ... und dann könnt ihr nicht hier sein.«
»Wer?«, fragte Cook und spürte einen kalten Schauder über seinen Rücken laufen.
Makowski drehte sich um und musterte sie mit einem kränklichen gelben Lächeln im Gesicht. Seine Augen waren dunkel und leer wie ausgetrocknete Tümpel. »Ihr wisst, wer ... und sie wird euch hier nicht haben wollen ...«
Jetzt grinste Saks nicht mehr.
Wenn er überhaupt in der Lage war, Angst zu haben, dann hatte er sie jetzt.
14
Die Männer im Floß warteten.
Sie warteten auf kleine Schrecken und auf große, sie warteten auf Wahnsinn in allen bekannten Farben des Regenbogens – und einigen unbekannten. Denn auch wenn die Worte, die sie wechselten, als sie immer tiefer in die Algen hineinruderten, belanglos wirkten, so erwarteten sie tief in ihren Herzen doch den Tod. Sie erwarteten ihn aus dem Meer oder dem Nebel, womöglich auch aus beidem. Sie wussten nicht, welche Gestalt er annahm, sie wussten nur, dass er entsetzlich und gigantisch sein würde, wenn er sich zeigte.
Gosling und George ruderten, während Cushing nach Problemen Ausschau hielt.
Gosling machte sich Sorgen um die beiden, auch wenn er es nie laut zugegeben hätte. Natürlich sorgte er sich um ihre körperliche Verfassung, aber mehr noch um ihren Verstand. Denn der menschliche Geist war nun einmal nur bis zu einem gewissen Maße belastbar. Ein Mensch konnte nur eine gewisse Menge schlucken und unten behalten, bevor es wieder hochkam. In ein Fass passte lediglich eine bestimmte Anzahl Tropfen, bevor es überlief. Und momentan hatte er den Eindruck, dass dieses spezielle Fass schon ziemlich voll war.
Cushing schien ganz gut damit klarzukommen.
Er besaß eine disziplinierte, wissenschaftlich orientierte Denkweise. Wie furchterregend die Kreaturen im Nebel auch sein mochten, immer schien er in der Lage zu sein, ihre Existenz mit einem Gegenstück in der realen Welt in Verbindung zu bringen. Denn auch diese hässliche, riesige Qualle, so argumentierte
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