DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
sich.
Cook griff nach der Pistole und dachte, dass das so ziemlich das Schlimmste war, was man auf einem alten Schiffswrack hören konnte: Schritte, die auf einen zukamen. Er dankte Gott, dass er nicht alleine durch die Gänge irrte. Er wusste nicht, ob er das ertragen hätte.
Die Schritte blieben außerhalb der Luke stehen. Sie konnten hören, dass dort jemand stand, der schwer atmete, als sei er gerade eine lange Strecke gelaufen. Natürlich war es in ihrer Fantasie etwas anderes, etwas weitaus Schlimmeres. Irgendein totes, tropfendes Etwas, überwuchert von Pilzen, das ihnen einen Besuch abstattete.
Sie hörten ein Kratzen, als sich jemand von der anderen Seite an der Luke zu schaffen machte. Wieder das scharfe Atmen. Die Tür öffnete sich ein paar Zentimeter, und Saks – der gute, alte, draufgängerische Saks – riss sie ganz auf, packte das, was sich auf der anderen Seite befand, und schleuderte es mit einer schnellen, brutalen Armbewegung auf den Boden.
Es war kein Es.
Es war ein Er.
Und wer er auch war, in dem Moment, als Saks ihn auf den Boden warf, stieß er einen wilden, überraschten Schrei aus und kämpfte, wieder auf die Beine zu kommen. Woraufhin Saks ihm so fest in die Seite trat, dass dem Mann die Luft wegblieb.
»Das reicht«, hielt Cook ihn zurück.
Das Gesicht, das im gelben Licht der Petroleumlampe zu ihnen aufblickte, war rund und verdreckt. Große dunkle Halbmonde zeichneten sich unter den weit aufgerissenen Augen ab. Die Lippen zitterten. Das Gesicht gehörte einem rundlichen kleinen Mann in Jeans und Baumwollhemd, die so dreckig und schmierig aussahen, als hätte er damit einen Kamin geputzt.
»Ihr ... ihr solltet nicht hier sein«, stammelte er. »Nicht auf diesem Schiff ... das ist mein Schiff ... ich sollte hier sein, aber ihr nicht ...«
Er atmete schwer und mit einem rasselnden Geräusch, als sei die Lunge voller Schleim.
»Wie heißen Sie?«, fragte Cook.
»Wie ... ich heiße«, stotterte der Mann und musterte seine linke Hand, als stünde es dort geschrieben. »Ich weiß nicht ...«
»Was soll das heißen, du weißt es nicht?«, fuhr Fabrini ihn an. »Was zur Hölle ist los mit dir?«
»Der Typ ist durchgeknallter als ’ne kaputte Glühbirne«, diagnostizierte Saks mit seiner üblichen Feinfühligkeit.
Der Mann plapperte weiter, ohne dass seine Worte irgendeinen Sinn ergaben. Er wiederholte ständig, dass sie nicht hier sein sollten, dass ihre Anwesenheit falsch sei, falsch, falsch, falsch!
»Er könnte sein Gedächtnis verloren haben, wie im Film«, vermutete Menhaus.
Cook glaubte nicht, dass es eine so einfache Erklärung gab. Nicht hier, an diesem Ort. Der Grund war bestimmt genauso bizarr und fantastisch wie alles hier. Aber die Frage, die Cook sich eigentlich stellte, lautete: Wie lange befand sich der Bursche schon an Bord? Hatte er sich die ganze Zeit schon hier vor ihnen versteckt oder war er gerade erst angekommen?
»Sag uns einfach deinen Namen«, bat Fabrini. »Und wie du hergekommen bist.«
Aber der Mann schüttelte nur verwirrt den Kopf.
Und Crycek, der bislang geschwiegen hatte, sagte: »Sein Name ist Makowski, Bob Makowski. Er war Öler auf der Mara, unserem Schiff. Die Jungs nannten ihn ›Slim‹.«
Alle Augen richteten sich auf Crycek.
»Und warum hast du das nicht gleich gesagt?«, wollte Saks wissen.
»Ich war mir erst nicht sicher. Er sah ihm ähnlich ... aber das heißt ja nichts. Nicht hier.«
Das ignorierten sie.
»Helft ihm hoch«, meinte Cook.
Niemand rührte sich. Anscheinend missfiel ihnen der Gedanke, den Mann anzufassen – als könnte er sich jeden Moment wie ein Geist in Luft auflösen; oder als könnte das, was ihn in den Wahnsinn getrieben hatte, ansteckend sein.
»Jetzt hilf ihm schon, du Idiot«, schnauzte Saks Menhaus an. »Los, Fabrini, nimm die Hand aus der Unterhose. Du hast den Boss gehört.«
Widerwillig halfen sie Makowski auf die Beine. Er konnte nicht aufhören, sie anzustarren, als sei er auch nicht mehr von ihrer Realität überzeugt als sie von seiner.
»Es ist alles okay, Slim«, beruhigte Menhaus ihn. »Wir sind Freunde.«
Saks lachte laut auf.
Sie brachten ihn auf das Hauptdeck und dann hinunter zu ihren Kabinen. Sie ließen ihn auf Menhaus’ Koje Platz nehmen und versuchten, etwas aus ihm herauszubekommen. Aber das war genauso leicht, wie Traubensaft aus einem Ziegelstein zu pressen.
Er schüttelte nur immer wieder den Kopf, als ihn all diese Gesichter mit Fragen bedrängten.
Er barg seinen Kopf in
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