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DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
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den Kopf. »Ein verrückter alter Mann, der keine Menschen mochte. Mein Onkel kannte ihn, besuchte ihn manchmal. Er hat schon lange den Verstand verloren.«
    »Oder auch nicht.«
    »Wir sollten gehen«, sagte Elizabeth.
    Cushing starrte sie an. »Sie wollten nicht, dass ich das hier sehe, oder?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Sie wussten, dass er fort ist?«
    »Ja.«
    »Und ...«
    »Und ich wollte nicht, dass seine verrückten Ideen in Ihren Kopf gelangen. Ich wollte nicht, dass Sie sich vergebliche Hoffnungen machen«, erklärte sie ihm. »Denn sie sind vergeblich.«
    Jetzt war Zeit, alles zu gestehen. Sie erzählte ihm, dass ihr Onkel Richard so etwas wie ein Vertrauter des Eremiten gewesen war und vorbehaltlos an seine Wissenschaft geglaubt hatte. Nachdem der Eremit verschwunden war, verbrachte Onkel Richard endlose Tage mit der Suche nach dem Wirbel, der sie zurück nach Hause bringen konnte.
    »Aber er fand ihn nicht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Er fand gar nichts ... und das zerstörte etwas in ihm. Es zerbrach ihn. Er gab auf. Das hat ihn letztlich auch umgebracht. Fehlende Hoffnung.«
    »Und Greenberg kehrte nie aus dem Meer der Schleier zurück?«
    »Niemand kehrt je von dort zurück.« Sie schluckte. »Können wir jetzt bitte gehen?«
    Cushing hatte den Eindruck, dass Elizabeth ihm nicht alles erzählt hatte. Der Brief – er datierte vom Dezember. Aber von welchem Dezember? Dem letzten oder dem davor oder dem vor fünf Jahren? Er wusste, dass Elizabeth es ihm nicht verraten würde. Jedenfalls jetzt noch nicht. Aber Cushing hätte gewettet, dass Greenberg erst vor ein paar Monaten zum Meer der Schleier aufgebrochen war. Er wusste nicht, ob es stimmte, aber er hielt es für relativ sicher.
    »Bitte«, sagte Elizabeth. »Wir müssen gehen.«
    Sie nahmen die Karte, den Brief und die Pistole und verließen das Schiff.
    15
    Goslings Tod mochte etwas in ihm abgewürgt haben, vielleicht hatte er aber auch etwas ausgelöst. George kam nicht mit seinen Gefühlen ins Reine. Er hatte Gosling gemocht, ihm vertraut, er war sicher gewesen, dass Gosling es am Ende schaffte, sie hier herauszubringen. Und jetzt, wo er nicht mehr lebte – was blieb da noch? Trauer? Hoffnungslosigkeit? Etwas so Krankes und Unangemessenes wie ein Gefühl des Verratenseins? Denn es regte sich in ihm, dieses perverse Gefühl, dass Gosling sie durch sein Sterben im Stich gelassen hatte; dass er sie Cushings Theorien und Georges Unentschlossenheit, Pollards seltsamer Empfindlichkeit und Chesbros blindem Glauben ausgeliefert hatte. Und dass alles, was ihnen jetzt noch blieb, zugleich das Einzige war, das sie bekamen: tote Schiffe, wuchernde Algen, stinkender Nebel und Angst. Ja, Angst. Angst, dass jede Entscheidung, die sie trafen, sich als falsch entpuppte, dass jede Abzweigung, die sie nahmen, die falsche war, dass jede Straße auf sich selbst zurückführte – ein Irrgarten, ein hoffnungsloser Irrgarten. Ohne Gosling, ohne seine leitende Hand und seine praktische Direktheit fühlte er sich verloren. Wirklich und wahrhaftig verloren.
    Denn Gosling war wichtig gewesen.
    Unverzichtbar.
    Er war die Hitze und der Dampf und das heiße Fett in der Pfanne, ohne ihn blieben sie nur die schmierigen Ablagerungen am Deckel. Ja, Gosling hatte ihnen Antrieb und Energie geliefert. Er hatte sie auf Trab gehalten. Er hatte dafür gesorgt, dass sie ihren Verstand, ihr Zusammengehörigkeitsgefühl, ihre Hoffnung nicht verloren. Gosling war der Motivator, der Hör-auf-dir-in-die-Hosen-zu-machen-Typ. »Schalt deinen Arsch einen Gang höher, Junge, oder ich verpasse dir einen Arschtritt von hier bis Timbuktu« – das war Gosling.
    Aber ohne ihn?
    Nur schmierige Ablagerungen.
    Rückstände, die am Deckel dieser Pfanne, die sie das tote Meer nannten, klebten. Und wer sollte diese Rückstände abkratzen? Wer übernahm jetzt die Rolle, ihrer kleinen Gruppe in den Arsch zu treten? So lautete die Frage, und George fiel keine gute Antwort darauf ein. Vor seinem geistigen Auge sah er, wie sie alle von Tag zu Tag ein kleines bisschen mehr aufgaben, bis ihnen wie Elizabeth Castle alles egal wurde – geschlagen und ausgelaugt nahmen sie alles hin.
    Und George dachte: Willst du das? Willst du wirklich so werden?
    Er wollte nicht.
    Gosling war fort, aber sie mussten in seinem Geiste weitermachen. Er hätte nichts anderes erwartet, und nichts anderes war akzeptabel. George dachte über das nach, worüber Marx und Gosling sich unterhalten hatten: darüber, ein Boot zu

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