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DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
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finden. Eins mit einem Motor, das sie aus dem Algengefängnis aufs offene Meer bringen konnte. Denn genau das hatte George sich auch schon gedacht. Mit der simplen Logik eines Kindes wusste er, dass man, wenn man durch eine Tür hereinkam, auch auf demselben Wege wieder rausgehen musste. Ein gewisser Mr. Greenberg brauchte Quantentheorie und Einsteinsche Physik, um zu diesem Schluss zu gelangen – George dagegen hatte es intuitiv gespürt.
    16
    In der Nacht begannen die Schreie.
    Natürlich herrschte streng genommen nicht wirklich Nacht. George hatte in seiner Koje geschlafen und war von den Schreien aufgewacht. Er stolperte aus seiner finsteren Kabine hinaus in den Gang, mehr als nur ein bisschen durcheinander, sein Kopf voller Watte.
    Schreie.
    Wer um alles in der Welt schrie da?
    George kam kurz nach Pollard an Deck. Beide wirkten benommen und erschrocken und wussten nicht, was sie davon halten sollten. Wussten nicht, was zur Hölle ihnen da gleich wieder ins Gesicht starrte. Sie wussten nur, dass es nichts Gutes sein konnte.
    »Was zum Teufel ist denn los?«, hörte George sich fragen.
    Pollard murmelte etwas Unverständliches. George lief direkt hinter ihm, sein Atem kam in kurzen, scharfen Stößen, als sie über das salzverkrustete Deck tappten und versuchten, die Quelle der Schreie zu lokalisieren.
    »Da«, sagte Pollard dumpf. »Oh, da ... da ...«
    Es war Chesbro.
    Vielleicht zehn Meter von der Mystic entfernt, stolperte er in einer schmalen Rinne aus öligem Schmutzwasser auf dem Rettungsfloß umher, das langsam versank, weil es offenbar Luft verlor. Aber es verlor nicht nur Luft, es zerfiel in Stücke, wurde zerrissen und zerfetzt. Das dreckige Wasser in seiner Umgebung brodelte, schäumte und spritzte.
    »Oh Gott, wir müssen etwas tun!«, rief Pollard.
    George gab ihm recht, aber was? Sie besaßen kein Boot, mit dem sie ihn erreichen konnten, und was um alles in der Welt machte er überhaupt da draußen? George konnte es sich schon denken. Der dämliche Idiot versuchte, zu fliehen. Er hatte sich schon in einer merkwürdigen, introspektiven Stimmung befunden, seit dieser Tintenfisch sie im Flugzeug angegriffen hatte, und jetzt verlor er schlicht und ergreifend den Verstand und trat die Flucht an.
    George konnte jetzt recht gut sehen, was geschah, und dabei drehte sich ihm der Magen um. Das Floß wurde attackiert – von leuchtenden Fischen, ähnlich denen, die George und Gosling angegriffen hatten. Nur handelte es sich hier um kleinere, faustgroße Kreaturen, die so schnell durch das Wasser schossen, dass man sie kaum erkennen konnte. Kleine leuchtende, glühende Biester. Zu Hunderten fielen sie über das Floß her wie Haie im Fressrausch, mit reißenden, fetzenden, beißenden Zähnen.
    Er ist ein toter Mann, dachte George.
    Und das war Chesbro ganz sicher, aber George konnte nicht einfach dastehen und nichts tun. Aber ins Wasser zu springen und ihm zu helfen, hielt er für reinen Selbstmord – die kleinen Fische mit ihren rasiermesserscharfen Zähnen hätten ihn innerhalb von Minuten bis auf die Knochen abgenagt.
    Pollard schrie und hämmerte mit den Fäusten auf die Reling. Er wirkte völlig verzweifelt.
    An der Wand der Kajüte hing ein Rettungsring, an einem Seil befestigt. George wusste, das es sinnlos war, aber er nahm den Ring von der Wand, und Pollard schien sofort Feuer und Flamme zu sein. Er riss George den Ring aus den Händen und warf ihn mit aller Kraft hinaus in den Nebel. Mit einem Platschen schlug er etwas mehr als einen Meter vom Floß entfernt aufs Wasser.
    Chesbro jaulte.
    Das Floß löste sich immer mehr auf. Selbst die unzähligen kleinen Luftkammern, mit denen das Rettungsfloß ausgestattet war, boten keinen Schutz gegen die Bissattacken dieser kleinen hungrigen Fische. Und Chesbro ging es wie einem Mann in einem brennenden Zimmer: Er rutschte erst in die eine Richtung, dann in die andere, er kreischte und jammerte und wimmerte. Vermutlich der herzzerreißendste Anblick in Georges bisherigem Leben. Die gesamte Heckpartie des Floßes schien eingesunken zu sein. Schmuddeliges Wasser und schleimige Algen wurden in den Bugteil gespült.
    Er wird hineinfallen, dachte George, hineinfallen und dann ... und dann ...
    Chesbro rutschte und fiel. Sein linkes Bein trat gerade lange genug Wasser, dass sich etwa 20 der kleinen Fische darauf stürzen konnten. Sein Hosenbein wurde in kleine Fetzen gerissen, die durch die Luft sprühten wie blaue Sägespäne aus einem Häcksler. Blut spritzte –

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