DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
fühlte sich an, als sei sie an einer Betonplatte festgebunden. Saks packte mit an, ebenso Cushing, ungeachtet seiner verletzten Hände. Aber das Seil steckte fest. Sie zogen und zerrten, bis ihnen der Schweiß über die Gesichter lief.
»Fabrini!«, schrie Cushing. »Fabrini? Kannst du mich hören? Fühlst du das Seil in deinen Händen? Folge dem Seil zurück ...«
»Seil ... Seil ... Seil ... Es geht durch mich hindurch ... Ich habe zu viele Beine, zu viele Beine ... Was ist das ... das blasse grüne Gesicht ... nein, kein Gesicht ... ein Würfel ... ein lebender Würfel und ein Wurm und ein Gesicht aus Kristall ... Millionen krabbelnde Bläschen ... Holt mich hier raus! Weiße Gesichter ohne Körper ... ohne Augen ... Lasst nicht zu, dass sie mich berühren ... Sie sollen mich nicht berühren! HOLT MICH HIER RAUS!«
Wieder zogen sie fest am Seil, schreiend und voller Panik und Entsetzen. Aber das Seil gab nicht nach. Es hing irgendwo fest. George glaubte, dass selbst ein Bulldozer es nicht losbekommen hätte.
»Los doch!«, rief Menhaus. »Zieht! Zieht! Wir müssen ihn da rausholen!«
»Es geht nicht!«, keuchte Saks.
George und Cushing ruckten noch einmal mit aller Kraft am Seil. Es wurde schlaff in ihren Händen, dann spannte es sich, nur um erneut schlaff zu werden. Dann zuckte es erst zur einen Seite, dann zur anderen, als hätten sie die Mutter aller Forellen an der Angel. Das Feld begann zu flimmern, und dann spürten sie wieder Fabrinis Gewicht am anderen Ende. Er schrie jetzt, schrie etwas wie »Gesichter das Innere nach außen verschmelzen zu hungrigen Blasen« . Noch einmal zogen sie kräftig, und Fabrini kam für einen Moment durch das Feld, zumindest ein Teil von ihm.
Aber etwas stimmte nicht. Was immer dort auf der anderen Seite war, welche Leere oder Dimension oder welches Fraktal auch dazwischen lag, es hatte ihn verändert, seine Atome gemischt. Sie sahen seinen Rücken und seinen Hals und das Goldkettchen, das er immer um den Hals trug und das jetzt leuchtete, als sei es elektrifiziert. Aber da schien kein Kopf auf seinem Hals zu sitzen, und sein linker Arm schwebte abgetrennt über dem Körper. Der rechte Arm war da, wo er hingehörte, aber statt am Ellbogen nach vorne geknickt zu sein, wies er nach hinten, als hätte man ihn falsch herum montiert. Und das Seil ...
Das Seil umspannte nicht länger seinen Körper, sondern ging direkt durch ihn hindurch – am Rücken hinein und vorne wieder hinaus.
Und er schrie! Gott, ja, er schrie mit 100 geisterhaften Stimmen, die alle fast, aber nicht ganz harmonisierten.
Elizabeth schrie auf, genau wie George.
Dann wurde Fabrini zurückgezogen, aber sein linker Arm war noch immer vom Körper gelöst. Lebendig, funktionsfähig. Weder blutete er, noch schien er anderweitig beschädigt. So wie bei Menhaus, als er die Hand in den einen Spiegel gesteckt hatte und die Finger aus dem anderen herauskamen. Irgendwie, durch irgendeine obszöne Perversion des Raum-Zeit-Kontinuums schien Fabrinis Arm weiterhin mit seinem Körper verbunden zu sein. Perplex beobachteten sie, wie der Arm nach etwas griff und sich daran entlangzog.
»Das Seil«, rief George. »Das Seil ... er hangelt sich am Seil entlang ...«
Dann verschwand auch der Arm.
Und Fabrini schrie auf der anderen Seite wie am Spieß, und es gab nichts, was sie unternehmen konnten.
Das Seil in ihren Händen wurde wieder lebendig. Etwas auf der anderen Seite zog mit solcher Macht daran, dass es George und Menhaus beinahe auch in den Lichtstrahl gezogen hätte. Das Seil brannte sich in ihre Handflächen, es peitschte und klatschte, ruckte nach links und nach rechts. Nach oben, dann nach unten. Schließlich sackte es schlaff zu Boden, fiel aber nicht herunter, als schwebe es in einem seltsamen, unvorstellbaren Antischwerkraftfeld. Es trieb auf der Luft, wie ein Stück Schlauch auf der Oberfläche eines Flusses treibt.
George und die anderen standen nur da.
Menhaus’ Kinnlade hing herab, seine Augen starr und weit aufgerissen.
Saks trat zurück und weg vom Strahl.
Dann fasste George sich wieder, griff in das Lichtfeld hinein und bekam das Seil zu packen. Es war so kalt, dass es ihm die Hände verbrannte. Er kreischte, als hätte er sich verbrüht, zog aber am Seil. Cushing packte außerhalb des Strahls mit an, und Menhaus half ihm. Gemeinsam konnten sie das Seil herausziehen.
Zusammen mit Fabrini.
Er kam aus dem Feld gestolpert – oder eigentlich nicht gestolpert, sondern eher geschwebt . Wie ein
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