DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)
Hände auf die Arme. »Bitte tu’s nicht. Ich möchte dich nicht verlieren.«
Fabrini war gerührt. Er klopfte Menhaus auf den Rücken. »Mach dir keine Sorgen, Olly. Mir wird schon nichts passieren. He, ich bin ein verdammter Italiener. Wir haben einen starken Selbsterhaltungstrieb, wir Italiener.«
»Erzähl das mal Mussolini«, murmelte George.
Aber die Bemerkung verpuffte wirkungslos. »Ich gehe durch«, sagte Fabrini mit kühnem Blick. »Wenn ich nicht zurückkomme, ist es meine eigene dämliche Schuld. Aber ich sage euch – und das könnt ihr mir glauben –, dass mir diese ganze Scheiße bis hier steht! Rumsitzen und warten und hoffen, dass man nicht von irgendwas aufgefressen wird und noch einen beschissenen Tag weiterleben kann und irgendwann einen Weg nach Hause findet. Ich halt das nicht mehr aus. Das hier ist eine Gelegenheit, endlich was zu tun . Man muss auch mal ein Risiko eingehen!«
George machte sich nicht die Mühe, es ihm ausreden zu wollen – Fabrinis Entschluss stand fest, das war offensichtlich. Aber George dachte: Fabrini, du Vollidiot! Hör auf, an deinem Schwanz herumzuspielen, das ganze Testosteron bringt dich noch um. Es geht hier nicht drum, wer den längsten Pimmel und die dicksten Eier hat, es geht drum, dein Gehirn zu benutzen und am Leben zu bleiben!
Ja, genau das dachte er.
Aber er sprach es nicht laut aus, und später verfluchte er sich dafür, dass er es nicht getan hatte.
»Wenn er gehen will«, meinte Saks, »dann lasst ihn gehen. Der Kerl hat wenigstens einen Arsch in der Hose. Was man von euch anderen Pussys nicht sagen kann.«
Damit war es entschieden.
Fabrini würde gehen.
»Okay, okay«, gab Cushing nach. »Aber dann lass uns wenigstens ein Seil an dir festbinden. Wenn’s in die Hose geht, können wir dich zurückziehen.« Das sagte er, und es klang völlig vernünftig, aber in seinen Augen standen Zweifel. Große Zweifel.
»Oben gibt es Seile«, erinnerte sich Saks. »Ich hab sie gesehen, als wir nach unten gingen.«
»Holt welche«, sagte Fabrini.
Saks und Menhaus nahmen eine Laterne und gingen hinauf. Zwei Minuten später kehrten sie mit zwei Rollen zurück, jede 30 Meter lang. Sie knoteten die Seile zusammen. 60 Meter mussten ausreichen, damit Fabrini sich am anderen Ende umsehen konnte. Ein Ende banden sie ihm um die Taille. Saks fixierte es mit Kreuzknoten, stark genug, um ein Auto damit abzuschleppen.
»Ich bitte Sie ein letztes Mal«, sagte Elizabeth, »es noch einmal zu überdenken. Bitte, bitte tun Sie das nicht.«
Aber Fabrini blieb unbeirrt. Elizabeth drehte sich um und stellte sich vor die Tür, kehrte diesem bodenlosen Unsinn den Rücken zu.
»Geh langsam hindurch«, empfahl Cushing. »Erst einen Arm oder ein Bein, dann ein kurzer Blick. Und halt die Luft an, wenn du durchsiehst. Wenn du die Lunge voll Ammoniak oder Methan bekommst, können wir nichts mehr für dich tun. Lass es langsam angehen.«
Das andere Ende des Seils banden sie an einer Eisenbank fest, die an einer Seite des Raums fest im Boden verankert war. Man hätte schon zwei Elefantenbullen gebraucht, um sie herauszureißen. Fabrini stand neben der blau leuchtenden Wand und sah blass und angespannt aus. Womöglich überlegte er es sich gerade anders, gewann jetzt doch die Vernunft die Oberhand – aber nun stand seine Männlichkeit auf dem Spiel. Er konnte keinen Rückzieher mehr machen, nicht vor Saks.
»Viel Glück, Fabrini«, sagte Saks.
George hob eine Augenbraue. Es lag etwas in der Luft, das ihm gar nicht gefiel. Saks war zu ... was? Zu erwartungsvoll? Zu eifrig? Irgendwas war auf jeden Fall mit ihm. Als wüsste er, was gleich passierte, und wartete nur darauf, es mitzuerleben. Wenn George dieses schmierige kleine Grinsen auf Saks’ Gesicht hätte beschreiben müssen, er hätte das Wort selbstgefällig benutzt.
Der Dreckskerl führt etwas im Schilde, dachte George. Er plant nichts Gutes.
George wechselte einen Blick mit Cushing. Der schien etwas Ähnliches zu denken.
»Hör mal«, sagte er zu Fabrini. »Wenn du jetzt aussteigst, macht dir niemand einen Vorwurf. Es ist das Risiko nicht wert. Bleib hier. Wir fahren rauf zu diesem Schiff und ...«
»Lass dir doch von denen nichts einreden«, unterbrach ihn Saks. »Die haben doch alle keinen Mumm. Anders als du. Du bist der einzige richtige Mann hier!«
»Nehmt das Seil«, befahl Fabrini. »Lasst es langsam kommen.«
Er drehte sich zu dem leuchtenden blauen Feld um.
George glaubte, so etwas wie einen Paukenschlag in
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