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DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
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Grabsteine; dieser Körper, mehr Knochen und Lumpen und wurmstichige Eiche als Mensch; diese Augen, nur noch leere, höhnische Löcher, als hätte Fabrini sich die Augen ausgekratzt, um nicht ansehen zu müssen, was oder wer ihn umgab. Ja, sie sahen hin, und die Realität, die Wahrheit dieses speziellen Albtraums überfiel sie, ertränkte sie, drang in geheime Orte ein und besudelte ihre Seelen. Denn was sie sahen und was sie wussten, es hatte Gewicht . Die Art von Gewicht, die sie allesamt erdrücken und das Mark aus ihnen herausquetschen würde.
    Sie wandten sich ab.
    Cushing gab sich alle Mühe, nicht zu weinen, nicht zu toben, es nicht an einem von ihnen auszulassen – vielleicht an Saks, wahrscheinlich an Saks. George spürte dasselbe: ein Dutzend unkontrollierbare Emotionen, die plötzlich in ihm explodierten wie schwarzer Funkenregen und ihn versengten, von innen heraus verbrannten.
    Und sie alle fragten sich, durch welche entsetzlichen Ereignisse Fabrini so mumifiziert werden konnte und was – großer Gott – was er gesehen hatte, dass sein Gesicht sich so verrenkt und verzerrt und verzogen hatte. Was dieses freundliche, südländische Gesicht in solch eine abstoßende hölzerne Fetischmaske verwandeln konnte.
    »Nein, nein, nein«, jammerte Menhaus. »Das ist nicht Fabrini. Das ist auf gar keinen Fall Fabrini. Dieses ... dieses Ding ist schon länger tot als Jesus ...«
    »Doch, er ist es«, sagte Saks.
    Daran herrschte kein Zweifel.
    Denn sie sahen die angelaufene Kette um seinen Hals, die einst aus Gold bestanden hatte, und wussten, dass diese Ansammlung aus Lumpen und fadenscheinigen Fellen Fabrini sein musste. Aber wenn man diesen Vogelscheuchenkörper und die gruselige Totenmaske betrachtete, konnte man nicht leugnen, dass er wie eine Jahrtausende alte Mumie aussah, so wie dieser tiefgefrorene Steinzeitmensch, den man in den Schweizer Alpen gefunden hatte.
    Körperlich tot – aber die Stimme hinter dem ionisierten Feld tobte weiter. Entkörperlicht, trostlos und wahnsinnig, und doch bedrückend lebendig und bewusst. Eine körperlose Stimme, die in einem leise summenden Schneesturm ihren Wahnsinn hinausschrie: »Helft mir ... helft mir ... oh lieber Gott irgendjemand bitte helft mir helft mir ...«
    Saks ging zur Alienmaschine und versetzte ihr einen Tritt. Es gab einen Knall und ein Knistern, und der Lichtstrahl erlosch. Der Generator gab noch ein paar Sekunden lang ein leises Summen von sich, dann nichts mehr.
    Und George bemühte sich, seinen Verstand beisammen zu halten, ihn festzuhalten, bevor er in winzig kleine Stücke zersprang. Er war kein Physiker, aber er hatte genug von Greenbergs Theorien begriffen, um jetzt eine eigene aufstellen zu können. Fabrini musste in eine Dimension gesprungen sein, in der Zeit nicht das Gleiche war wie hier. An jenem entsetzlichen Ort war die Zeit verzerrt, gekrümmt und aus allen vernünftigen Proportionen gerissen. Fabrini war dort gestorben, als wahnsinniges, brabbelndes Ding vor Tausenden von Jahren verhungert oder erstickt. Doch sein Geist erlosch nicht. Sein Bewusstsein löste sich nicht auf und zerstreute sich in alle Winde. Es war unsterblich und wach. Während hier Minuten vergingen, verstrichen an jenem Ort, wo Zeit keine wirkliche Bedeutung hatte, Tausende von Jahren. George probierte, es sich vorzustellen, unzählige Jahrtausende allein in jener Leere, allein mit dieser unbeständigen fremdartigen Geometrie, mit Kreaturen, die einen nicht einmal sehen konnten oder wussten, dass man sich in ihrer Nähe aufhielt. Allein, allein, allein ... allein in der öden Landschaft des eigenen Geistes, und das über Zehntausende oder Millionen von Jahren. Großer Gott.
    Und Fabrini musste in jener schwarzen gottlosen Dimension auf ewig am Leben bleiben.
    Ein Strom von Atomen, der auf ewig trieb und sich auflöste, aber lebendig und seiner selbst bewusst und wahnsinnig über jeden Wahnsinn hinaus, den ein Mensch jemals erlebt oder erfahren hatte. Ein gequältes Bewusstsein, das in die Unendlichkeit verblasste, allein, immer allein, unsterblich.
    Eine Weile sagte niemand etwas.
    Sie konnten nichts sagen.
    Wenigstens hatte Saks klugerweise diese grässliche Maschine abgeschaltet, damit sie Fabrini nicht mehr hören mussten, nicht mehr der Blasphemie seiner endlosen, körperlosen Qual lauschen mussten. Ein empfindungsfähiges Wesen in einer Welt der Schatten, der Antimaterie und der Nicht-Existenz.
    Fabrinis Körper löste sich jetzt auf, zerbröckelte wie ein Vampir

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