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DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition)

Titel: DEAD SEA - Meer der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
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Hinnahme.
    »Da möchte man ... da möchte man am liebsten so schnell wie möglich wegrudern, nicht wahr?«, stammelte Cushing.
    Und genau das dachten sie alle, während sich das Entsetzen in ihnen ausbreitete.
    George hatte schon viele, viele Male Angst gehabt, seit es sie in die Dimension X verschlagen hatte. Manchmal glaubte er, sein Gehirn müsste jeden Moment zu Saft verkochen und ihm aus den Ohren laufen. Und so schlimm war es nicht nur einmal gewesen. Ob der Kadaver der Lancet den bisherigen Höhepunkt darstellte? Keine Ahnung, auf jeden Fall war er ganz vorne mit dabei. Denn das Grauen, das ihn gepackt hielt, schien fast greifbar. Es kroch unter seine Haut wie eine Infektion und verwandelte seine Nervenenden in Gelee. Und als er dort saß und das Grauen ihn erfüllte, gelangte er zu der Erkenntnis, dass realer Horror im Gegensatz zu Horror in Büchern oder Filmen große Ähnlichkeit mit einem Drogentrip aufwies. Als wenn man sein Gehirn mit einer kleinen Pille in einen anderen Modus versetzte – die Realität als solche bestand plötzlich aus Zellophan mit einem großen, klaffenden Riss darin. Ja, genau so. Es überwältigte einen, führte zu einer dumpfen Benommenheit.
    »Okay, Leute, es ist nur ein totes Schiff«, sagte Cushing. »Sehen wir uns mal an, weswegen wir hergekommen sind.«
    Zögernd griffen er und Elizabeth nach den Rudern und schoben das Boot durch die Algen dicht an das Schiff heran. Als sie so nahe waren, dass sein Schatten kalt und schwarz auf sie fiel, nahm Menhaus den Anker und warf ihn über die Heckreling. Er traf das Deck mit einem lauten hohlen Scheppern wie eine Urne, die mitten in der Nacht auf den Boden einer Gruft fiel. Der Anker blieb hängen, und Menhaus zog sie näher heran, bis der modrige Geruch dieses nassen Sargs ihnen direkt ins Gesicht schlug.
    Aus der Nähe sahen sie, dass die Schanzkleider der Lancet von Ablagerungen und Meeresorganismen überwuchert wurden – winzige Lebewesen wie Schwämme und Krebse und natürlich ein dichtes Geflecht aus Algen, die anscheinend nicht nur über das Schiff wucherten, sondern auch ins Innere hineinwuchsen.
    »Ich versuch mal, ob ich da hochkomme«, sagte Menhaus.
    Und George betrachtete ihn mit neuem Respekt. Der Mann hatte genauso viel Angst wie sie alle, aber er tat, was getan werden musste, und das machte einen Mann aus. Das machte ein menschliches Wesen aus.
    Menhaus zog an der Ankerleine, um zu überprüfen, ob sie hielt.
    Sie hielt.
    Was an sich schon überraschte. Das Schiff sah so verrottet aus, so verfallen, dass es George nicht gewundert hätte, wenn Menhaus beim Ziehen an der Leine die Reling auf den Kopf gefallen wäre.
    Menhaus stellte sich auf den Rand des Bootes, ergriff die Ankerleine mit beiden Händen und zog sich daran hoch wie ein Kind, das im Sportunterricht an einem Seil hochkletterte. Und er machte es nicht schlecht. Er legte eine unerwartete Geschicklichkeit an den Tag, die George erahnen ließ, dass der gute, alte Jolly Olly in jüngeren Jahren sehr viel Sport getrieben haben musste. Seine Füße schlitterten über den Rumpf und kratzten Muscheln und Schimmelteppiche ab. Er schob sich anderthalb oder zwei Meter hinauf, bekam die Reling zu fassen und kletterte drüber.
    Dann sah er zu ihnen herunter. »Ich bin langsam zu alt für so einen Scheiß«, keuchte er. Er schaute sich um, riss die Augen auf und schüttelte den Kopf. »Mein Gott ... das ... das müsst ihr euch ansehen ...«
    Eine andere Wahl hatten sie ohnehin nicht.
    Elizabeth stieg als Nächste hinauf. Sie war gut in Form, und bei ihr wirkte es kinderleicht. Auch Cushing folgte ihr ohne große Probleme. George dagegen rechnete jeden Moment damit, den Halt zu verlieren und ins Algenmeer zu stürzen. Aber seine Ängste erwiesen sich als unbegründet. Er musste sich mächtig anstrengen, schaffte es aber nach oben. Jetzt zahlte es sich aus, dass er sein Leben lang die Rückenmuskeln strapaziert hatte.
    Er zog sich über die Reling, einige Hände halfen ihm, und dann stand er oben.
    Das Teakholzdeck war über und über mit eingetrocknetem Schlamm und Ablagerungen bedeckt, aus denen auf fast schon obszöne Weise die Panzer toter Krabben und knochiger Fische ragten. Die Masten bogen sich krumm und schief wie knorrige Eichen, ihr Holz von Seewasser und fortgeschrittenem Alter verblasst. Die Segel entpuppten sich als abgerissene Lumpen, vom Schimmel grau gefleckt und mit großen klaffenden Löchern. Als bestünden sie aus grauer abgewetzter Gaze. Vom Besanmast

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