Dead Souls: Horror (German Edition)
kommt, werde ich meiner Familie seine Seele übergeben. Danke für deine Führung, mein Gott.
Er torkelte durch das Haus, das Messer wackelte wie der Gehstock eines Blinden in seinem Auge hin und her. Er stürmte durch die Küchentür hinaus in die wartende Nacht.
Wir werden auf dich warten, Bryan. Osiris wird dich zu uns bringen.
Als Benjamin durch den Garten schwankte, kehrten die ganzen Schmerzen seiner Verletzungen zu ihm zurück. Er brach qualvoll nur ein paar Fuß vom Scheuneneingang entfernt zusammen, seine Verletzungen pochten entsetzlich, Blutfontänen spritzten heraus. Er schaute zu den Türen auf. Streckte seinen zerschlitzten Arm aus, der jetzt in Schmerzen ertränkt war.
Im Scheuneneingang stand eine Gestalt – ein sich in der Dunkelheit abzeichnender Schatten.
Und Benjamin wusste: Es handelte sich nicht um den Geist von Osiris. Es war etwas anderes, ein rollendes, formloses Wesen mit erschlaffter Haut, übersät mit summenden Pferdebremsen. Es füllte den Eingang aus, streckte und bewegte sich, schwarze Löcher öffneten sich und erbrachen mit Maden übersäte Vögel. Stinkende, vertrocknete Federn schwebten von seiner schäumenden Masse herunter und landeten auf Benjamins kaputtem Körper.
»Osiris …«, flehte Benjamin vergeblich, seine Stimme kaum ein Flüstern.
Eine schwarze, schattenhafte Gliedmaße kroch aus dem Wesen. Sie klammerte sich an Benjamins Genick und zog ihn mit brutaler Geschwindigkeit in die Scheune, wo die gekreuzigten Seelen seiner Familie auf das ewige Leben nach dem Tod warteten.
TEIL ZWEI
DIE LEBENDEN, SIE SIND TOT
» Was passiert nach dem Tod? Nur der Körper stirbt. Die Seele…sie lebt für immer weiter .«
- Scott Cunningham
Kapitel 28
08. September 2005
18:37 Uhr
Die Besuchszeiten waren voll im Gange. Sie hatte gehört, wie eine Krankenschwester im Flur zu jemandem gesagt hatte, dass sie von sechs bis acht wären, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass jemand kommen würde. Nicht Ed und nicht einmal Johnny. Sie schrieb es Gott zu, ihr dieses plötzliche, vorausschauende Wissen vermittelt zu haben.
Während die Krankenschwestern draußen im Flur hektisch mit ihren Klemmbrettern und Stethoskopen herumrannten, wurde ihre Annahme, verlassen worden zu sein, durch eine Welle gebündelter Angst ersetzt. Sie wurde gezwungen, leise und heimlich die Kleider anzuziehen, in denen sie hergekommen war, und sich auf die Bettkante zu setzen, um auf ein Zeichen zu warten, wann sie gehen sollte.
Als es in den Korridoren immer lebhafter wurde, da mehr Besucher kamen und an die kleinen goldenen Nummern an jeder Tür blickten, als die Krankenschwestern der Tagschicht gingen und die Nachtschwestern eintrafen, kam ihre Antwort, indem sie sich auf das Fensterbrett des einzigen Fensters in ihrem Zimmer hockte. Eine große Amsel, vielleicht eine Krähe, deren Federn feucht glänzten und unter der Spätnachmittagssonne glitzerten. Der Lärm der Stadt fügte sich zu einer atmosphärischen Verschleierung zusammen, er wirkte gegenüber dem leisen geflüsterten Befehl des Vogels wie eine Kulisse.
Geh zum Haus …
Sie blieb auf dem Bett und starrte aus dem Fenster den Vogel an, der auf dem Fensterbrett hin und her hüpfte, seinen Kopf auf eine neugierige, fast intelligente Art neigte und sie mit seinen kleinen schimmernden Augen ansah, als wartete er darauf, dass sie seine Anweisungen befolgte. Obwohl sich sein Schnabel nicht bewegte, konnte sie das dumpfe Flüstern eindeutig hören, als es wie ein Murmeln ihres eigenen Gewissens in ihren Kopf sickerte.
Geh zum Haus …
Sie erhob sich vom Bett, das leicht knarzte; die Edelstahlstützen drückten gegen die Matratze, als sie wieder ihre ursprüngliche Form annahm. Sie trat an das Fenster, ihr Herz klopfte wie der Gang eines Soldaten, die Hände fest dazu entschlossen, das Fenster zu öffnen und ihren Kontakt mit dem Vogel voranzubringen.
Sie legte ihre Hände an die kalte Fensterscheibe und schaute wieder den Vogel an – sie hatte ihren Blick von ihm abgewandt, als sie sich vom Bett erhoben hatte – und in diesem flüchtigen Augenblick war der Vogel nicht nur gestorben, sondern auch verrottet. Er wurde zum Wirt für einen Schwarm Larven, der jetzt in seinem verwesten Bauch herumwuselte.
Eine einzige schwarze Feder, gesund und glitzernd, anders als der Rest des Vogels, wehte in der Brise an die Kante des Fensters. Mary Petrie öffnete das Fenster, alle zehn Zentimeter, die möglich waren, und griff mit zwei ausgestreckten
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