Dead Souls: Horror (German Edition)
Rand der Mütze sah man einen weißen Fleck auf seiner Haut.
»Geht es dir gut, Junge?«, wiederholte er, während er Johnnys schmutzige Kleidung sichtlich anstarrte.
Johnny schüttelte den Kopf. »Nein.« Seine Stimme war ein gequältes Flüstern, und in diesem Augenblick wurde ihm plötzlich alles klar, alles kam ihm wieder in den Sinn, wie ein entsetzliches Flackern eines hellen Lichtes: die toten Männer, die ihn verfolgten und hinter ihm herriefen: Bruder …
Ich fühle mich, als wäre ich verrückt geworden. Oh Gott, was soll ich nur tun? Egal was ich mache, welche Entscheidungen ich für den Rest meines Lebens treffe, ich werde nie imstande sein, diese schrecklichen Bilder loszuwerden, die ich gesehen habe. Sie werden für immer in meinem Kopf sein, Bild für Bild und mir für immer wehtun …
»Bist du verletzt?«, fragte der Mann stirnrunzelnd. »Musst du ins Krankenhaus?«
»Ich … ich weiß es nicht …«
Höchstwahrscheinlich war dem Mann sehr wohl bewusst, dass Johnny ein Fremder in dieser Gegend war, und trotz Johnnys Opfer-Zustand nahm er vermutlich an, dass Johnny irgendeines Kapitelverbrechens schuldig war.
»Wie heißt du, mein Sohn?«, fragte der Mann. Johnny sah, wie er sich vorbeugte und das Handschuhfach öffnete. Er dachte, der Mann könnte irgendeine Waffe herausholen – etwas, das ihn beschützte, sollte der fremde Junge auf der Straße widerspenstig werden.
»Hast du einen Namen?«, fragte der Mann wieder und schaute zu ihm auf.
Johnny nickte und öffnete seinen Mund, um zu antworten … aber was ihm auf der Zunge lag, stimmte nicht mit den Absichten seines Verstands überein. Nein, was über seine zitternden Lippen kam, war der Name, der die Quelle allen Terrors war, der über ihn und seine Familie gekommen war, seit Judsons Brief vor zwei Tagen mit der Post eintraf.
»Conroy …«
Der Mann erstarrte. Er kniff seine Augen, die Johnny jetzt genau betrachteten, sofort unsicher zusammen. Ein wichtiger Moment der Stille verging, der Johnny dazu zwang einzusehen, dass diese Begegnung sehr wohl über ihren einfachen Wortwechsel hinausgehen könnte.
»Conroy …«, antwortete der Mann und seufzte nervös.
Johnny nickte ernst und war unsicher, was ihn dazu getrieben hatte, diesen Namen auszusprechen. Vielleicht liegt es an dem Bösen, das mich verfolgt, seit das alles angefangen hat. Es hat Ed dazu gebracht, sich umzubringen, Judson und den Psycho von den Toten erweckt. Wer weiß, ob es mich nicht dazu veranlasst, Dinge zu sagen, die ich nicht meine?
»Bryan Conroy«, flüsterte der Mann dann, als wäre sein Wissen von Johnnys Anwesenheit lange aufgeblüht, bevor er diese dunkle Straße entlangfuhr. Er beugte sich über den Sitz und öffnete die Tür. Die Innenraumbeleuchtung ging an und schien auf die älteren Gesichtszüge des Mannes. »Steig ein!«
Johnny zögerte, augenblicklich verunsichert, ob er in das Auto steigen oder in das hohe Gestrüpp neben der Straße fliehen sollte; er brauchte nicht lange, um zu realisieren, dass es trotz seines verletzten Verstands im Auto keine ermordeten auferstandenen Toten gab, und weiß Gott, was tief in der Dunkelheit von Wellfields Farmen auf ihn wartete. Den Fensterrahmen packend setzte er sich ins Auto und schloss die Tür … dann schaute er sich um und blickte den Mann an.
Der Mann hatte tatsächlich eine Waffe aus dem Handschuhfach geholt: Ein großes Jagdmesser. Es lag von Leder ummantelt auf seinem Schoß. Aber er schien sich überhaupt nicht darum zu kümmern, es zu benutzen. Stattdessen betrachtete er Johnny einen Moment und zog ein Mobiltelefon von seiner Hüfte.
»Gib mir eine Minute, okay?«
Johnny nickte. Seine Narbe brannte und pochte, als warnte sie ihn vor zukünftigem Horror.
Der Mann wählte eine Nummer und hielt das Telefon ans Ohr. Mit seiner freien Hand legte er den Gang ein und fuhr die Straße entlang. Er sprach in dem Tonfall eines echten Nordost-Bewohners: »Henry? Carl hier. Abend. Ich will dich zu dieser späten Stunde nicht stören, aber … na ja, ich hab hier einen jungen Mann in meinem Auto. Hab ihn draußen an der Brunswick Road herumwandernd gefunden, ungefähr eine halbe Meile vom alten Conroy-Haus entfernt. Ja, genau. Sieht aus, als hätte er auch einiges durchgemacht. Und Henry … er hat mir gesagt, er würde Conroy heißen. Ja. Bryan Conroy. Äh, ich würde sagen, ungefähr 18, höchstens 19. Also habe ich mir gedacht, dass ich erst dich anrufe, bevor ich ihn zu Sheriff Steven bringe …«
Der Mann
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