Dead Souls: Horror (German Edition)
niedergelassen hat, und er flüstert mir zu: ›Henry! Rette unsere sterbenden Seelen! Bring uns unser Blut, bring uns unser Blut!‹ Und ich schaue zu, wie Benjamin in der Dunkelheit verschwindet, in der Dunkelheit, die über den Eingang der Scheune hereinbricht und mich mit ihrer seltsamen dunklen Macht zu sich ruft …«
Johnny schluckte den trockenen Klumpen, der sich in seinem Hals bildete, hinunter und sagte: »Sie haben mir das Leben gerettet. Sie waren das.«
Henry riss sich schließlich von seinen Erinnerungen los, starrte Johnny an und schüttelte den Kopf. »Es war der Junge, Eddie Carlson, der dir das Leben gerettet hat.«
Johnny brauchte einen Augenblick, um das alles einzusaugen. Bilder aus dem Traum, den er erst vor zwei Nächten hatte, erschienen ihm jetzt wieder; er wurde von einem jungen Mann weggetragen und er konnte den jungen Mann mit seinen harten Gesichtszügen und blonden Haaren und intensiven grauen Augen erkennen. Dieser hatte so schrecklich verängstigt ausgesehen, er rannte und weinte und drückte Johnny fest an seine Brust. Sie waren in einem Haus, wo es dunkel und moderig war, der junge Mann hatte Johnny panisch in einen Leinensackfetzen eingewickelt und ihn an einen kühlen, dunklen Ort geschoben. Dann hatte er sich umgedreht und war in den Schatten verschwunden, wo er schrie und schrie und schrie …
»Ich erinnere mich an ihn, Henry. Ich erinnere mich an Eddie Carlson. Ich verstehe nicht, wie, aber es ist jetzt sonnenklar.«
»Es gibt noch viel mehr, von dem du nicht in der Lage sein wirst, es zu verstehen. Ich habe die letzten 17 Jahre damit verbracht zu versuchen, es zu verstehen, Johnny. Und trotzdem bleiben mir viele Fakten versagt.« Er stockte, dann fügte er hinzu: »Aber ich glaube, dass sich das ändern wird.«
Ohne zu zögern, sagte Johnny: »Ich bin bereit … aber bitte verraten Sie mir zuerst, was passiert ist, nachdem Benjamin in die Dunkelheit verschwunden ist.«
Henry atmete tief durch; die Erinnerung schien seine Augen zu überschatten. »Ich kann mich erinnern, dass ich sehr lange dort gestanden habe, vielleicht eine Stunde oder länger. Wer weiß das schon. Ich war traumatisiert, und was es auch immer war, das Benjamin gepackt hatte, hat versucht, mich ebenso zu ködern. Ein Teil von mir wollte auch nachgeben, das Baby übergeben und die verborgenen Geheimnisse in der Scheune erkunden. Aber ein anderer Teil von mir hat gegen diesen irrationalen Drang angekämpft und mich davor bewahrt, so einen fatalen Schritt zu tun. Damals habe ich nicht verstanden, was es war, aber bald danach habe ich realisiert, dass es das Baby in meinen Armen war, das mich beschützt hat. Das sich selbst beschützt hat.«
Johnny nickte, irgendwie verstand er, erinnerte sich.
»Ein paar Stunden später hat mich mein Deputy, Carl Davies, aufgeweckt, der einen verzweifelten Anruf von Mrs. D. erhalten hatte, meinem gewöhnlichen Nachhauseweg gefolgt war und mein Auto in der Conroy-Einfahrt entdeckt hatte. Panisch bin ich zu mir gekommen und habe ihm von den Leichen in der Scheune erzählt und von Eddie Carlson, und dass ich das Baby im Haus gefunden und zu fliehen versucht hätte. Ich kann mich erinnern, das Baby in mein Auto getragen zu haben, während er die Scheune untersucht hat. Er war einen Augenblick später zurückgekommen und hatte panisch und verzweifelt genickt.
Die anschließenden Ermittlungen hatten ein paar Wochen gedauert. Nachdem die Autopsie ergeben hatte, dass ich die Conroys nicht umgebracht habe, sind die Leichen auf Wunsch von Mary Petrie, der einzig bekannten Verwandten der Familie, verbrannt worden; sie hatte auch sofort das Sorgerecht für dich übernommen. Bald danach hat man den hinteren Teil der Scheune zugenagelt, in dem die Verbrechen stattgefunden haben, hauptsächlich um Neugierige fernzuhalten. Natürlich konnte ich nicht wahrheitsgetreu erklären, warum ich auf alle ›Leichen‹ geschossen hatte, also habe ich zu meiner Verteidigung geschwiegen. Man hatte vermutet, dass ich unter einer Form von posttraumatischem Stresssyndrom gelitten habe, und man hat mir empfohlen, dass ich meinen Posten als Sheriff aufgebe, dem ich dann bereitwilligt zugestimmt habe. Carl hatte meine Stelle übernommen und ist mir extrem entgegengekommen, indem er mir gestattet hat, Benjamin Conroys Vergangenheit zu untersuchen. Ich habe seine ganzen Unterlagen, Tagebücher und Studien behalten.«
»Und was haben Sie gefunden?«, fragte Johnny neugierig.
»Ich habe die Arbeiten
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