Dead Souls: Horror (German Edition)
kurz gesagt haben Sie Benjamin Conroys Farmhaus geerbt, ebenso seine 20 Quadratkilometer; wenn Sie aus dem Fenster die Center Street hinunterschauen, können Sie einen Blick davon erhaschen. Es war früher eine gut gehende Farm, aber seit Benjamin Conroys Tod vor siebenzehn Jahren ist sie unangetastet geblieben.«
»Moment … vor 17 Jahren? Mein leiblicher Vater ist vor 17 Jahren gestorben, als …als ich eins war?«
Judson nickte. »Ebenso Faith Conroy, Ihre Mutter. Benjamin Conroys Testament – das ich selbst vor vielen Jahren aufgesetzt habe – legt fest, dass im Falle von Benjamins und Faiths frühzeitigem Tod Ed und Mary Petrie die rechtmäßigen Vormunde ihrer Kinder werden würden. Also haben sie Sie rechtlich adoptiert und Ihren Namen in Johnny Petrie geändert. Bald danach sind Ed und Mary Petrie nach Manhattan gezogen. Da ich auch beauftragt wurde, Benjamins Besitz zu übergeben, musste ich die ganzen Jahre über Ed und Mary im Auge behalten, was eigentlich nicht allzu schwierig war, da sie nicht umgezogen sind, seit sie all die Jahre zuvor in New York angekommen waren.«
»Andrew … sie haben Kinder gesagt. Bedeutet das, dass ich … Geschwister habe?«
Judson zögerte. Bedrückende Stille sank auf sie nieder. Verhalten antwortete der Anwalt. »Sie hatten einen Bruder und eine Schwester. Sie sind ebenfalls tot.« Judson kippte seinen Stuhl nach hinten; er quietschte unangenehm, was zum Gesichtsausdruck des Anwalts passte.
Johnny wollte gerade fragen, wie das?, als es leise an der Tür klopfte, und Susan ihren Kopf hereinstreckte. »Ihre Gäste werden ungeduldig.«
Judson sah, wie Johnny die Tränen in die Augen stiegen – Tränen der Traurigkeit, Tränen des Kummers, Tränen so vieler verschiedener Emotionen. »Vielleicht ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um über Finanzen zu sprechen, John. Wenn Sie möchten, kann ich den Termin mit ihnen auf später verschieben. Sie haben 17 Jahre gewartet, sie können noch ein paar Stunden länger warten.«
Judson stand auf und ging um den Schreibtisch herum. Neben Johnny stehend fragte er: »Alles in Ordnung bei Ihnen?«
Johnny nickte. »Ich bin ein bisschen überwältigt, aber ich versuche mich zusammenzureißen.«
»Das ist gut, Johnny.«
Johnny stand auf, dann lief er zum Fenster hinüber. Er schaute über die kleine Drogerie auf der anderen Straßenseite hinweg in Richtung des abschüssigen Landes ein paar 100 Meter dahinter.
Sein Land.
Eine Amsel landete auf dem Zaun, direkt über dem Zutritt verboten -Schild. Sie flatterte einmal mit den Flügeln, dann flog sie schnell in die Richtung, in der Johnny sein eigenes, verlassenes Farmhaus vermutete.
Kapitel 23
24. August 1988
16:13 Uhr
Erotischer Übergriff.
Für sie schien das die einzige Möglichkeit zu sein, ihr Leid zu rationalisieren; ihr Verlangen, es zu füttern, stieg zu einem Verhältnis an, das weit über Selbstbefriedigung hinausging. Sie hatte nicht die Absicht, darüber zu sprechen, sondern nur, es mit allen nötigen Mitteln zu befriedigen. Sie fühlte sich zweifellos von einer höheren Macht auserwählt, als schaute man auf sie herab und führte sie mit schützender Hand. Ja, sie glaubte an Gott und liebte Gott, aber sie machte ihn für dieses glückselige Einschreiten nicht verantwortlich. Nein, hier war etwas anderes am Werk, etwas, das vorher in ihr schlummerte und jetzt ausbrach, um das zu fördern, was immer darin gelauert hatte. Sie fühlte sich offen verführerisch: Ein sexuelles Wesen, für das keine Regeln galten. Sie bewahrte einen Elan, der darauf bestand, dass sie keine Zeit damit verschwendete, ihre unersättlichen Gelüste zu ignorieren.
Und jetzt, genau 48 Minuten nachdem sie von ihrem Zuhause geflohen war, stand sie zwischen einem geparkten Dodge-Pick-up und einer alten Harley vor der Bull Pen- Taverne, der dem Conroy-Haus nächstgelegenen öffentlichen Einrichtung – und einer mit einem berüchtigten Ruf, der sogar Benjamin zu Ohren gekommen war – wo sie spürte, sie könnte ihre Leidenschaft der Welt offenbaren.
Während Elizabeth über den geschotterten Parkplatz lief, öffnete sie ihren Bademandel, ihre in Hausschuhen befindlichen Füße knirschten. Ohne gesehen zu werden, drückte sie die Eingangstür auf und ging hinein. Der Innenraum, der unangenehm feucht und dunkel war und nach abgestandenem Bier stank, war zurzeit das Zuhause von acht Männern, die alle genau dem Typ entsprachen, den man unter der Woche nachmittags beim Frustbesäufnis vorfinden
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