Dead Souls: Horror (German Edition)
»Na, sowas!« Er zögerte kurz, seine Augen betrachteten Johnnys Gesichtszüge, und Johnny nahm an, dass der Anwalt ihn vielleicht im Moment bemitleiden könnte, obwohl er seinen Kopf voller bald zu diskutierende Angelegenheiten hatte. »Tja, Johnny Petrie, nachdem wir fertig sind, werden Sie in den schönstens Hotels übernachten können, die Manhattan anzubieten hat.«
Diese Aussage beeindruckte Johnny. Es ging nicht so sehr um das Versprechen des Anwalts auf Reichtum, sondern eher um seine Fähigkeit, Johnny augenblicklich in einen echten Gläubigen zu verwandeln – jetzt spürte Johnny, dass er ihm vertrauen konnte. Er spürte auch, dass Judson viel mehr wusste, als er preisgab. Mit den Gedanken im Hinterkopf erkannte er die Notwenigkeit, dem Anwalt ein aktuelles Update zu geben. Ich werde Sie nicht anlügen, und Sie mich nicht. Einverstanden?
»Mr. Judson … Andrew … bevor wir anfangen, muss ich Ihnen etwas sagen … seit ich vor zwei Tagen Ihren Brief bekommen habe, ist viel passiert, und ich bin mir sicher, dass es alles damit zusammenhängt, was Sie bereits wissen … und wenn wir darüber reden … na ja, dann wird es für mich wahrscheinlich einfacher sein, mit dieser ganzen Situation umzugehen.«
Judson nickte und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, während Johnny in den nächsten paar Minuten alles ausplauderte, was geschehen war, vom Empfang des Anwaltsbriefes, über die Entdeckung des Mädchennamens seiner Mutter im Krankenhaus, bis zum Selbstmord seines Vaters. Wenige Details ließ er aus, vor allem die Nachricht, die sein Vater hinterlassen hatte.
Als er fertig war, fragte Judson: »Sie haben Ihren Vater also in dem Appartement hängen lassen? Sie haben nicht die Polizei gerufen?«
Johnny nickte und ertastete mit dem Daumen die gefalteten Tütchen in seiner Tasche.
Judson verschränkte die Arme, dann fuhr er sich in Gedanken versunken über das Kinn. »Das bedeutet, dass wir schneller handeln müssen als geplant. Auf den Busfahrkarten hatte Ihr Name gestanden, und sobald sie herausfinden, wer dafür bezahlt hat, werden sie anrufen. Das könnte eine Weile dauern, aber sie werden darauf kommen.«
»Ich habe nichts falsch gemacht.« Johnny rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum und fing an, sich beim Atmen zu verschlucken.
»Nein, das haben Sie nicht. Aber es gibt vieles zu besprechen, und jetzt haben wir dafür weniger Zeit.«
Johnny erwiderte nichts; stattdessen setzte er sich aufrecht hin und legte die Hände in seinen Schoß.
Die Gegensprechanlage piepte. Judson drückte auf einen Knopf und sagte: »Ja?«
Aus dem winzigen Lautsprecher dröhnte die Stimme der Sekretärin in das Zimmer: »Sie sind hier.«
»Sagen Sie ihnen, sie sollen warten«, trug er ihr auf. »Und Susan … können Sie bitte das Essen hereinbringen?«
»Sofort«, antwortete sie, und keine zehn Sekunden später tauchte sie mit einem kleinen Tablett mit Bagels, Muffins und Kaffee auf. Sie bot es Johnny an. Er nahm sich einen Bagel und eine Tasse schwarzen Kaffee herunter.
»Bei den Männern, die in der Lobby auf uns warten«, meinte Judson, sich einen Muffin vom Tablett schnappend, »handelt es sich um den Bürgermeister von Wellfield und seinen Anwalt.«
»Was wollen sie?«
Judson wartete, bis Susan das Zimmer verlassen hatte, dann fuhr er fort: »Sie wollen Ihr Erbe.«
Johnny zögerte einen Augenblick, dann biss er sich auf die Lippe und fragte: »Worum geht es hier? Ich meine, warum bin ich hier? Und wie kann es sein, dass ich die Erbschaft dieses Mannes erhalte?«
Judson nippte an seinem Kaffee, stutzte, dann beugte er sich nach vorn und faltete die Hände. »Johnny … das alles wird für Sie wie ein Schock sein, aber ich glaube, es ist das Beste, wenn ich jetzt damit herausrücke.« Er atmete tief durch, und in diesem Augenblick stellte sich Johnny vor, dass Judson ihm mitteilte, dass er an irgendeiner unheilbaren Krebserkrankung sterben würde und dass er nur zehn Tage hätte, um sein neu entdecktes Vermögen auszugeben, bevor er tot umfiel. Aber als Johnny einsah, wie albern diese Erwägung war – in Anbetracht der Tatsache, dass Judson ein Anwalt war und kein Arzt – starrte Judson ihn an und sagte: »Johnny Petrie heißen Sie nicht von Geburt an. Ihr echter Name ist Bryan Conroy. Benjamin Conroy war Ihr Vater. Und Sie sind der einzig lebende Erbe seines Besitzes.«
Für einen Augenblick erstarrte Johnny, dann stellte er seinen Kaffee und Bagel auf den Tisch, sein Interesse an Essen war plötzlich
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