Deadline - Toedliche Wahrheit
damit, die Infizierten zu erschießen. Kein unerwartetes Verhalten. Sobald das Virus standardisiert ist, sobald es unseren Erwartungen entspricht, können wir endlich eines konstruieren, das macht, was wir von ihm wollen, das unsere Befehle befolgt und nicht die von irgendjemand anderem. Wir werden die Welt so retten, wie wir es für richtig halten und wann wir es für richtig halten, und man wird uns die angemessene Anerkennung dafür nicht versagen. Die Reservoirkrankheiten verkomplizieren alles, und das können wir nicht zulassen. Trotzdem bedaure ich es, dass der Schlag gegen Oakland verfrüht durchgeführt wurde, Shaun. Ich mochte dich wirklich. Ich hatte gehofft, dir eben diese Situation ersparen zu können.«
»Wie kommst du darauf, dass unser Wissen nicht ohnehin an die Öffentlichkeit gelangt?«, fragte ich sanft. »Ich habe nicht mein ganzes Team mitgebracht. Wenn wir uns nicht melden, geht alles raus.«
»Ah, aber wenn es an die Öffentlichkeit kommt, werden wir euch bereits den Ausbruch in Portland in die Schuhe geschoben haben und vielleicht auch die Attacken auf Präsident Rymans Wahlkampftruppe. Vielleicht bist du sogar der Grund für den Tod deiner Schwester. Du wirst kein Held sein, Shaun. Nicht einmal ein Märtyrer. Du wirst der Mann sein, der seine Schwester um der Quoten willen ermordet hat, und die Welt wird dich hassen.« Mit einem versonnenen Lächeln ließ Dr. Wynne Kelly los und streckte den Arm nach dem Tisch hinter sich aus. Kelly rührte sich nicht vom Fleck. Die Waffe an ihrer Schläfe schien sie irgendwie zu entmutigen. »Man wird nichts, was auf eurer kleinen Schmierseite steht, glauben. Für die Öffentlichkeit wird es nur wie die letzten Zuckungen eines Wahnsinnigen aussehen.«
Du Scheißkerl , flüsterte George.
Ausnahmsweise war ich einmal gelassener als sie. »Du bist ein Arschloch«, sagte ich.
»Ja, aber ich bin ein Arschloch, das lebend diesen Raum verlassen wird, was man von dir nicht behaupten kann«, antwortete er. Erneut legte er den Arm um Kelly und zog sie Richtung Tür. »Der Sicherheitsdienst ist auf dem Weg. Es gibt nichts, was du tun könntest.«
Als er die Hand bewegte, sah ich, was er vom Tisch genommen hatte: zwei ganz gewöhnliche Kugelschreiber. »Was wirst du tun, wenn die Leute von der Sicherheit kommen?«, fragte ich. »Kritzelst du uns zu Tode?«
Kelly riss die Augen auf. Jetzt sah sie nicht mehr verloren aus, sondern zu Tode erschrocken. Selbst die Pistole an ihrem Kopf hatte ihr keine derartige Reaktion entlockt. »Was?«, flüsterte sie.
»Könnte man so sagen, ja«, antwortete Dr. Wynne.
»Das ist ein Stift «, sagte ich.
Der Schein kann trügen , bemerkte George.
Kelly schaute mich mit immer noch weit aufgerissenen Augen an und sagte stumm: »Es tut mir leid.« Dann griff sie hinter sich, bekam ein Skalpell von einem Tablett mit Operationsbesteck zu fassen und rammte es Dr. Wynne in den Nacken. Er brüllte wie ein verwundeter Ochse, und seine Waffe fiel zu Boden, als er sich die Hand an den Hals presste. Die Hand, in der er die Kugelschreiber hielt, ruckte hoch, und an einem davon drückte er eine Art Auslöser. Ein dünner Pfeil sauste an meinem Ohr vorbei durch die Luft und bohrte sich in die Wand. Becks schoss zweimal und traf Dr. Wynne einmal in den Arm. Der andere Schuss ging ins Leere. Ich hob meine Waffe ebenfalls wieder und schoss ihm mitten in die Brust, genau dorthin, wohin er bei mir mit dem Stift gezielt hatte.
Der Einschlag riss ihn herum. Kelly entglitt das Skalpell, und sie fiel nach hinten, wobei sie gegen Mahir prallte. Der immer noch brüllende Dr. Wynne hob die Stifte und zielte auf die beiden. Mit einem Schrei stieß Kelly Mahir beiseite, sodass er lang hinschlug, im selben Moment, in dem Dr. Wynnes Knie nachgaben.
Dr. Wynne prallte hart auf den Boden, worauf Becks ihm sofort zweimal in den Kopf schoss. Schon mal eine Leiche, die nicht wieder aufstehen würde.
Mahir kam taumelnd auf die Beine und achtete dabei sorgfältig darauf, Dr. Wynnes Blut nicht zu berühren. »Oh mein Gott … «
»Mahir, bist du sauber?«, fragte ich.
Er schaute an sich hinunter und suchte seine Kleidung nach Spritzern ab. »Ich … ich glaube schon. Anscheinend habe ich nichts abbekommen.«
»Wunderbar. Versuch bitte trotzdem, keine Körperflüssigkeiten mit anderen Leuten auszutauschen, bis wir bei einer Testeinheit sind! Einer, die nicht dem Seuchenschutz gehört. Ich traue nichts mehr, was sich in diesem verdammten Gebäude befindet.« Ich
Weitere Kostenlose Bücher