Deadline - Toedliche Wahrheit
schaute mich verwirrt an. »Ich habe nichts gesagt«, protestierte sie.
»Ich meinte George«, erwiderte ich mit einem kurzen Kopfschütteln.
»Weißt du«, sagte Kelly behutsam, »wenn du Angstzustände hast und deshalb mit ihr redest, dann gibt es Medikamente, die … «
»Anderes Thema«, sagte ich freundlich. »Wenn die Unterhaltung in diese Richtung weitergeht, dann könnte jemand eins in die Fresse kriegen, und das könntest du sein.«
»Shaun findet nichts dabei, Mädchen zu schlagen«, erklärte Becks.
»Versuch du mal, mit George aufzuwachsen, du würdest dich wundern.« Ich führte unsere bunt zusammengewürfelte kleine Truppe in Maggies Küche. Sie war genau wie der Rest des Hauses eingerichtet und hätte aus einer heruntergekommenen Mittelschichtswohnung aus der alten Zeit stammen können. Die Sache mit dem Hackbraten war kein Witz gewesen. Er stand auf dem Küchentisch, neben einem Tablett mit klein geschnittenem Gemüse, einer großen Schüssel Kartoffelbrei und einem halben Biskuitkuchen.
»Ich hole Teller«, sagte Becks.
Als Maggie und Alaric fünfzehn Minuten später schließlich reinkamen, saßen wir drei bereits um den Küchentisch und stopften uns voll. Zumindest taten Becks und ich das. Kelly beobachtete uns mit einer Art entsetzter Verblüffung, als könnte sie nicht fassen, was innerhalb eines einzigen Tages aus ihrem Leben geworden war. Sie würde es schon noch kapieren. Wenn sie lange genug lebte.
Maggie und Alaric war die Heulerei anzusehen, auch wenn es bei ihr deutlicher war als bei ihm. Ihre Augen waren verquollen und ihre Wangen gerötet, während Alaric so fotogen wie immer aussah. Er hat mal versucht mir zu erklären, wie er das anstellt, aber ich habe nicht zugehört. Vor allem, weil es mich nicht interessiert hat.
»Alaric meinte, dass du die Tote von der Seuchenschutzbehörde bist«, sagte Maggie auf diese direkte Art, die sie zu einer der gefürchtetsten Redakteurinnen in der Welt der Fiktiven gemacht hatte. »Netter Trick. Erklär mal!«
»Hallo, Maggie«, sagte ich fröhlich und griff nach dem Kartoffelbrei. »Möchtest du unserem Gast vorgestellt werden, oder ziehst du die Tornado-Tour vor? Nur, dass du’s weißt, sie hat eine ziemlich miese Woche hinter sich, und man kann ihr keinen Vorwurf daraus machen, wenn sie durchdreht. Genau genommen haben wir alle einen miesen Tag hinter uns, und ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du nicht zu grob mit dem Doc umspringen würdest.«
Maggie versteifte sich. Ich schaute sie ruhig an und wartete ab, auf welche Art der Damm brechen würde: mit einer tosenden Flut oder einem bedrohlichen Rinnsal.
Schließlich sackten ihre Schultern nach unten, und sie sagte: »Mahir hat Daves letzte Post zurückgehalten, aber er hat mir eine Kopie zugeschickt und mir mitgeteilt, dass ihr zu mir unterwegs wärt. Deshalb habe ich die andern nach Hause geschickt.«
»Das war eine gute Idee«, sagte ich neutral.
»Ich hatte keine Gelegenheit, mich zu verabschieden, Shaun.« Maggie schüttelte den Kopf. »Das war nicht richtig. Ich hätte die Gelegenheit haben müssen, ihm zu sagen … ich hätte dort sein sollen.«
Mit dieser Art von Kummer komme ich klar. Traurigerweise ist diese Art von Kummer mein Leben, weil es nämlich nicht reicht, sich bloß zu verabschieden. Es gibt immer etwas, was man noch hätte sagen, tun oder fragen sollen, wofür man keine Zeit mehr hatte. Es gibt immer ein fehlendes Puzzleteil.
Ich legte meine Gabel beiseite, stand auf und ging zu Maggie. Auf dem Weg schob ich mit dem Fuß vorsichtig Hunde beiseite. Sie schaute mich an. Ich nickte einmal und nahm sie in die Arme. Die Anspannung in ihren Schultern war deutlich zu spüren. »Ich behaupte jetzt nicht, dass alles gut wird, weil nämlich nicht alles gut wird«, sagte ich. »Ich behaupte nicht, dass ich verstehe, was du durchmachst, weil niemand außer dir das verstehen kann, und ich behaupte nicht, dass wir hier sind, um dir zu helfen. Das sind wir nicht. Wir sind hier, um unsere Ärsche in Sicherheit zu bringen und um verdammt noch mal rauszukriegen, was läuft. Aber eins kann ich dir sagen: Dave hat seine Entscheidung getroffen, und man wird ihn an der Mauer unter den Helden verewigen. Dort wird er bleiben, weil er nämlich das Richtige getan hat. Ich schätze, dafür kann ich ihm nicht allzu böse sein. George hätte ihn nicht eingestellt, wenn sie nicht der Meinung gewesen wäre, dass er dazu in der Lage sei, schwere Entscheidungen zu treffen, und ich hätte ihn
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