Deadline - Toedliche Wahrheit
andere Wahl. »Ich schätze, wir können etwa drei bis vier Tage lang so tun, als wären wir draußen im Feld, ehe wir uns einen neuen Unterschlupf suchen müssen.«
»Sei kein Idiot!« Ihr scharfer Tonfall überraschte mich. Ich blinzelte. Sie zog ihren durchgescheuerten Frotteebademantel fester um ihre Schultern, als böte er ihr irgendeinen Schutz, und starrte mich finster an. »Ihr bleibt hier. Meine Sicherheitssysteme können eure Übertragungen umleiten, wohin ihr wollt.«
»Maggie … «
»Wage es nicht, mir zu erzählen, dass es zu gefährlich wäre, Shaun Mason! Wage es nicht!« Sie stolzierte zum nächsten Polstersessel und ließ sich mit angezogenen Beinen darin nieder. Sie fixierte mich und wirkte ein bisschen wie eine fauchende Katze. »Ich war noch nie in meinem Leben außer Gefahr. Ich habe nicht vor, das jetzt zu ändern.«
»Das kannst du mir nicht erzählen«, wandte ich ein. »Ich habe schließlich dein Sicherheitssystem gesehen.«
Maggies volles, helles Lachen kam überraschend. »Eines Tages werde ich genug Geld erben, um ein kleines Land zu kaufen. Sonst gibt es niemanden, dem meine Eltern es hinterlassen könnten. Es hat seine Gründe, dass ich mitten im Nirgendwo lebe und mich mit Reportern umgebe. Hast du eine Ahnung, wie gut die Sicherheitsvorkehrungen hier tatsächlich sind? Wenn ich schreie, kommt jemand. Hier kann man keinen Ausbruch vortäuschen, ohne dass man den Betrug sofort erkennen würde. Solange nicht die Toten noch einmal in Massen erwachen … «
»Was glücklicherweise nicht besonders wahrscheinlich ist.«
»Genau. Wenn ihr von hier weggeht, seid ihr nicht mehr sicher.«
Ich musterte sie nachdenklich. »Einen hübschen Käfig hast du hier.«
»Danke!« Sie lächelte schmallippig. »Das Essen ist auch ziemlich gut, aber die Gesellschaft ist echt das Letzte.«
»Wir geben uns alle Mühe.« Ich seufzte. »Das Ganze tut mir wirklich leid.«
»Muss es nicht. Schlaf einfach ein bisschen.« Maggie warf sich ihren beinahe hüftlangen Zopf über die Schulter und zupfte an den Fransen am Ende. »Du hattest einen langen Tag.«
»Ja, stimmt. Was man im Rückspiegel sieht, wird nicht unbedingt kleiner, nur weil es weiter weg ist.« Ich hielt eine der Mappen aus Kellys Aktentasche hoch. »Ich versuche nur, mir einen Reim auf diesen ganzen Mist zu machen, solange hier alles friedlich ist. Wird wahrscheinlich nicht besonders lange so bleiben.«
»Wie immer halt«, stimmte Maggie mir zu. »Wie schlimm ist es?«
»Auf einer Skala von eins bis Scheiße, wir werden alle sterben?« Ich klappte die Mappe auf und las vor: »Angesichts des Mutationsrisikos lässt sich die Theorie, dass es sich bei den Reservoirkrankheiten um die nächste Entwicklungsstufe von Kellis-Amberlee handelt, nicht ignorieren. Es wäre sträflich nachlässig, die Möglichkeiten und Gefahren zu übersehen, die eine solche Entwicklung mit sich bringen könnte.« Ohne aufzublicken, klappte ich die Mappe wieder zu. »Was zum Teufel soll das bitte heißen? Jemand bringt Leute mit Reservoirkrankheiten um. Im Gegensatz zu allem anderen lügen die Zahlen nicht. Aber was hat es zu bedeuten ?«
»Ich schätze, es bedeutet, dass wir eine Menge Arbeit vor uns haben.«
»Ja.« Ich warf einen Blick auf den Flur. »Schlafen die anderen?«
»Ja. Ein paar von ihnen haben vielleicht chemische Hilfe dafür in Anspruch genommen, aber wenn es funktioniert … «
»Gut.«
Maggie hatte die Gästezimmer vorbereitet, während wir noch unterwegs gewesen waren, und ihren Kummer lange genug hinuntergeschluckt, um frisches Bettzeug und Handtücher rauszulegen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie es als eine Art Ritual aufgefasst hat: Wenn sie die Zimmer für uns vorbereitete, würden wir lebendig auftauchen. Als es Schlafenszeit gewesen war, hatte sie sich dafür entschuldigt, dass sie nur drei Gästezimmer hatte. Die anderen beiden hatte sie zu einem Heimkino und einem Studierzimmer umgebaut. Als ob man sich dafür entschuldigen müsste, ein Haus mit nur sechs Schlafzimmern zu haben. George und ich sind in einem Haus mit dreien aufgewachsen, und die von uns beiden waren so miteinander verbunden, dass es sich praktisch um einen Raum gehandelt hatte. Mit drei Gästezimmern gab es jeweils eins für Alaric, Becks und den Doc. Ich schlief nicht zum ersten Mal auf dem Sofa. Das machte mir nichts aus.
Außerdem wollte ich die Zahlen so lange anstarren, bis sie einen Sinn ergaben. Nach über zwei Stunden war ich der Lösung immer noch nicht
Weitere Kostenlose Bücher