Deadline - Toedliche Wahrheit
nicht behalten, wenn sie damit unrecht gehabt hätte.«
Maggie drückte ihr Gesicht an meine Schulter. »Ich glaube, ich habe ihn geliebt«, sagte Maggie so leise, dass die Worte fast erstickt wurden.
Ich seufzte schwer und schaute über ihren Kopf hinweg zu den anderen. Becks und Alaric hatten kaum Zeit gehabt, über das Schlimmste hinwegzukommen, nachdem wir Buffy und George verloren hatten. Ich konnte gerade mal eben vortäuschen, dass ich zurechtkam. Und jetzt ging alles von vorne los. Die Verschwörungstheorien, die konfuse Beweislage, die Todesfälle, der ganze verdammte Scheiß.
Das Schlimmste daran war, dass ich tief in meinem Innern, in dem Teil von mir, den nur George zu Gesicht bekam, glücklich war. Wenn nämlich all der alte Scheiß wieder losging, bedeutete das, dass wir wieder am Ball waren. Dass wir uns einer Antwort auf die Frage näherten, die mir den Schlaf raubte und mich wahrscheinlich auch davon abhielt, mich umzubringen:
Wer hat meine Schwester wirklich auf dem Gewissen?
Kelly schaute mir in die Augen und wandte dann mit schuldbewusster Miene den Blick ab. Ich würde mit ihr darüber reden müssen. Es war nicht ihre Schuld, ebenso wenig wie es die von mir oder Alaric oder Maggie war. Sie war ein Opfer, genau wie der Rest von uns. Niemand hatte etwas falsch gemacht. Aber darum konnte ich mich auch noch morgen kümmern, nachdem wir geschlafen und Mahir mitgeteilt hatten, dass wir noch lebten, und uns Kellys Datenmaterial genauer angesehen hatten.
»Ich glaube, wir alle haben ihn zumindest ein bisschen geliebt«, sagte ich absolut ernst, in der heimelig riechenden Küche, umgeben vom Rest meiner Truppe, und mit der weinenden Maggie im Arm.
Scheiß auf dich, David Novakowski! Scheiß auf deinen Edelmut und deine Güte und deine Ernsthaftigkeit, wegen der du dort in diesem verdammten Gebäude zurückgeblieben bist, und scheiß auf deine letzte Nachricht, und scheiß verdammt noch mal darauf, dass du so lange gebraucht hast, um das Maul aufzukriegen! Du Trottel. Du blöder, blöder Trottel.
Ich habe dich so geliebt, du Trottel.
Ich kann das nicht veröffentlichen. Ich will es, aber ich kann es nicht. Trotzdem hilft es mir, es hinzuschreiben, weil wir nun mal genau das machen: Sachen hinschreiben. Sie sind auf dem Weg hierher – es muss so sein, denn wenn sie das nicht sind … Darüber will ich nicht nachdenken. Das Haus kommt mir so leer vor. Himmel!
Aus Geliebte Pusteblume , dem Blog von Magdalene Grace Garcia, 12. April2041 , unveröffentlicht.
Es tut mir leid, meine Lieben, aber heute Abend schaff ich’s nicht zum Chat. Ich weiß, ich hab’s versprochen, und es tut mir leid, aber Tante Maggie hat Kopfschmerzen und muss ein Nickerchen machen. Morgen bin ich wieder normal auf Sendung. Seid brav. Seid lieb zueinander. Und wenn ihr jemanden liebt, sagt es ihm. Die Welt kann immer noch ein bisschen Liebe gebrauchen.
Aus Geliebte Pusteblume , dem Blog von Magdalene Grace Garcia, 12. April 2041.
7
»Shaun?«
Ich hob den Kopf, während ich mir mit einer Hand die Schläfe rieb, um den Kopfschmerz, der sich dort zusammenbraute, frühzeitig zurückzudrängen. Als die anderen im Haus zu Bett gegangen waren, hatte ich zwar die meisten Lichter ausgemacht, aber selbst weitergelesen. Vielleicht war das keine so gute Idee gewesen. »Ich bin hier, Maggie.« Ich saß im Wohnzimmer auf dem Boden, mit dem Rücken am Sofa. Ich saß schon so lange dort, dass ich mir nicht mehr sicher war, ob ich noch stehen konnte.
Ohne einen Fehltritt überquerte Maggie den dunklen Flur bis zur Wohnzimmertür. Es war bewundernswert, wie genau sie wusste, wo sich alles befand. Ich hätte den Weg durch den Flur nicht gefunden, ohne mich dabei mehrmals ernsthaft zu stoßen. »Wie geht es Mahir?«
»Er ist erleichtert, dass wir noch leben. Er sendet altes Videomaterial, das George und ich bei unserem letzten Ausflug nach Santa Cruz aufgenommen haben. Wenn er die Datumsangaben entfernt, kann er es wohl so aussehen lassen, als wären wir alle unterwegs gewesen und hätten unseren Spaß mit den Infizierten gehabt, während unser Haus in die Luft geflogen ist.«
Maggie schluckte. »Und Dave?«
»Ist dort geblieben, um sich um die Server zu kümmern. Wir vermuten, dass die Aufräumarbeiten in Oakland morgen früh abgeschlossen werden. Man wird seine Familie benachrichtigen, und wir machen es dann bekannt, sobald sie sich mit uns in Verbindung gesetzt haben.« Es war herzlos. Es war unverzeihlich. Und wir hatten keine
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