Deadline - Toedliche Wahrheit
ausgezogen hatte. Das warf die unangenehme und mit einem Mal wichtige Frage auf, ob ich Hosen anhatte. »Kelly hat uns noch mehr zu erzählen, und das wird sie auch. Wir müssen ihr nur etwas Zeit lassen, damit ihr klar wird, dass sie gar keine andere Wahl hat.«
»Das gefällt mir nicht.«
»Das ist auch nicht nötig. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Dr. Wynne nicht traue, aber ich muss trotzdem zugeben, dass er ein verdammt guter Mediziner ist, und sie hat mit ihm zusammengearbeitet. Vielleicht ist sie nicht der effektivste Datenübertragungsmechanismus, den man sich denken kann. Aber trotzdem hat sie eine Menge riskiert, um hierherzukommen und uns weiterzuhelfen. Und sie ist so gut wie tot. Sie hat nichts zu verlieren. Das macht sie zu einer verdammt guten Verbündeten.«
»Es macht sie auch zu einem verdammt großen Selbstmordrisiko.« Becks stand auf und nahm ihr Waffenzubehör an sich. »Wie lange brauchst du, um dich fertig zu machen?«
»Gib mir zwanzig Minuten, um zu duschen und so weiter. Wir wollen schließlich, dass man uns bei der Seuchenschutzbehörde reinlässt, oder?« Ich bedachte sie mit meinem besten Kameralächeln. Becks verdrehte die Augen. Sie wirkte nicht gerade beeindruckt. Stampfenden Schritts verließ sie das Zimmer.
Die Tür knallte hinter ihr zu. Ich zog die Laken weg und stellte erleichtert fest, dass es mir gelungen war, über Nacht nicht auch noch die Jeans auszuziehen. Ein Striptease vor Kollegen gehörte nicht unbedingt zu meinen geheimen Wünschen.
Das Hotel mochte schäbig sein, verfügte aber doch immerhin über eine komplette Dekontaminierungsduscheinrichtung samt einer dazugehörigen Kleider-Sterilisierungseinheit für Leute, die nicht ausreichend Klamotten für die Arbeit im Feld dabeihatten. Es war ein netter Service, auch wenn er wahrscheinlich nicht allzu oft genutzt wurde. Ich zog mich aus, stopfte meine Kleider in den Sterilisator, ging unter die Dusche und schaltete die Desinfektion ein. Das Wasser ging mit an, und ich wurde mit einer erhitzten Mischung keimtötender Chemikalien und chlorhaltiger Antiseptika besprüht und mit etwas, das nach billigem Zitrus-Kloreiniger roch. Ich schloss fest die Augen und fing an, mich zu schrubben.
Die in einer Durchschnittsdusche enthaltene Menge an Bleichmitteln ist der Grund dafür, dass blonde Strähnen mittlerweile so verbreitet sind. Manchen Leuten verheißen sie Sicherheit – »Sieh mal, ich habe mich so oft dekontaminiert, dass mein Haar seine natürliche Farbe verloren hat.« George hat das immer gehasst. Sie hat ihr Haar mindestens zweimal im Monat nachgefärbt, damit es dunkelbraun blieb, und knurrte jeden an, der das als »typisches Frauenverhalten« bezeichnete. Ich mochte den Geruch ihres Färbemittels immer, er war zugleich beißend und süß gewesen. Ziemlich genau wie George.
Die Dusche beendete den Dekontaminierungszyklus, ein paar Sekunden nachdem der Kleidersterilisator gepiept hatte, um zu signalisieren, dass ich meine Sachen wieder gefahrlos unter Menschen tragen konnte. Ich trocknete mich ab, zog mich an und kehrte ins Schlafzimmer zurück, wo Alaric in einer seltsamen und unbeabsichtigten Nachahmung von Becks auf mich wartete.
»Bist du zum Aufbruch bereit?«, fragte er.
»Bist du zum Hierbleiben bereit?«, erwiderte ich.
Zu meiner Überraschung schüttelte er den Kopf und sagte: »Nein. Maggie und ich haben darüber geredet, und wir wollen mit dem Wagen – und dem Doc – zurück zu ihr nach Hause, während du beim Seuchenschutz bist.«
»Wieso?«, fragte ich, während ich meinen Laptop abschaltete und einpackte.
»Maggie wird langsam nervös, weil sie schon so lange von zu Hause weg ist, und ich wäre lieber nicht in der Stadt, wenn du deinen Ausflug machst.« Alaric zuckte mit den Schultern. »Vielleicht leide ich ja unter Verfolgungswahn, aber wenn die Sache schiefgeht, will ich nicht, dass sich Dr. Connolly so nah bei einer Einrichtung der Seuchenschutzbehörde aufhält.«
»Hast du Angst, dass sie bei denen abtaucht? Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Zug abgefahren ist.«
»Ich habe Angst, dass man kommt und sie uns wegnimmt.«
Ich war gerade dabei gewesen, den Reißverschluss meiner Laptoptasche zuzuziehen, doch nun erstarrte ich. »Scheiße! Daran habe ich überhaupt nicht gedacht. Glaubst du wirklich, das Risiko besteht noch, obwohl wir ihre erste Identität verbrannt haben?«
»Das hängt davon ab, ob sie als Köder hier ist, um uns in die Gefahr zu locken, oder ob sie wirklich
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