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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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auch.«
    Charley überlegte. »Manche sterben besser als andere«, meinte er.
    Handsome begann zu weinen. »Ja, und manche sterben auch leiser«, konterte Boone.
    »Holt mir einen Knochensäger«, sagte Handsome und wurde ohnmächtig.
    Lurline starrte Charley an. »Da«, sagte sie, »siehst du, was du gemacht hast? Du hast ihn umgebracht.«
    Es war drei Uhr morgens, als Charley Dr. O.E. Sick aus dem Bett holte. Er weckte ihn nur äußerst ungern zu dieser späten Stunde, denn der Mann war nett zum Flaschenfreund gewesen, aber genau aus diesem Grund versuchte Charley auch bei ihm sein Glück und nicht bei einem anderen. Es war keine Welt, in der die Netten belohnt wurden.
    Dr. O.E. Sick war alt. Er nahm die Geschichte, die Charley ihm erzählte, und drehte und wendete sie in seinem Kopf, als müsste er sie da drinnen ins Gleichgewicht bringen. »Der Mann hat einen Schuss in den linken Unterschenkel bekommen«, sagte er auf dem Weg ins
Gem
, »und er ist bewusstlos?«
    »War er, als ich ging, ja«, antwortete Charley.
    »Und es war nur das Bein. Sie sind ganz sicher …«
    »Ich war dabei.«
    Dr. O.E. Sick hatte sich das Nachthemd in die Hose gestopft und die Hose in seine Stiefel. Alles, was von seinem Hals nach unten kleckerte, würde zwangsläufig auf seinen Füßen landen. »Jeder will ein Revolverheld sein«, sagte er. »Peng-peng!«
    Charley blieb stehen. »In meinem ganzen Leben habe ich noch nie auf einen Menschen geschossen, geschweige denn, es mir gewünscht«, sagte er, »aber es war, unter den gegebenen Umständen, eine ausgesprochen christliche Tat, ihm keine Kugel in den Kopf zu jagen.«
    »Ja, ja, die Christlichkeit«, sagte der Doktor.
    Sie gingen stumm weiter, während der Doktor seine Gedanken ins Gleichgewicht brachte. »Könnte er tot sein?« fragte er nach einer Weile.
    »Nein.«
    Sie gingen weiter in die Badlands. »Es würde mir gar nicht gefallen, wenn er tot wäre«, sagte der Doktor.
    »Mir würde das auch nicht gefallen«, sagte Charley. »Deshalb hab ich Sie ja auch geholt.«
    Der Doktor schien ihn nicht gehört zu haben. »Heute Morgen sind sie ganz früh gekommen und haben mich zu Prediger Smith geholt«, sagte er. »Bei Tagesanbruch haben sie mich geweckt, damit ich drei Meilen reite und mir die Arbeit der Indianer ansehe. Vierzig Mal haben die auf ihn geschossen. Ich habe die gefragt: ›Was glaubt ihr denn, was ein Doktor macht, Löcher stopfen?‹ Da waren mehr Löcher als Prediger.«
    Charley brauchte einen Moment, bis er sich an den Prediger erinnerte, wie er da auf seiner Kiste stand, mitten auf der Main Street, und den Herrn um Schutz anrief, während er selbst im Planwagen saß und sich Sorgen um den Jungen machte.
    Charley fragte sich, wie es kam, dass Geistliche die Wege des Herrn immerzu missverstanden. Wenn man Schutz haben wollte, dann musste man um Geld oder Liebe bitten, und Er schenkte einem stattdessen Schutz. Gebete sind ein Musterbeispiel für diese Irreführung, aber kein Einziger der Methodisten, denen Charley je begegnet war, war aufmerksam genug, um das zu bemerken, und verbrachte sein Leben mit falschen Gebeten.
    »Die Jungs, die mich geholt haben, fanden es nett von den Indianern, dass sie den Prediger nicht verstümmelt hatten«, sagte der Doktor. Er schüttelte den Kopf und stapfte weiter durch den Matsch. »So was hört man jetzt schon eine ganze Weile«, brummte er. »
Wenigstens haben sie ihn nicht verstümmelt.
«
    »Tja«, sagte Charley, »das ist doch schon mal was.«
    Der Doktor sah ihn an. »Ich hoffe, dieser Mann ist nicht tot«, sagte er. »Ich bin zu alt dafür, dass ich aus dem Bett steige, nur um mir Leichen anzusehen. Davon hab ich mehr als genug gesehen, ich warte lieber meine Sprechstunde ab, um mir die nächste anzusehen.«
    »Er hat noch geredet, bis er ohnmächtig geworden ist«, sagte Charley, der jetzt anfing, sich Sorgen zu machen.
    »Zusammenhängend?« fragte der Doktor.
    »Verdammt, ja, er konnte hören«, sagte Charley. »Ich hab ihm ja nicht in die Ohren geschossen.«
    Sie sahen sich an – die beiden klügsten aller wachen Männer in den Black Hills –, und jeder fragte sich, worüber er da jetzt gerade gestolpert war. Der Doktor hatte die Theorie, dass Schwachsinn durch das Klima verursacht wurde, und bevor sie das
Gem
erreichten, fragte er Charley: »Der Schneesturm dieses Jahr im April hat Sie draußen erwischt, stimmt’s?«
    Handsome Banjo Dick Brown hatte das Bewusstsein wiedererlangt und lag nun auf Lurlines Bett. Er war

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