Deadwood - Dexter, P: Deadwood
ein Geheimnis für sich behalten.«
Dann öffnete er leise die Tür zu ihrem Zimmer und fand sie unter Boone May im Bett liegen. Charley erkannte den Kopf an seiner Größe, noch bevor er sich umdrehte und gleichzeitig ihn und die Decke anstarrte. Boone May glotzte, und dann glotzte auch Lurline.
Charley rührte sich nicht, Handsome Dick stöhnte.
Es waren Charley und der Whiskey, die zuerst sprachen. »Der äußeren Erscheinung nach«, sagte er, »sieht es langsam so aus, als könnte dich jeder rumkriegen, Lurline.«
Boone sah von Charley zu Lurline. »Hast du dich etwa mit dem Schnösel eingelassen?« fragte er.
»Der ist kein Schnösel«, sagte sie. »Der ist intelligent.«
»Danke«, sagte Charley.
»Und was macht er gerade?« fragte Boone.
»Keine Ahnung«, antwortete sie.
»Tja«, sagte Boone zu Lurline, »dann sollte er es lieber woanders machen. In solchen Situationen werden Leute gerne mal erschossen.«
Handsome Dick stöhnte und ließ sich auf einen Stuhl sacken. »Was hat der denn?« fragte Boone Lurline. Er hatte immer noch kein Wort an Charley gerichtet.
»Keine Ahnung«, antwortete sie.
»Schießen«, sagte Charley, »ist im Moment kein gutes Thema.«
Handsome umklammerte sein Bein und fing an, sich vor und zurück zu wiegen. »Es wird wieder schlimmer«, sagte er.
»Was hast du mit ihm gemacht?« fragte Lurline. Sie setzte sich auf, löste sich von Boone May und starrte Charley an, als wäre Handsome ein Blutsverwandter von ihr.
Charley sah zur Decke auf und fragte sich, ob Boone May wegen seines Auges mehr über Zimmerdecken wusste als sonst jemand auf der Welt. »Für mich und diesen Sänger hier«, sagte er, »stand der Tag unter keinem guten Stern.«
»Hast du auf ihn geschossen?« fragte sie. Charley kratzte sich am Hals und überlegte, wie er es erklären sollte. »Du warst es, stimmt’s?« Und sie stieg nackt aus dem Bett, um sich Handsomes Bein anzusehen.
»Es ist in Chinatown passiert«, sagte Charley.
Boone setzte sich auf und fing an, sich unter der Bettdecke anzuziehen. Wo er plötzlich so höflich war, fiel Charley ein, dass Boone möglicherweise ebenfalls angeschossen werden musste, nachdem er sich angezogen hatte.
»Ich riech’s an dir«, sagte sie. »Mir muss keiner erzählen, er war in Chinatown. Da riecht’s an jeder gottverdammten Ecke nach Büffelfell.«
»Tja, da ist es jedenfalls passiert, aber wegen seiner Karriere hat Handsome mich gebeten, ihn hierher zu bringen, bevor ich den Doktor hole. Hier hat ja auch alles angefangen, irgendwie.«
»Was habt ihr beiden in Chinatown gemacht?« fragte sie.
»Ich war’s nicht«, sagte Handsome. »Ich bin dem da nur dorthin gefolgt, weil ich ihm ja noch was schuldig war.« Lurline starrte Charley an, bis er sich fühlte, als hätte er selbst keine Kleider an.
»Früher warst du mal sauber«, sagte sie. »Als Nächstes höre ich wahrscheinlich, dass du deinen Pimmel in so einer schlitzäugigen Muschi stecken hast.«
Charley deutete mit dem Kopf aufs Bett, wo Boone immer noch mit dem Versuch beschäftigt war, seine Füße in das richtige Bein seiner langen Unterhose zu bekommen. »Du willst mir Vorträge über Sauberkeit halten? Der da ist doch das letzte Mal nass geworden, als er sich noch nachts eingepisst hat.«
Boone schien das nicht gehört zu haben, was Charley, bei genauerer Überlegung, ganz recht war. Einen wie Boone May reizte man lieber nicht, nachdem man sich bereits verausgabt hatte, indem man einen angeschossenen Sänger aus Chinatown herausgetragen hatte. Lurline sagte: »Du lässt ihn aber nicht hier.«
Handsome stöhnte. »Es ist schrecklich«, sagte er und meinte sein Bein.
»Hier habe ich ihn gefunden«, sagte Charley, »und hierher habe ich ihn zurückgebracht. Jetzt gehe ich einen Doktor holen, der ihm ein bisschen Morphium verabreicht, bevor er uns hier noch krepiert.«
Lurline bedachte ihn mit einem langen Blick. »Er hat mir besser gefallen, bevor du ihn angeschossen hast«, sagte sie zu Charley. »Er benimmt sich gar nicht mehr wie ein berühmter Mann.«
Boone hatte es inzwischen in seine Unterwäsche geschafft und knöpfte sie vorne zu. Er stand jetzt barfuß neben dem Bett und nahm dabei den halben Raum ein. »Es gibt keinen, der berühmt ist«, sagte er zu ihr und stieg in seine Hose. »Nicht so, wie du dir das vorstellst.«
»Zum Teufel, die gibt es sehr wohl!« rief sie.
Boone sah Charley an. »Sag’s ihr, Schnuckel. Von wegen berühmt. Die sterben wie jeder andere
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