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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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hängen blieb, die seine Schulter festhielt. »Ich werde deine Lieblichkeit schmecken«, sagte er.
    Lurline lächelte ihn an und warf dann Charley einen Blick zu. »Du kannst ihm seine Leidenschaft nicht vorwerfen«, sagte sie. »Er ist nicht zurechnungsfähig.«
    Dr. O.E. Sick fand ein Streichholz in seiner Hosentasche und riss es an einem der Bettpfosten an. Handsomes Blick wanderte von Lurlines Lieblichkeit zu dem angerissenen Streichholz. Aber es war zu spät. Als Handsome sein Augenmerk endlich auf das richtete, was der Doktor gerade tat, befand sich das Streichholz bereits am Pulver. Es gab ein leises Geräusch, als es zündete, als würde jemand eine Kerze ausblasen, und dann qualmte das Bein auch schon.
    Der Doktor hatte das Bein versorgt, vorne und hinten, bevor es Handsomes Zartgefühl erwischte. Als es dann so weit war, schrie er und bäumte sich auf, doch er hatte nicht einen Muskel im Leib, und sie konnten ihn festhalten. Dr. Sick wartete fünf Sekunden, dann wickelte er den rauchenden Teil von Handsomes Bein in das Handtuch. Es schien den Schmerz nicht zu stillen, und in jedem von Handsomes Schreien lag ein Staunen.
    Dr. Sick sah wieder in seine Tasche und fand eine Pinzette. Mit ihr und dem Messer warf er einen näheren Blick in das Loch, wo die Kugel das Bein verlassen hatte. Er fand zwei Knochensplitter, die er entfernte und auf den Boden neben dem Bett fallen ließ. Handsome wurde ohnmächtig.
    Charley fühlte sich benommen, wie ausgetrocknet. Als der Arzt innehielt, um seine Arbeit zu begutachten, meinte Charley: »Ich glaube, ich genehmige mir jetzt einen Drink, es sei denn, Sie glauben, dass er gleich gesteht …«
    Der Doktor beachtete ihn nicht. Er legte einen Verband an, zog dann das Bein gerade und baute Handsome aus dem Stuhl, den Charley zerbrochen hatte, als sie miteinander gekämpft hatten, eine Schiene. Das Bein umwickelte er mit Draht, den er in seiner Tasche gefunden hatte.
    Dann zog er ein kleines Fläschchen Morphium hervor und gab es Lurline. »Verabreichen Sie ihm das nicht mehr als drei, vier Mal täglich.«
    »Er bleibt nicht hier«, sagte sie.
    »Er ist nicht transportfähig«, erwiderte der Doktor.
    »Den Teufel ist er«, schimpfte sie. »Er muss hier verschwinden, damit ich meinen Geschäften nachgehen kann.«
    Der Doktor sah sie an. »Man hat mir gesagt, Sie wären Musikerin.«
    »Bin ich auch«, sagte sie. »Scheiße, auch Sänger müssen mal schlafen.« Handsome stöhnte und bewegte sich.
    »Wenn der Verband anfängt zu stinken«, sagte der Doktor, »kommen Sie mich holen, damit ich ihn wechsle.« Er sah Lurline mitfühlend an. »Sie könnten diesem Mann sein Bein retten, Miss«, sagte er.
    »Wieso kann er nicht bei Charley bleiben?« fragte sie. »Er ist doch derjenige, der auf ihn geschossen hat.«
    Dann stand Charley auf, selbst ganz steif in den Beinen. Er bedankte sich bei dem Doktor, der ihn nicht beachtete. »Wenn er stirbt«, sagte er zu Charley, ohne auch nur eine Sekunde die Augen von Lurline zu nehmen, »werde ich Ihnen die Rechnung schicken.«
    Charley lächelte Lurline an und stolperte aus der Tür. Als er die Straße erreichte, blieb er stehen und sah noch einmal zu Lurlines Fenster hinauf. Das Licht ging aus, aber Dr. O.E. Sick blieb. Charley wartete fünf Minuten im Matsch, um sicher zu sein.
    Lurline war süß, aber sie brach einem das Herz, wenn man es zuließ.
    Charley ging durch den Matsch und fühlte sich müde. Zu müde, um nach Chinatown zurückzukehren. Er ging an der Wall Street vorbei, die dorthin führte, aber dann dachte er daran, allein zu Bett zu gehen, und auch dazu war er – auf eine andere Art – zu müde.
    Also machte er kehrt und ging die Wall Street hinunter zum Theater. Von außen war alles dunkel, nirgendwo brannte ein Licht. Charley ging durch den Vordereingang hinein. Im Erdgeschoss gab es keine Fenster. Wenn er es sich recht überlegte, hatten die Chinesen ohnehin keine Verwendung für Fenster. Er ging langsam durch das Theater, stieß dabei gegen Stühle und das Klavier, Dinge, die er vor sich gespürt hätte, wäre er nüchtern gewesen.
    Er fand die Treppe und ging hinauf. Irgendwo, weit weg, schnarchte eine Frau. Das Zimmer von China Doll war das dritte auf der linken Seite, zur Straße hin. Es besaß eines der zwei Fenster, die es in dem Gebäude gab. Charley ließ seine Finger über die Wand streichen, zählte die Türen. Bei der dritten waren seine Finger feucht, als er sie fortnahm. Er blieb stehen, regungslos, betrunken,

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