Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
Vom Netzwerk:
jede Woche aufs Neue von den Toten. Der Herausgeber nannte ihn einen
Prachtkerl aus Kansas
und proklamierte einen »Kreuzzug, um Abilene und den Staat Kansas von Wild Bill und sonstigem Volk seiner Couleur zu befreien«. Das war der genaue Wortlaut, denn danach nannte Bill ihn eine ganze Weile lang »Couleur«.
    Es war allerdings nicht die Zeitung, die Bill und Charley aus Kansas vertrieb. Es war eine Petition. Sie war an der Rezeption des Hotels, in dem sie wohnten, abgegeben worden. Dreihundertundsechzehn Bewohner forderten Bill mit ihrer Unterschrift auf, die Stadt zu verlassen. Kein Wort der Dankbarkeit darüber, was er getan hatte. Er setzte sich in die Hotelhalle, mit der Liste auf dem Schoß, und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Er las jeden einzelnen Namen – es waren sechs Seiten –, und wenn er mit einer Seite fertig war, reichte er sie Charley, der sie ebenfalls las.
    Es war der schlimmste Rückschlag, den Charley je erlebt hatte. Sie hatten selbst die Frauen unterzeichnen lassen. Bill zuckte die Achseln und lächelte, aber einige der Namen schmerzten ihn. Er dachte, er hätte Freunde in Kansas, doch als er die Namen sah, erkannte er, dass jeder Angst vor ihm hatte.
    Was Wild Bill aus Abilene vertrieb, waren verletzte Gefühle. Diese Sache mit dem Pferd hatte ihn vielleicht auch verletzt, schwer zu sagen. »Das Herz?« fragte er.
    »Er hat nichts gespürt«, antwortete Charley. »Und falls doch, hat er es nicht geglaubt.« Bill fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, in dem Blätter und Zweige von ihrer Rangelei hingen. Er stand auf, klopfte seine Hosenbeine ab und ging den Hügel hinunter in Richtung der Planwagen. Charley wartete einen Moment und folgte ihm dann.
    Al Swearingen hatte ein paar seiner Huren losgeschickt, um Holz zu suchen, und hatte ein größeres Feuer gemacht als nötig. Die Chinesen hatten kleinere Feuer. In den meisten Nächten hatten die Chinamänner ihre Mädchen mit den anderen hinausgelassen, aber nach der Schießerei behielten sie sie dicht bei sich und brüllten sie auf Chinesisch an, wenn sie sich zu weit entfernten. Charley bewunderte ihre Art zu sprechen.
    Sie hatten auch ganz eigene Manieren. Nachdem er sie das erste Mal hatte essen sehen, brauchte er anderthalb Tage, bis er wieder etwas zu sich nehmen konnte. Charley war kein Papierkragen und jedermann westlich von Boston aß mit den Fingern. Er hatte schon mit allen möglichen Menschen zusammen gegessen, einschließlich Indianern, aber er hatte außer den Chinesen noch nie jemanden gesehen, der beim Essen die Finger
in den Mund
steckte, zumindest nicht drei Finger gleichzeitig bis zum zweiten Knöchel.
    Andererseits, wenn fünfzig Chinesen sich täglich anstellten, um ein Bad zu nehmen, kam immer derselbe Chinamann als Erster ins Wasser, dann immer der derselbe zweite, und so weiter, bis Nummer fünfzig. Sie hatten eine besondere Art, alles zu regeln, und für alles eine Ordnung, und Charley vermutete, dass das auch eine Form von Manieren war.
    Auf diese Art landeten ihre Wagen immer am selben Ort. Sie rückten jeden Abend hinter den Amerikanern ein, fuhren ein Stück weiter und blieben dann unter sich. Der oberste Chinamann hatte die jüngsten Mädchen, aber wenn man ehrlich war, gab es keinen Grund, eine der anderen vorzuziehen. Reizlos waren sie allesamt. Obwohl es eine gab, die der Chinamann für sich behielt.
    Sie fuhr allein hinten in seinem Wagen mit, und niemand bekam sie zu Gesicht, außer nachts, wenn er sie rausließ. Nur für ein paar Minuten. Er blieb stets an ihrer Seite und ließ niemanden an sie heran, weswegen man vielleicht mal sah, wie sie in den Wagen kletterte oder ihn verließ, oder aber sie trippelte abseits des Lagerfeuers neben dem Chinamann her, ein Gesicht wie eine ägyptische Statue, aber man kam nie dicht genug heran, um zu sehen, wie es aussah. Charley hatte gehört, dass Al Swearingen versucht hatte, sie zu kaufen, aber der Chinamann wollte zu viel Geld.
    Als Charley zurück zum Wagen kam, saß Bill auf dem alten Peerless. Er hatte eine neue Flasche geholt. Der Junge schaufelte anderthalb Meter entfernt ein Grab. Der Boden war nass und schwer – es hatte jeden einzelnen Tag dieses Frühlings geregnet, aber die teuflischen Stürme, die Charley von früher in den Hills kannte, waren ausgeblieben – und der Junge schaufelte den Matsch in einem Tempo, das ihn wahrscheinlich innerhalb der nächsten drei Minuten umbringen würde.
    »Setz dich und schau dir das an«, sagte Bill und klopfte

Weitere Kostenlose Bücher