Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
Vom Netzwerk:
»Man glaubte seiner Behauptung, dass Bill in Abilene seinen Bruder erschossen und geschworen hatte, die ganze Familie zu ermorden.«
    Charley erinnerte sich an Abilene, und ihm wurde flau beim Gedanken an all die Jahre, die seitdem vergangen waren, all die Dinge, die für immer fort waren. »Und wo steckt dieser Racheengel jetzt?« fragte er.
    Der Zeitungsmann hielt immer noch sein Handgelenk. »Er nahm ein Pferd und ritt allein in Richtung Fort Laramie davon«, sagte er. »Jack McCall, so heißt er, aber er ist wegen seines Umgangs mit Katzen bekannt.«
    Charley drehte sich um und ging aus der Tür. Die Beine taten ihm weh, er war müde und schmutzig. »Folgen Sie ihm?« fragte der Zeitungsmann.
    Charley blieb stehen. Er atmete tief durch und wartete, bis er sicher war, sprechen zu können. »Unter diesen Umständen besteht keine Eile, Mr. McCall einzuholen«, sagte er.
    Als Charley ging, hatte der Zeitungsmann seine Verletzung überwunden und schrieb die Worte auf.
    Charley brachte den Wallach in den Mietstall und sagte dem Jungen dort, er solle ihn füttern und bürsten. Das Pferd hielt, was Brick Pomeroy versprochen hatte, und würde laufen, solange man das von ihm wollte. Charley erwog, den Wallach zu behalten, auch wenn er jetzt nicht mehr am Pony-Express interessiert war. Vielleicht würde er das Geschäft seinem Bruder Steve übertragen. Er gab dem Stalljungen fünf Dollar und ging dann zurück zu seinem Camp am Whitewood. Malcolm war verschwunden, im Planwagen waren nur die schmutzigen Laken und der Geruch nach Urin und Whiskey zurückgeblieben.
    Er stand eine Weile vor dem Wagen und dachte daran, wie die Dinge sich änderten. Das Bild des Jungen tauchte in seinen Gedanken auf, dann A. W. Merricks Zeitung, die über die Straße wehte. Auch der Mörder Jack McCall kam und verschwand wieder, schwerelos.
    Charley holte die Matratze aus dem Wagen und zog die Laken ab. Er füllte einen Eimer mit Wasser aus dem Bach und schrubbte den Boden des Wagens sauber. Er brachte die Laken und seine schmutzigen Hemden nach Chinatown in die Wäscherei. Dort gab man ihm frische Kleidung. Ihm wurde schlecht bei dem Geruch von chinesischem Essen und dem Anblick der toten Enten, die an Schnüren aufgereiht vor den Fenstern hingen. Er ging zum Planwagen zurück, um seinen Waschbeutel zu holen, und dann weiter zum Badehaus. Der Flaschenfreund stand wie üblich an seinem Platz neben der Tür, einen Sack Flaschen in der Hand.
    »Heißes Wasser«, sagte Charley und reichte ihm einen Dollar.
    Der Flaschenfreund schien ihn nicht zu erkennen, und Charley fragte sich, ob er mehr Taktgefühl besaß als Leute mit unbehelligtem Hirn. Oder ob er Charley schlicht nicht wiedererkannte.
    Charley saß in der Wanne, während der Schwachkopf das Wasser erhitzte. Nach einiger Zeit begann der Flaschenfreund zu sprechen, und Charley begriff, dass er aus Respekt geschwiegen hatte. »Ich glaub nichts von dem, was ich über Wild Bill gehört hab«, sagte er. »Dass er drüben in Kansas die Familie von diesem Mann erschossen hat.«
    »Bill«, sagte Charley, »hat sechs Männer in Kansas erschossen, darunter Phil Coe und die M’Kandass-Vettern. Niemanden namens McCall, weder in Kansas noch sonst irgendwo.«
    »Ich glaub nichts von dem, was ich gehört hab«, sagte der Flaschenfreund. »Ich hör nur auf mein Herz.« Und wieder fragte sich Charley, ob der Schwachkopf sich an ihn erinnerte. Er saß schweigend da, während sich die Wanne füllte, ein Eimer nach dem anderen.
    »Es gibt Sachen in der Zukunft, über die die Zeitung nicht schreiben kann«, sagte der Flaschenfreund ein paar Minuten später. »Das hab ich Bill genau hier gesagt, und er hat geantwortet: ›Wenn du diesen Mann wiedersiehst, richte ihm aus, es werde demnächst eine billige Beerdigung geben.‹« Der Schwachkopf schüttelte den Kopf. »Ich hab ihn noch nicht gesehen, um ihm das zu sagen. Würde aber auch keinen Unterschied machen, wenn ich’s getan hätte. Wer hört schon auf einen Schwachkopf?«
    Charley schloss die Augen. Er fragte nicht, wer das mit der Waffe gewesen war. Man würde sehen, was aufgedeckt werden würde, jedenfalls ließ es sich nicht beschleunigen, indem man einem Schwachkopf Fragen stellte. Wenn man etwas verstehen will, muss man es im Zusammenhang sehen. So wird manchmal aus Verständnis Liebe.
    Bill.
    »Ich hab mal auf mich selbst geschossen«, sagte der Flaschenfreund. »Ist so ähnlich, wie sich fotografieren zu lassen. Du siehst bunte Blasen, und in einer

Weitere Kostenlose Bücher