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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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weißen Mannes und auch ihre eigene. Sie einzugestehen bedeutete, sie zu nähren.
    Sie wartete, dass er den Raum verließ, aber er blieb. Als sie den Blick wieder ins Zimmer richtete, stand er an die Tür gelehnt. Er trug wieder Jacke, Weste, Hose, Schuhe und hielt seinen Hut in Händen. Es war, als sei er eben erst hereingekommen.
    Wieder fing er an, mit ihr zu reden, ein Schwall schnell gesprochener Worte, der ebenso abrupt endete, wie er begonnen hatte. Die Langnasen kopulierten und sprachen auf dieselbe Art und Weise. Sie kannten nur eine Geschwindigkeit. Sie lauschte den Worten mit züchtig gesenktem Blick. Sie empfand nicht das Bedürfnis, Jammerlappen und Versager zu kränken.
    Als er zu Ende gesprochen hatte, kam er wieder zu ihr. Er kniete sich vor sie und küsste ihre Hände, dann stand er auf – jetzt hatte er Tränen in den Augen, dessen war sie sicher –, verbeugte sich und verließ ihr Zimmer.
    Einen Moment später sah sie ihn auf der Straße auftauchen und seinen Schritt beschleunigen, das Gesicht im Kragen seiner Jacke verborgen. Sie sah ihn einen Block nach Westen gehen und dann links in Richtung Friedhof abbiegen. Die Körperhaltung des weißen Mannes änderte sich, sobald er Chinatown verlassen hatte, sein Gang verlangsamte sich, und wie sie ihm nachblickte, wusste sie, dass er wiederkommen würde.
    Am Freitagnachmittag, einen Tag vor dem Clippinger-Mann, kehrte Charley Utter zurück nach Deadwood. Den Sack mit fünfzig Exemplaren des
Cheyenne Leader
hoch über den Kopf haltend, ritt er durch die Stadt und lieferte sie bei A. W. Merrick in der Redaktion des
Black Hills Pioneer
ab, wo er von Bills Tod erfuhr.
    Von dem Moment an, als er die Nachricht hörte, fühlte er sich, als sei ein Teil von ihm gestorben.
    »Ein ganz gewöhnlicher Betrunkener?« fragte er. Er erinnerte sich, wie er unter der Kiefer gelegen hatte, nachdem er fast ertrunken war, und begriffen hatte, dass Bill unvollkommen war. Jetzt, wo Bill fort war, sah er die andere Seite. Sie hatten einander ausgeglichen.
    A. W. Merrick nickte, erfreut über die Gelegenheit, es noch einmal erzählen zu können. »Bill hatte Asse und Achten«, sagte er, »und der Feigling Jack McCall kam mit gezogenem Revolver von hinten und jagte ihm eine Kugel in den Kopf.«
    Der Zeitungsmann beobachtete Charley, um zu sehen, wie er es aufnahm. »Doc Pierce hat gesagt, er habe nie eine schönere Leiche gesehen, Bills Finger wären wie Marmor gewesen.« Wieder unterbrach er sich, um zu sehen, wie es ankam, bevor er fortfuhr. »Die Kugel riss beim Austritt ein perfektes Kreuz aus seiner Wange.«
    Charley stand vollkommen reglos da, er spürte die Blicke des Zeitungsmannes auf sich, spürte, wie die Worte, die er gesagt hatte, auf all die Jahre seines Lebens einwirkten, ihnen zusetzten, sie veränderten. Ihn veränderten. Nicht nur, was er war, sondern auch, was er gewesen war. Der Zeitungsmann hatte einen Bleistift von seinem Schreibtisch genommen, um Charleys Worte festzuhalten.
    Charley hielt sich zurück. »Was empfinden Sie jetzt?« fragte der Zeitungsmann.
    Charley schüttelte den Kopf. »Ich habe der Zeitung nichts zu sagen«, erwiderte er.
    »Es ist für Bill«, sagte der Zeitungsmann. »Er sollte nicht unbeklagt von dieser Welt in die nächste wechseln.«
    Charley blickte über den Tresen. »Hat jemand seiner Frau geschrieben?« fragte er.
    Der Zeitungsmann notierte das, dann antwortete er, ohne ihn anzusehen. »Es gab Mutmaßungen, dass er gar keine hatte«, sagte er. »Können Sie eine rechtmäßige Eheschließung bestätigen?« Charley griff über den Tresen und nahm A. W. Merrick den Stift aus der Hand. Der Zeitungsmann jaulte auf.
    »Ein ganz gewöhnlicher Betrunkener?« fragte Charley einen Augenblick später erneut.
    »Es ist alles blitzschnell passiert«, sagte der Zeitungsmann und hielt sich dort, wo Charley ihn angefasst hatte, das Handgelenk. »Bevor überhaupt irgendwer merkte, dass es Ärger geben würde. Es war wie ein Blitzschlag oder Hochwasser. Ein Naturereignis.«
    »Es ist kein Naturereignis, wenn einem Mann in den Hinterkopf geschossen wird«, sagte Charley. »Das geschieht von Menschenhand.«
    Merrick zuckte die Achseln und trat einen Schritt zurück. »Ich glaube, Sie haben mir das Handgelenk gebrochen«, sagte er, nachdem Charley einfach nicht zur Kenntnis nahm, dass er sich die Hand hielt.
    »Was ist mit dem Mörder passiert?« fragte Charley.
    »Er wurde im
Gem Theater
vor Gericht gestellt und freigesprochen«, sagte Merrick.

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