Deadwood - Dexter, P: Deadwood
davon steckst du selbst drinnen.«
Dann sah der Flaschenfreund Charley an, und vielleicht auch in ihn hinein. »Machen Sie sich keine Gedanken um Bill, er ist einfach nur mit einer dieser Blasen ab in den Himmel.« Für vielleicht zwei Sekunden gab es eine Verbindung zwischen ihnen, von Gehirn zu Gehirn, die aber so schnell, wie sie aufgetaucht, auch wieder verschwunden war, und der Schwachkopf war wieder ein Schwachkopf. »Essen Sie niemals Gifteier«, sagte er. »Gifteier sind schlimmer als der Strick.«
Charley wusch sich mit Seife und schickte den Flaschenfreund los, zwei rohe Eier zu holen, die er brauchte, um weiches Haar zu bekommen. Wenn Haare derart verfilzt waren, dass man nicht mal mehr mit einem Kamm durchkam, blieb einem nichts anderes übrig, als sie abzuschneiden. Er dachte an Bills Haare, die dünner waren als seine eigenen, und auch weicher. Sie schienen sich im Regen selbst zu reinigen.
Er wartete.
Er stand auf und trocknete sich ab. Er zog ein frisches weißes Hemd an, eine saubere Hose, saubere Socken. Die Chinesen stärkten einfach alles, und die Hose zog sich an wie ein Paar neue Stiefel.
»Ich gehe nicht davon aus, dass Sie jetzt noch mal wiederkommen«, meinte der Flaschenfreund.
»Ich werde wiederkommen.«
»Wenn Sie nicht mehr so traurig sind«, sagte der Flaschenfreund.
»Es gibt Verschiedenes, um das ich mich kümmern muss«, sagte Charley.
Der Flaschenfreund nickte. »Er liegt oben auf dem Boot Hill«, sagte er. »Es ist noch nicht gekennzeichnet, aber es ist das mit den ganzen Blumen drauf.«
Charley gab ihm einen weiteren Dollar und ging zum Friedhof. Er überquerte den Whitewood auf einer kleinen Holzbrücke, die unter seinem Gewicht schwankte, und stieg dann einen der Berge auf der Ostseite der Stadt hinauf. Nach etwa hundert Metern erreichte er den Friedhof, der auf einer natürlichen Lichtung lag. Bei den frischen Gräbern wölbte sich die Erde immer noch knapp einen halben Meter hoch über dem Erdboden. Bei den älteren war die Erde eingesunken, wodurch eine Mulde entstanden war, die so einladend aussah, dass man sich gern selbst dort hineingelegt hätte.
Bills Grab lag am nördlichen Rand des Friedhofs und hatte eine schöne Aussicht auf die Schlucht. Von dort aus hatte er alles im Auge und konnte den anderen da oben berichten, was los war. Charley glaubte, dass ihm die Stelle sicher gefallen hätte. Die Erde war frisch, und an einigen Stellen waren noch die Abdrücke der Spaten zu erkennen, die zum Ausheben benutzt worden waren. An beiden Enden des Grabs wuchsen Wildblumen, und auf einen frisch gefällten Baumstumpf hatte jemand geschrieben:
Ein unerschrockener Mann, das Opfer eines Meuchelmörders
J.B. (Wild Bill) Hickok, 48 Jahre alt
Ermordet von Jack McCall am 2. August 1876
Charley stellte sich vor, wie Bill die Nachricht aufnehmen würde, dass er mit dem Tode ins Greisenalter gekommen war. »Wir hätten niemals in das Kanu steigen dürfen«, sagte er.
Jetzt kamen Kinder den Berg heraufgestürmt, und Charley hielt inne. Es hatte sowieso keinen Wert, mit einem Grab zu reden. Er stand regungslos da und beobachtete sie, vier kleine Mädchen und ihre Mutter. Die Witwe, die ihm Milch für Malcolm verkauft hatte. Er erkannte sie erst, als die Kleinste sich von den anderen löste und mit flatternden Haarbändern zu ihm herübergelaufen kam. Sie hatte kleine Falten an Armen und Beinen, und ihre Wangen wippten auf und ab, wenn ihre Schuhe den Boden berührten.
Er wartete, kurz davor, selbst wegzulaufen. Er glaubte nicht, das jetzt ertragen zu können, eine Witwe und vier kleine Kinder. Das kleine Mädchen hüpfte die letzten Schritte und schnappte sich sein Bein, als wollte sie es aufessen. Als sie ihn umarmte, verstanden die anderen, wer er war, und nun kamen auch sie herüber. Er hob das kleinste Kind hoch, und sofort hingen die anderen an seinen Armen.
Die Witwe kam als Letzte. Sie scheuchte die Mädchen von Charley weg, ließ aber die Kleinste auf seinem Arm. »Unser aufrichtiges Beileid wegen Ihres Freundes«, sagte sie und blickte auf den blonden Scheitel einer ihrer Töchter.
»Danke«, sagte Charley. Das kleine Mädchen fühlte sich schwer und feucht an. »Ich war in Cheyenne …«
»Die Mädchen haben sich schon gefragt, was wohl los sein könnte, Sie sind gar nicht mehr wegen der Milch vorbeigekommen.«
»Dem Jungen geht’s wieder besser«, sagte Charley. »Glaube ich.«
Die Witwe lächelte. »Das ist doch mal eine gute Neuigkeit, stimmt’s?«
»Ja,
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