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Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Deadwood - Dexter, P: Deadwood

Titel: Deadwood - Dexter, P: Deadwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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ihres Vortrags, andere bestellten lautstark Getränke bei den beiden Barkeepern, die Tans Neffen waren. Auch die Neffen trugen die Kleidung der Weißen und saßen manchmal in den Bars der Langnasen, um zu sehen, welche Getränke serviert und wie sie gemacht wurden. Sie wusste, dass sie genauso habgierig waren wie Tan.
    Während sie sang, kletterte einer der Weißen auf die Bühne, verbeugte sich und nahm sie wie zum Tanz in die Arme. Er stank nach Alkohol, wofür sie dankbar war, denn es überdeckte den Geruch nach toten Tieren. Die Langnasen im Theater johlten, und als sie hinabblickte – die Theke befand sich zwischen Zuschauerraum und Bühne –, sah sie, dass einer von Tans Neffen mitjohlte.
    Der weiße Mann war tollpatschig und stark und hob sie von den Füßen. Sie hatte aufgehört zu singen, und jetzt schloss sie die Augen und wartete. Sie spürte, wie er sie wieder absetzte und dabei darauf achtete, ihre Brüste nicht zu berühren. Dann verbeugte er sich abermals, sagte einige Worte in seiner Sprache und verließ die Bühne. Die anderen Langnasen applaudierten, und er schwenkte seinen Hut, um sich erkenntlich zu zeigen.
    Danach folgten andere weiße Männer. Nachdem sie über die Theke auf die Bühne geklettert waren, hob jeder Einzelne von ihnen sie hoch und machte mit ihr in den Armen ein paar Schritte, danach kletterten sie strahlend von der Bühne, während die anderen johlten. Einer trat ihr auf den Fuß, ein anderer beschmutzte ihr Gewand. Die Verbeugungen der Langnasen wurden immer ausgefallener, einer fiel dabei ins Parkett, wo Tans Neffen die Drinks mixten, und brach sich den Arm. Auch das nahmen die Langnasen begeistert auf.
    Nach jeder Unterbrechung fing sie mit einem neuen Lied an. Sie sah Tan an einem der Tische mit einem Weißen sitzen. Dieser hatte kleine Hände und trug eine Weste mit einer Krawatte und einen runden Hut. Seine Nase war selbst für einen Weißen riesig, und sie sah, dass er reich war.
    Tan saß mit ernster Miene da und nickte zu jedem Wort, das aus dem Mund des weißen Mannes kam. Dann sahen sie gemeinsam zu ihr herüber, und da wusste sie, dass er sie verkaufte. Sie schob es beiseite. Es war nicht mehr ihr Körper, nicht mehr ihr Schmerz. Ihr Leben war nichts anderes mehr als ein Werkzeug, und sie wartete darauf, es zu gebrauchen. Bis der Freund von Wild Bill zu ihr kommen würde und sie Song für das gerächt hatte, was sie ihm angetan hatten.
    Als sie fertig war mit Singen, kehrte sie in ihr Zimmer zurück und wartete auf den weißen Mann in Anzug und Weste. Tan brachte ihn bis vor die Tür und verbeugte sich förmlich, als sie auf sein Klopfen öffnete. Auch der weiße Mann verbeugte sich. Seine Nase erinnerte an eine Baumwurzel, etwas Langes, Verästeltes, von dem nur ein Teil den Blicken der anderen ausgesetzt ist.
    »Vielleicht wirst du nicht allen Langnasen gehören, wenn du diesem einen hier gefällst«, sagte Tan. »Er ist sehr reich.« Der weiße Mann hielt seinen Hut in beiden Händen und lächelte. Sie sah, dass es ihm Angst machte, mit wahren Menschen zusammen zu sein.
    »Einer ist dasselbe wie eintausend«, sagte sie. Sie verbeugte sich vor dem Mann – der ihre Sprache natürlich nicht verstand –, erwiderte aber nicht sein Lächeln.
    »Es liegt allein an dir«, sagte Tan. »Du hast dir all diese Unannehmlichkeiten selbst zuzuschreiben.«
    »Es sind keine Unannehmlichkeiten«, sagte sie. »Jetzt lass uns allein, vielleicht wird dieser Hase davonlaufen.«
    »Vielleicht ist dieser Hase ein Hurenbock«, sagte Tan.
    Sie zuckte mit den Achseln. »Einer ist wie der andere«, sagte sie und sah ihm dabei für einen Augenblick offen und respektlos in die Augen. »Wenn du einem beigewohnt hast, hast du Tausenden beigewohnt.«
    Tan verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. Der weiße Mann stand neben der Tür, immer noch mit seinem Hut in den Händen. Sie hatte noch nie einen unbekleideten weißen Mann gesehen, aber die alte Frau hatte erzählt, die Größe ihres Gliedes stünde in direktem Verhältnis zur Größe ihrer Nase. Sie setzte sich aufs Bett und wartete.
    Der weiße Mann blieb, wo er war, verlegen und ängstlich. Sie sah ihn an, um zu erfahren, was er von ihr wollte. »Soll ich mich ausziehen?« fragte sie.
    Der weiße Mann deutete auf sein Ohr, um zu zeigen, dass er nicht verstand. Sie löste die Schärpe ihres Gewandes und ließ es am Oberkörper heruntergleiten. »Soll ich mich ausziehen?« fragte sie erneut.
    Der weiße Mann nickte unsicher und legte seinen

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