Deathbook (German Edition)
Stinkefinger gezeigt.
Astrid Pfeifenberger wollte antworten, doch in diesem Moment begannen die Glocken zu läuten, und der Pastor betrat die Kapelle. Ihm folgten Iris und Heiko, Kathis Eltern. Sie stützten sich gegenseitig, fanden aber beide nicht die Kraft aufzusehen. Zusammen mit Kathis Großeltern nahmen sie in der ersten Bankreihe Platz. Auch für mich war dort ein Platz reserviert, doch hier hinten fühlte ich mich wohler. Ich glaubte, Iris aufschluchzen zu hören. Sofort zog sich mein Magen zusammen, und der Hals wurde mir eng.
Die Trauerandacht begann.
A ngeblich hat Kathi sich in ihren letzten Monaten für den Tod interessiert.»
Astrid Pfeifenberger stand mit mir auf der anderen Seite der Friedhofsmauer im Schatten einer großen Rotbuche. Der Strom der Trauergäste zog in mehr als zwanzig Meter Entfernung in Richtung Parkplatz. Ein Wagen nach dem anderen fädelte sich auf die Bundesstraße ein und verschwand. Die meisten würden sich im Gasthaus wiedertreffen, zum Leichenschmaus. Ich fand die Tradition, nach einer Beerdigung Kaffee und Butterkuchen zu sich zu nehmen, einfach geschmacklos und würde mich dort nicht blicken lassen.
«Für den Tod», wiederholte ich. «Wer sagt das?»
«Ihre beste Freundin, Theresa.»
«Und wie soll ich mir das vorstellen?»
Astrid Pfeifenberger schüttelte den Kopf. «Ich weiß es nicht. Theresa wollte sich nicht weiter dazu äußern. Sie war vollkommen aufgelöst. Ich hatte den Eindruck, sie fürchte sich vor etwas. Aber ich kann mich auch getäuscht haben. Mir ging es ja selbst nicht besonders gut.»
Ich nickte. Ja, das konnte ich gut verstehen. Seit ich von Kathis Tod erfahren hatte, lebte ich in einem Kokon, der die beschissen banalen Dinge des Alltags von mir fernhielt und mein Denken beträchtlich einschränkte. Es war fast so, als wäre eine Hälfte meines Ichs abgeschaltet worden. Ich lief sozusagen im Notfallmodus. Und wenn es Frau Pfeifenberger ähnlich ging, konnte sie sich sehr wohl getäuscht haben.
Aber ich war jetzt neugierig geworden. Ich beobachtete die abfahrenden Autos und überlegte mir die nächste Frage.
«Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich in die Schule käme und mit ein paar von Kathis Klassenkameradinnen spräche?»
Die Lehrerin zog die Augenbrauen zusammen. Mir fiel auf, dass ihre Wimperntusche verlaufen war. Sie musste während der Zeremonie am Grab geweint haben.
«Wozu?»
«Weil ich wissen will, was passiert ist. Kein Mensch kann mir erzählen, dass Kathi den Freitod gewählt hat. Das stimmt einfach nicht.»
Da lag schon wieder Wut in meiner Stimme, und ich befürchtete, die Lehrerin damit zu verschrecken. Aber sie schaute mich intensiv an und nickte dann.
«Okay. Aber nur wenn die Mädchen freiwillig mit Ihnen reden. Außerdem gibt es in der Schule etwas, das Sie sehen sollten.»
Anima Moribunda
Was suchst du, TommyX 5 ?
TommyX 5
Wer bist du denn?
Anima Moribunda
Jemand, der dir helfen kann.
TommyX 5
Was ist das für ein bescheuerter Nickname? Anima … was?
Anima Moribunda
Das kannst du später herausfinden. Das Internet hat auf alles eine Antwort. Ich hätte auch eine für dich.
TommyX 5
Wüsste nicht, dass ich dich etwas gefragt hätte. Wie kommst du überhaupt in diesen Chat?
Anima Moribunda
Bin Member, und deine Posts sind öffentlich.
TommyX 5
Echt! Scheiße, Mann, das wusste ich nicht.
Anima Moribunda
Du langweilst mich, TommyX 5 . Sag mir, was du suchst, oder ich bin weg.
TommyX 5
Was ich suche … ich hab von diesem Video gehört.
Anima Moribunda
Aha.
TommyX 5
Da soll man alles sehen können, ich meine, wirklich alles, ohne Schnitt oder Verpixelung oder so ’n Scheiß, ich find’s nur nicht.
Anima Moribunda
Ich weiß, ich habe es gesehen. Ich kann dir versprechen, es ist echt krass. Mehr geht nicht.
TommyX 5
Verdammt, Alter, wo finde ich das Teil?
Anima Moribunda
Ist nicht für jeden gedacht.
TommyX 5
Was willst du dafür?
Anima Moribunda
Was ich will? Das verrate ich dir vielleicht später. Aber willst du das wirklich sehen?
TommyX 5
Klar, Alter, zeig her das Gemetzel, ich will jemanden krepieren sehen.
Anima Moribunda
Dann sieh mal hier nach. Aber beeil dich. Ist nicht lange online.
I ch wartete in der Aula des Gymnasiums am Goetheplatz auf Kathis Klassenlehrerin Astrid Pfeifenberger. In fünf Minuten würde ihre Unterrichtsstunde zu Ende sein, sie hatte versprochen, mich danach vor der Vitrine
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