Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
Ältere ist als Teenager von zu Hause ausgerissen, den anderen hat sie, wie es scheint, im Säuglings- oder Kleinkindalter weggegeben. Damals lebte sie noch in Idaho. Wir forschen nach ihm, aber das braucht Zeit, denn die Adoptionspapiere waren damals Verschlusssache. Er dürfte jetzt etwa Mitte dreißig sein.«
»Halten Sie mich auf dem Laufenden«, sagte Paterno, bevor er auflegte. Er verstand nicht, was die Tatsache, dass Blanche Johnson Kinder hatte, mit dem Fall zu tun haben sollte, aber er nahm die Information dennoch zu den Akten. Man konnte nie wissen.
Dann betrachtete er erneut die Karte mit den farbigen Pins. »Ich glaube, Rossi, du hast recht: Der Kerl muss in der Nähe wohnen, und wenn die Kleine noch lebt, ist sie auch nicht weit von hier.« Er deutete auf die markierten Tatorte. »Er muss in der Lage sein, sich schnell in dieser Gegend fortzubewegen. Er kommt und geht ganz nach Belieben, zu jeder Zeit, ohne dass es jemandem auffällt.«
Er trat einen Schritt zurück, um sich einen größeren Überblick zu verschaffen, in der Hoffnung, ein Muster zu entdecken. Ergaben die Verbindungslinien zwischen den markierten Orten vielleicht einen fünfzackigen Stern? Oder gab es jemanden, der im Mittelpunkt all der Brandschauplätze wohnte?
Nichts, er erkannte keinerlei System.
Nun, der Geistesblitz würde noch kommen. Er näherte sich dem Kern der Sache, das spürte er. Stirnrunzelnd blickte er auf seine Notizen, auf all die kleinen Sterne, die er gezeichnet hatte. »Hey, Rossi«, sagte er. »Zeichne mir doch mal einen Stern.«
»Was?« Der jüngere Detective sah ihn an, als fürchtete er um Paternos Verstand.
»Tu mir den Gefallen«, bat Paterno, den Blick auf die Formen gerichtet, die der Mörder an den Tatorten hinterlassen hatte. »Zeichne mir einen Stern … nein, am besten gleich zwei.«
Travis schenkte sich einen Becher Kaffee ein und setzte sich an den Tisch, auf dem immer noch die von Paterno zurückgelassenen Zeichnungen lagen. Was zum Teufel hatten die Sterne zu bedeuten?
Sein Handy klingelte, und er nahm den Anruf an. Es war Carter, doch er wusste nichts Neues über Dani. Ein Agent vom FBI würde ihn auf dem Laufenden halten. Carter hatte Paterno informiert und brachte jetzt Travis auf den neuesten Stand: Blanche Johnson hatte zwei Ex-Männer, ein paar ehemalige Liebhaber und zwei Söhne. Später am Tag würde es weitere Informationen geben.
Nachdem sie das Gespräch beendet hatten, ließ Travis die Neuigkeiten auf sich wirken und fragte sich, wie sie ins Bild passten. Durchs Fenster sah er Nate Santana mit Shannon auf das Haus zukommen.
Die beiden zogen ihre Stiefel aus und traten ein. Travis nahm eine Vertrautheit zwischen ihnen wahr, als hätten sie das Gleiche schon unzählige Male getan, und empfand heftige Eifersucht. Er dachte daran, wie Santana Shannon in der Brandnacht berührt, wie er sofort das Kommando übernommen hatte. Es hatte wirklich den Anschein, als seien er und Shannon ein Liebespaar, auch wenn sie es abstritt.
Jetzt war Shannons Miene hart und entschlossen. Sie warf Travis einen Blick zu, und er begriff, dass etwas faul war. Offenbar gab es wieder einmal schlechte Nachrichten. »Was gibt’s?«, fragte er und stand auf.
»Nate hat etwas auf dem Herzen«, sagte sie.
Travis sah Santana an. Der zögerte und nickte dann knapp. »Es könnte auch Sie betreffen«, sagte er.
»Nun rede schon«, verlangte Shannon. »Was zum Teufel ist los?«
»Ich hatte etwas mit einer Frau«, sagte er. »Das hast du ganz richtig erkannt.« Travis nahm eine Spannung in der Luft wahr. Was mochte jetzt wohl kommen? »Das Problem ist nur: Sie ist tot.«
»Was? Was redest du da?«, fragte Shannon. »Wer ist tot? Mary Beth?«
»Nein!« Santana ballte die Fäuste, trat ans Fenster und blickte hinaus. »Dolores Galvez.«
»Wer?«, fragte Travis, doch der Name kam ihm vage bekannt vor.
»Dolores ist vor fast dreieinhalb Jahren bei einem Brand ums Leben gekommen«, erklärte Nate tonlos und sehr beherrscht. »Sie war das einzige Todesopfer in der Brandserie, die man dem ›unsichtbaren Feuerteufel‹ zuschrieb.«
Shannon wurde kreidebleich. Sie stützte sich auf eine Stuhllehne. »O mein Gott«, flüsterte sie und sah Santana an. »Du meinst … Ryan hat sie umgebracht?«
Nate schüttelte den Kopf, drehte sich um und sah die beiden an. Sein Mund war nur ein schmaler Strich, seine Augen loderten vor Wut. »Das glaube ich nicht«, sagte er und krampfte die Finger um die Fensterbank, bis die
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