Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
weiß ich inzwischen. Du warst nicht zu Hause, als ich heimkam, und das war spät, gegen drei Uhr. Und heute Morgen warst du auch nicht da. Aber irgendwann zwischendurch bist du hergekommen, hast die Tiere versorgt und bist wieder weggefahren. Was hat das zu bedeuten?«
»Ich dachte, wir sind uns einig darüber, dass jeder sein eigenes Leben führt.«
»Schon, aber hier ist doch etwas faul, Nate.« Sie zeigte mit dem Finger auf seine Brust. »Du verheimlichst mir etwas. Warum verrätst du mir nicht, wo du warst, was du treibst? Warum tauchst du plötzlich auf und verschwindest wieder wie ein verdammtes Gespenst?«
Er blickte zu Boden.
»Weißt du, du benimmst dich beinahe, als hättest du etwas mit einer Frau und wolltest es vor mir verbergen.«
Er presste die Lippen aufeinander und furchte die Stirn.
»Das ist es, oder?«, bohrte Shannon nach, als sei plötzlich alles klar. »Und ich finde es toll! Aber du brauchst deshalb nicht heimlich zu tun, verdammt.«
Er packte urplötzlich ihr Handgelenk. »Erinnerst du dich noch, dass ich mal gesagt habe, manchmal ist alles anders, als es scheint?«, fragte er und ließ sie unvermittelt wieder los, als sei ihm erst jetzt bewusst geworden, was er tat. »Nun, das ist momentan der Fall. Ja, es gibt da eine Frau, aber es ist nicht so, wie du denkst.« Er rieb sich den Nacken. »Vielleicht ist es an der Zeit, dich aufzuklären.«
»Höchste Zeit. Du bist der einzige Mann, dem ich wirklich vertrauen zu können glaubte. Mehr noch als meinen Brüdern.«
Ein Muskel unter seinem Auge zuckte.
»Gehen wir rein«, sagte er, und sein Blick schweifte zur offenen Stalltür. Draußen schien die Sonne, die Pferde grasten.
Der Morgen hatte so ruhig und harmlos begonnen, doch jetzt beschlichen Shannon böse Vorahnungen.
Nate war bereits auf dem Weg zur Tür. »Settler sollte es auch hören.«
Paterno saß an seinem Schreibtisch. Er hatte den Tatort in der Kirche untersucht und aus den Schleifspuren geschlossen, dass Oliver im Hauptschiff, wahrscheinlich beim Beten, angegriffen und dann in den Keller geschleppt worden war. Seine Handgelenke waren in einer Weise aufgeschlitzt, die Selbstmord ausschloss. Es schien, als hätte der Täter halbherzig versucht, Olivers Tod wie einen Selbstmord aussehen zu lassen. Doch Paterno war skeptisch: Dieser Mörder war schlau genug zu wissen, dass er so niemanden hinters Licht führen konnte. Er wollte lediglich daran erinnern, dass sein Opfer sich früher einmal in einem Selbstmordversuch die Pulsadern aufgeschnitten hatte.
Das war zumindest Paternos Interpretation. »Spinner«, murmelte er und ließ den Blick über seinen mit Papieren übersäten Schreibtisch wandern. Während er auf die Laborberichte wartete, studierte er erneut die vorliegenden Informationen zu den jüngsten Morden und auch zu Ryan Carlyles Tod. Zwischendurch wies er Anrufer von der Presse ab und malte Kringel auf einen Notizblock. Er notierte alles, was ihm zu diesem Fall in den Sinn kam, und zeichnete Sterne, einen nach dem anderen.
Rossi kam mit zwei Pappbechern Kaffee ins Büro. Es war später Vormittag. Paterno hatte in der vergangenen Nacht nur drei Stunden geschlafen, und die Brühe, die hier als Kaffee angeboten wurde, duftete für ihn verlockend. Er hatte bereits drei Becher getrunken, zwei zu Hause und einen im Büro. »Der Scheißkerl will uns einen Hinweis geben«, knurrte Paterno und deutete auf die Figuren, die bei jedem Brand entdeckt worden waren, einschließlich des letzten, bei dem die Ziffer vier an die Stelle des langen dreieckigen Sternzackens getreten war.
Rossi nickte. Er reichte Paterno einen Pappbecher. »Aber welchen?«
»Keine Ahnung«, versetzte der Detective, trank einen Schluck und betrachtete die Zeichnungen. »Shannon Flannery behauptet, es hängt mit der Geburtenfolge zusammen.«
»Geburtenfolge … Stehen die Ziffern vielleicht für die Brüder in der Reihenfolge ihrer Geburt?«
»Schon möglich.«
»Sehr merkwürdig.« Rossi schüttelte den kahlen Kopf. »Der Kerl spielt mit uns.«
»Warum gibt er sich nur solche Mühe?«
»Er ist ein verdammter Psychopath. Hat zu viel Zeit.«
Paterno hob ruckartig den Kopf. »Zeit … Allerdings, dieser Kerl inszeniert seine Taten mit einem enormen Zeitaufwand. Sollte er eine feste Arbeit oder eine Familie haben, dann muss er inzwischen todmüde sein.« Er trank einen großen Schluck und runzelte die Stirn. »Und wo zum Teufel steckt Travis Settlers Tochter?«
»Wenn ich das wüsste«,
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