Deathkiss - Suess schmeckt die Rache
zentimeterweise über den Boden schieben.
Hinter ihr brüllte Ryan in Todesqual. Das knochentrockene Holz der Hütte würde in Windeseile in Flammen aufgehen. Das Feuer leckte bereits an den Wänden. In wenigen Sekunden würde auch die Veranda brennen.
Der Rauch reizte sie zum Husten, ihr Körper war ein einziger Schmerz. Tröstliche Bewusstlosigkeit wollte sie umfangen, sie verführen, den Kampf aufzugeben. »Ausgeschlossen«, knurrte sie, zwang sich, gegen die Ohnmacht anzukämpfen, sich zu retten.
Sie dachte an Travis.
An ihre Liebesnacht.
An Dani.
Das Kind, das sie seit der Geburt nicht gesehen hatte. Tränen strömten über ihre Wangen. Lieber Gott, gib mir die Kraft, zu ihnen zurückzukehren. Bitte, bitte, schütze sie beide! Bitte, Dani darf nicht tot sein!
Hinter ihr prasselte und fauchte das Feuer, streifte sie mit seinem Gluthauch. Doch über das Tosen hinweg glaubte sie Stimmen zu hören … menschliche Stimmen und das Bellen eines Hundes und noch etwas – ein dumpfes Grollen, das in dieser Einöde fehl am Platz schien.
Unmöglich. Halluzinationen.
Wunschdenken.
Doch die Geräusche wurden lauter, eindringlich. Irgendwo in der Dunkelheit riefen Stimmen in die Nacht hinein. Shannon glaubte noch immer, sich alles nur einzubilden, in der Höllenglut des Feuers den Verstand verloren zu haben, da hörte sie deutlich: »Los jetzt!«
Nate? O bitte!
Die Hitze war inzwischen unerträglich. Shannon rang halberstickt nach Luft.
»Such!«, rief jemand. »Such Shannon!«
Travis?
Träumte sie oder hörte sie wirklich Travis’ Stimme?
»Shannon!«, brüllte er, nun ziemlich nahe. Sie war im Begriff, den Kampf gegen die Bewusstlosigkeit zu verlieren. »Um Himmels willen, Shannon, halte durch!«
Ihr Herz machte einen Satz. Sie versuchte, sich von der Hütte fortzuschieben, doch das Geländer, das bereits Feuer gefangen hatte, hinderte sie. Durch die verkohlenden Bretter sah sie ein Paar glühende Augen voller Entschlossenheit, einen zottigen Kopf. Atlas! Der Hund bellte. Hinter ihm tauchte Travis auf und befahl: »Sitz!«
Im nächsten Moment warf sich Travis durch die Flammen, stürzte auf die Veranda. Seine Schritte dröhnten auf dem Boden. Er packte sie und zerrte sie von der Veranda herunter, die Augenblicke später bereits in hellen Flammen stand.
»Ich bin bei dir«, sagte er, während er mit einem Messer ihre Fesseln durchschnitt. Shannon hustete, rang nach Luft. Über ihren Köpfen knatterten die Rotoren eines Hubschraubers.
»Halte durch, Liebling«, flehte Travis.
»Dani?«, flüsterte sie. »Ist sie …?«
»Dani ist in Sicherheit. Sie wartet im Wagen.«
»Sie lebt?«, keuchte Shannon. Ihr Herz hämmerte; sie fühlte sich ganz schwach vor Erleichterung.
»Ja. Sie lebt. Sie ist unversehrt!«
Tränen traten ihr in die Augen. »Wie hast du mich gefunden?«, fragte sie erstickt. Das Tosen des Feuers hinter ihnen übertönte fast ihre Worte.
»Dani wurde in dieser Hütte gefangengehalten. Nate kennt die Gegend. Du hast Atlas gut abgerichtet, und der Forest Service hat uns geholfen. Ich erzähle dir später alles. Wo ist der Irre?«
»Drinnen.«
Travis wandte sich zu der Hütte um, die nun ein einziges Flammeninferno war. »Gut.«
Über den Lärm des Feuers hinweg hörten sie Sirenen näher kommen. Für Ryan war es zu spät. Dieses Mal war er wirklich tot, dessen war Shannon sicher. Keuchend, von Schluchzern geschüttelt klammerte sie sich an Travis. Es war vorbei. Ihre Tochter war in Sicherheit. Travis war bei ihr, und Ryan, der brutale Mörder, war endlich tot. Durch eigene Schuld. Shannon starrte in das Höllenfeuer. Man hörte nichts mehr außer dem hungrigen Brüllen der Flammen. Ryans Schreie waren mit ihm gestorben.
»Vor ihm brauchst du keine Angst mehr zu haben«, sagte Travis, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Nie wieder. Ich schwöre es.« Shannon schmiegte sich an ihn und küsste ihn auf den Mund. Als sie den Kopf zurücklegte, lächelte er. »Ich halte dich, Liebling«, sagte er mit belegter Stimme und trug sie weiter fort von der Hütte. »Ich halte dich und lass dich nie wieder los.«
Sie hob den Blick und sah Nate und Dani neben dem Pick-up stehen. Sirenen gellten, riesige Löschzüge kamen mit blinkenden Signalleuchten auf sie zu.
»Dani!«, rief Shannon, und beim Anblick ihrer Tochter tat ihr das Herz weh.
Das Mädchen trat zögernd einen Schritt vor, stürmte dann los und rannte durch Gestrüpp und vertrocknetes Unkraut auf sie zu. Durch einen Tränenschleier
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