Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
ich war, als Connor mir erzählte, was er gehört hatte und wer es ihm berichtet hatte?«
»Warum ist Connor Swann zu Ihnen gekommen?« fragte Kincaid. »Wollte er Geld?«
»Ich glaube, Connor wußte selbst nicht, was er wollte. Er schien es sich in den Kopf gesetzt zu haben, daß Julia ihn geliebt hätte, wäre nicht Matthews Tod gewesen, und daß zwischen ihm und ihr alles anders gewesen wäre, wenn sie von Anfang an die Wahrheit über Matty gewußt hätte. Er redete eine Menge wirres Zeug. >Diese verlogene Bande<, sagte er immer wieder. >Nichts als Heuchler, alle miteinander<.« Godwin verschränkte die Arme und seufzte. »Ich glaube, Connor hatte das Image der Familie Asherton für bare Münze genommen und konnte die Desillusionierung nicht aushalten. Oder vielleicht brauchte er auch jemanden, dem er die Schuld an seinem eigenen Versagen geben konnte. Sie hatten ihn gekränkt und verletzt, und er hatte es sich ohnmächtig gefallen lassen müssen. Kenneth hatte ihm die perfekte Waffe in die Hand gegeben.«
»Hätten Sie ihn nicht aufhalten können?« fragte Kincaid.
Tommy Godwin lächelte. Der beiläufige Ton konnte ihn nicht täuschen. »Nicht auf die Weise, die Sie meinen. Ich habe mit ihm geredet, ihn gebeten, um Gerald und Caros willen den Mund zu halten, und auch um Julias willen, aber das schien ihn nur um so wütender zu machen. Am Ende kam es sogar zu Handgreiflichkeiten. Ich schäme mich jetzt noch dafür.
Als ich mich von Connor trennte, wußte ich schon, was ich tun würde. Wir hatten lange genug gelogen. Connor hatte in gewisser Beziehung recht - die Lüge hatte unser aller Leben verbogen, ob wir uns dessen nun bewußt waren oder nicht.«
»Das versteh ich nicht«, sagte Kincaid. »Wieso glaubten Sie, Sie müßten Connor töten, um der Lüge ein Ende zu bereiten?«
»Ich habe Connor nicht getötet, Superintendent«, erwiderte Godwin ruhig und entschieden. »Ich habe Gerald die Wahrheit gesagt.«
* 15
Gemma ließ den Motor ihres Wagens an und ließ ihn laufen, während Kincaid neben ihr sich anschnallte. Auf dem Weg von Godwins Wohnung zum Auto hatte sie kein Wort gesprochen.
Kincaid, der aus ihrem Verhalten nicht klug wurde, warf ihr einen forschenden Blick zu. Er dachte an den lebhaften Austausch, der sonst bei der Arbeit zwischen ihnen üblich war, und er dachte an das Abendessen in ihrer Wohnung vor wenigen Tagen, an die unbefangene Vertrautheit, die sich zwischen ihnen an diesem Abend eingestellt hatte. Auf einer eher gefühlsmäßigen Ebene war er sich ihrer besonderen Begabung, zu anderen in Beziehung zu treten, bewußt gewesen, doch er hatte nie recht darüber nachgedacht. Sie hatte ihn angenommen, mit ihrer Wärme bewirkt, daß er sich mit sich und mit ihr wohlfühlte, und er hatte es für selbstverständlich genommen. Jetzt, da er gesehen hatte, was für ein menschliches Verhältnis sich zwischen ihr und Godwin entwickelt hatte, empfand er plötzlich Neid. Er fühlte sich wie ein Kind, das man in die Kälte hinausgesperrt hat.
Sie strich sich eine Locke aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte, und wandte sich ihm zu. »Wie geht’s weiter, Chef?« fragte sie in neutralem Ton.
Es drängte ihn, den Bruch zwischen ihnen wieder zu kitten, aber er wußte nicht recht, wie er das anfangen sollte, und andere Dinge beanspruchten seine unmittelbare Aufmerksamkeit. »Warten Sie einen Moment«, sagte er und rief im Yard an. Er stellte nur eine kurze Frage, dann legte er wieder auf. »Die Untersuchungen von Godwins Wohnung und Wagen haben nichts erbracht.« Vorsichtig seinen Weg ertastend, sagte er: »Vielleicht war ich mit meinen Schlußfolgerungen über Godwin etwas voreilig. Das ist sonst eigentlich mehr Ihre Art«, fügte er mit einem Lächeln hinzu, doch Gemma verzog keine Miene. Er seufzte. »Ich denke, wir werden noch einmal mit Gerald Asherton sprechen müssen. Aber gehen wir erst mal was essen und sehen, wo wir stehen.«
Als Gemma losfuhr, schloß er die Augen. Er fragte sich, wie er das alte gute Verhältnis zu ihr wiederherstellen könnte, und warum sich ihm die Lösung dieses Falls so beharrlich entzog.
Nachdem sie bei den Ashertons angerufen und von Sir Gerald gehört hatten, daß er bereit war, sie jederzeit zu empfangen, setzten sie sich in einem Café in Golders Green zu einem späten Mittagessen. Sehr zu Kincaids Befriedigung vertilgte Gemma ohne eine Spur der Lustlosigkeit, die sie beim Frühstück an
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