Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer
über die bizarre Wendung des Gesprächs.
»Natürlich nicht, Sergeant, ich will damit nur sagen, daß für mich ein Giftmord etwas besonders Grauenvolles ist - dieses Leiden und diese Schmach, die da ein Mensch einem anderen zufügt.«
Gemma trank von ihrem Tee. Sie ließ ihn langsam über ihre Zunge fließen und fand den vollen, malzigen Geschmack angenehm. »Ihnen ist also ein schneller, sauberer Mord lieber, Tommy?«
»Ich mag Mord weder so noch so, meine Liebe«, erwiderte er, zu ihr hinaufblickend, während er ihr Tee nachschenkte. Er machte sich über sie lustig, sie sah es am unterdrückten Gelächter in seinen Augen.
Zeit für eine kleine Dosis Realität, dachte sie und leckte sich einen Rest Mayonnaise von der Fingerspitze. »Ich selbst habe mir immer vorgestellt, daß es absolut grauenhaft sein muß, zu ertrinken. Wenn man schließlich diesem verzweifelten Bedürfnis, Luft zu holen, nachgibt und dann im Ersticken kämpft, bis man endlich von der Bewußtlosigkeit erlöst wird.«
Tommy Godwin saß reglos, die Hände entspannt auf der Tischplatte, während er ihr zuhörte. Was für schöne Hände er hat, dachte Gemma, lange schlanke Finger, makellos gepflegte Nägel. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß er imstande war, sich wie ein gemeiner Rowdy zu prügeln, mit diesen Händen einem anderen den Hals zuzudrücken oder vielleicht einen sich wehrenden Menschen unter Wasser zu halten.
»Sie haben natürlich recht, Sergeant«, sagte er leise. »Meine Bemerkungen waren geschmacklos, aber Kriminalromane sind ein Hobby von mir.« Er nahm ein Kressebrötchen, betrachtete es einen Moment und legte es dann auf die Platte zurück. Der Blick seiner überraschend dunkelblauen Augen, als er sie ansah, war ohne Falsch. »Glauben Sie, daß Connor gelitten hat?«
»Das wissen wir nicht. Der Pathologe fand keine Anzeichen dafür, daß er Flußwasser in seine Lungen aufgenommen hatte, aber das schließt die Möglichkeit nicht aus.« Sie schwieg einen Moment, dann fügte sie hinzu: »Ich hatte gehofft, Sie könnten mir das sagen.«
Er riß die Augen auf. »Aber Sergeant! Sie werden doch nicht glauben -«
»Sie haben mich belogen, als Sie mir erzählten, Sie wären an dem Abend in der Oper gewesen. Eine der Platzanweiserinnen hat Sie kurz vor Ende der Vorstellung von der Straße hereinkommen sehen. Und ich habe einen Zeugen, der Sie in einem Pub in Wargrave gesehen hat, wo Sie beim Abendessen ein nicht allzu freundliches Gespräch mit Connor Swann führten«, sagte sie mit Nachdruck.
Zum erstenmal, seit sie ihm begegnet war, schien Tommy Godwin um Worte verlegen. Sie betrachtete sein stilles Gesicht und sah, daß seine Attraktivität weniger auf seinem Aussehen beruhte, als auf der Lebendigkeit seiner Züge, diesem Ausdruck wacher, humorvoller Wißbegier.
Schließlich seufzte er und schob seinen leeren Teller weg. »Ich hätte wissen müssen, daß es keinen Sinn hat. Schon als Kind konnte ich nicht lügen. Ich hatte eigentlich vor, an dem Abend die Vorstellung zu besuchen - soweit ist meine GeSchichte immerhin richtig. Aber dann hatte ich eine dringende Nachricht von Connor auf meinem Anrufbeantworter. Er sagte, er müßte mich unbedingt sprechen. Ich vermute, er war auf der Suche nach mir, als er an dem Nachmittag ins Theater kam.«
»Und er bat Sie, ihn im Red Lion zu treffen?«
Tommy nickte, doch ehe er etwas sagen konnte, trat der Kellner mit ihrer zweiten Kanne Tee an den Tisch. Er nahm die Kanne und sagte: »Sie müssen den Keemun probieren, Sergeant. Was möchten Sie dazu haben?«
Gemma schüttelte den Kopf.
»Bitte, Sergeant«, beharrte er, »nehmen Sie etwas. Es sollte eine besondere Überraschung für Sie sein - ich dachte mir, daß hart arbeitende Polizeibeamtinnen wahrscheinlich kaum Gelegenheit haben, nachmittags in aller Ruhe Tee zu trinken.«
Sie hörte wieder Alisons Worte. Ganz gleich, was Tommy Godwin sonst getan haben mochte, sie konnte diese Freundlichkeit nicht einfach zurückweisen. »Gut, dann hätte ich gern ein Scone.«.
Nachdem er auch sich selbst ein Stück Gebäck genommen hatte, schenkte er ihr aus der neuen Kanne ein. »Kosten Sie. Sie können natürlich Milch nehmen, wenn Sie das gern haben, aber ich würde davon abraten.«
Gemma probierte von ihrem Tee und blickte dann überrascht auf. »Der ist ja süß.«
Er machte ein erfreutes Gesicht. »Schmeckt er Ihnen? Es ist ein nordchinesischer Congou. Einer
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