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Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer

Titel: Deborah Crombie - 03 Und Ruhe in Frieden 04 Kein Grund zur Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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wir nicht zuerst unseren Tee trinken?« unterbrach er sie vorwurfsvoll. »Und nennen Sie mich bitte Tommy.« Er neigte sich ihr zu und sagte in vertraulichem Ton: »Dieses Hotel war das Vorbild für Agatha Christies >At Bertram’s Hotel<, wußten Sie das, Sergeant? Ich habe den Verdacht, es hat sich seit damals kaum verändert.«
      Neugierig, obwohl sie entschlossen war, sich nicht ablenken ’zu lassen, sah Gemma sich in dem großen Raum um. Einige der alten Damen, die in der Nähe saßen, erinnerten in der Tat an Miss Marple. Die blassen Farben ihrer Kleider - über denen sie vernünftige Strickjacken trugen - harmonierten mit den verblichenen Blau- und Violettschattierungen ihrer Haartönungen, und ihre Schuhe - vernünftig und solide bis zur Plumpheit.
      Seltsam, daß Tommy Godwin an so einer Umgebung Gefallen findet, dachte sie, während sie ihn unauffällig musterte. Teures marineblaues Kaschmirjackett, blaßgraues Hemd aus feinstem Leinen, dazu eine seidene Krawatte mit diskretem Paisley Muster.
      Als hätte er ihre Gedanken gelesen, bemerkte er: »Es ist dieses Vorkriegsflair, dem ich nicht widerstehen kann. Das goldene Zeitalter britischer Lebensart - von der heute nichts mehr zu spüren ist. Ich bin während des Kriegs geboren, aber selbst während meiner Kindheit waren noch Spuren dieser Kultiviertheit vorhanden. Ah, da kommt unser Tee«, sagte er, als der Kellner mit einem Tablett an ihren Tisch trat. »Zu den Brötchen habe ich Assam bestellt - ich hoffe, das ist in Ordnung - und danach zum Gebäck eine Kanne Keemun.«
      In Gemmas Familie hatte man sich bei der Teezeremonie auf Tetley’s Teebeutel beschränkt, die in eine Blechkanne gehängt wurden. Da sie jedoch nicht zugeben wollte, daß sie weder Assam noch Keemun je probiert hatte, griff sie auf seine vorangegangene Bemerkung zurück. »Sie glauben nur, daß die Zeit damals ideal gewesen sein muß, weil Sie nicht in ihr gelebt haben. Ich vermute, die Generation zwischen den Kriegen hat das edwardianische England als das goldene Zeitalter gesehen, und die Edwardianer dachten mit Trauer an viktorianische Zeiten zurück.«
      »Das ist sicher ein gutes Argument, Verehrteste«, sagte er ernst, während er ihr Tee einschenkte, »aber es gab da einen großen Unterschied - den Ersten Weltkrieg. Sie hatten die Hölle gesehen und wußten, wie dünn das Furnier unserer Zivilisation in Wirklichkeit ist.«
      Der Kellner kehrte zurück und stellte eine dreistöckige Platte auf ihren kleinen Tisch. Auf der unteren Platte waren kleine Brötchen angerichtet, in der Mitte Scones, süßes Gebäck ganz oben.
      »Nehmen Sie ein Brötchen«, sagte Tommy. »Der Lachs auf Schwarzbrot ist besonders gut.«
      Er trank von seinem Tee, nahm sich ein Gurkenbrötchen und fuhr in seinem Vortrag fort. »Es gehört heute zum guten Ton, Kriminalromane des goldenen Zeitalters als trivial und unrealistisch zu verdonnern, aber dieses Urteil ist nicht zutreffend. Er war ihre Festung gegen das Chaos. Die Konflikte waren persönlich und nicht global, und immer siegten Gerechtigkeit, Ordnung und Vergeltung. Sie brauchten diese beruhigende Gewißheit dringend. Wußten Sie, daß Großbritannien in den Jahren zwischen 1914 und 1918 fast ein Drittel seiner jungen Männer verloren hat? Doch dieser Krieg bedrohte uns nicht so wie der nächste - er blieb auf die europäische Front beschränkt.«
      Er legte eine Pause ein, biß von seinem Gurkenbrötchen ab und kaute einen Moment, dann sagte er traurig: »Als was für eine Verschwendung muß man es angesehen haben, einen Teil der Jugend Großbritanniens geopfert zu haben, ohne mehr dafür vorweisen zu können als ein paar Zeitungsschlagzeilen und Politikerreden.« Er lächelte. »Aber in den Romanen von Christie oder Allingham oder Sayers hat der Detektiv den Verbrecher immer erwischt. Und es fällt auf, daß der Detektiv stets außerhalb des Systems arbeitete - die Geschichten drückten einen tröstlichen Glauben an die Gültigkeit individuellen Handelns aus.«
      »Aber waren die Morde nicht immer sauber und blutlos?« fragte Gemma ziemlich ungeduldig.
      »Einige waren ganz im Gegenteil ausgesprochen diabolisch. Christie hatte eine besondere Vorliebe für Giftmorde, und ich persönlich kann mir keine brutalere Weise vorstellen, einen Mord zu begehen.«
      »Wollen Sie damit sagen, daß es Morde gibt, die nicht brutal sind?« Zum Beispiel, wenn man sein Opfer in den nächsten Fluß stößt, dachte sie, verwundert

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