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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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die dunklen Umrisse eines Blutergusses abzuzeichnen begannen, und sah dann zu Gemma. »Was ist passiert?« fragte sie und stellte sich neben ihren Mann.
      »Etwas, das schon lange hätte geschehen müssen«, erwiderte er und legte den Arm um ihre Taille. »Aber ich weiß nicht, ob ich es erklären kann. Es ist vorbei, Fran. Endgültig. Sie behaupten, jemand habe Lydia umgebracht. Sie hat nicht Selbstmord begangen.« Er sah zum ersten Mal seit ihrer Prügelei Kincaid an. »Sind Sie sich sicher?«
      »Im Augenblick fehlen uns noch stichhaltige Beweise. Trotzdem bin ich davon überzeugt«, erwiderte Kincaid.
      »Und Sie glauben, dieselbe Person hat Ihre Dr. McClellan umgebracht?«
      Kincaid nickte. »Können Sie sich vorstellen, wer dazu fähig gewesen wäre?«
      »Nein«, antwortete Morgan gedehnt. »Komisch - aber es ist mir auch egal.«
      »Morgan, das ist nicht dein Ernst!« Francesca trat entsetzt von ihm zurück.
      Er sah zu ihr auf. »Ich meine damit nicht, daß ich es richtig finde oder daß ich mir nicht wünsche, daß ihr Gerechtigkeit widerfährt - auf gewisse Weise. Aber begreifst du nicht, was das für mich bedeutet, Frannie?«
      »Es ist nie deine Schuld gewesen, Morgan. Egal, wie sie gestorben ist.« Sie streichelte ihm übers Haar. »Du hattest diese Art der Absolution nicht nötig.«
      »Doch, hatte ich«, widersprach er leise. »Ich verkaufe das "Haus, Fran. Hilfst du mir?« Er wandte sich zu ihr um, und als sie zustimmend nickte, entfuhr ihm ein tiefer Seufzer, der fast wie ein Schluchzen klang. Er legte den Kopf gegen ihre Brust.
      Gemma und Kincaid saßen für einen Moment bewegungslos da und betrachteten Francescas ruhige Züge. Dann standen sie auf und gingen leise hinaus.
     
     

* 15
     
    Und die Erinnerung kommt, geht, kehrt wieder, wird vergessen, und ist doch da, an die Geschichte, die ich einst gehört oder erlebt, an eine schale Geschichte von Müßiggang und Schmerz von Zweien, die sich liebten - oder nicht geliebt -, und einem dessen verwirrtes Herz leichtfertig Böses tat,
    vor langer Zeit, an anderen Gestaden.
     
    Rupert Brooke aus >Waikiki<
     
    »Und was sagt uns das alles?« fragte Kincaid, griff nach seinem Tomaten-Käse-Sandwich und stöhnte vor Schmerz, als er beim ersten Bissen seine aufgeplatzte Lippe berührte. Gemma hatte sich bereits über ihr Sandwich hergemacht, und er beobachtete, wie der Eiersalat über die Ränder quoll, als sie erneut hineinbiß.
      Sie saßen in einer Teestube im Tiefparterre nahe der St. John’s Street, teils weil Hazel das Lokal empfohlen hatte, teils weil Kincaid mit Ralph Peregrine verabredet war, dessen Verlag in der Nähe lag. Kincaid mußte anerkennen, daß die Teestube ein angenehmes Lokal war, gemütlich warm, mit schweren Eichenmöbeln und hellblauen Tischdecken. Aber die Zeichnung von Alice im Wunderland auf der Speisekarte weckte Erinnerungen an Vic.
      »Du hättest Morgan nicht so provozieren dürfen«, sagte Gemma mit leichtem Vorwurf, während sie besorgt zusah, wie er seine geplatzte Lippe betastete. »Und an der Backe kriegst du einen wunderbaren Bluterguß«, fügte sie sachlich hinzu.
      »Der Mann schlägt Frauen - das hat er selbst zugegeben. Er hätte Lydia beinahe umgebracht. Wieso nimmst du ihn in Schutz?« konterte Kincaid trotzig.
      »Normalerweise läßt du dich nicht von deinen persönlichen Vorurteilen leiten.« Gemma musterte ihn über den Rand ihrer blauweißen Teetasse hinweg. »Außerdem bin ich nicht sicher, daß das stimmt - ich meine, daß er Frauen schlägt. Ich glaube, er ist ein Hitzkopf, und Lydia hat ihn provoziert ...«
      »Willst du damit sagen, Lydia hat nur gekriegt, was sie verdient hatte?« entgegnete er aufgebracht mit vollem Mund. »Das ist ungeheuerlich. Ich hab mich wohl verhört. Ausgerechnet du ...«
      »Selbstverständlich habe ich das so nicht gemeint«, fiel sie ihm ebenso hitzig ins Wort. »Ich will damit nicht sagen, daß Morgan recht gehandelt hat. Aber das war eine Sache zwischen Lydia und Morgan. Zwei extreme Charaktere, eine brisante Mischung - was sie beide an die Grenzen des Wahnsinns getrieben hat. Außerdem gehe ich jede Wette ein, daß Morgan Francesca nie auch nur ein Haar gekrümmt hat.«
      »Na und? Das bedeutet nicht, daß er Lydia vor zwanzig Jahren nicht umgebracht haben kann.«
      »Er hat sie nicht umgebracht. Nicht so.« Gemma schüttelte heftig den Kopf. »Morgan handelt im Affekt. Giftmorde erfordern kaltes Kalkül -

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