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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Sie war mit ihrer Zeit und ihrem Rat sehr großzügig - sie hat jüngeren Lyrikern oft geholfen. Sicher standen Leute in ihrer Schuld.«
      »Und in ihrem Privatleben?« fragte Kincaid prompt.
      »Lydia hat nie über Einzelheiten aus ihrem Privatleben mit mir gesprochen, abgesehen von dem üblichen Geplänkel über Feuchtigkeit in den Hauswänden und Löchern im Dach.«
      »Was ist mit Morgan Ashby?«
      »Ich habe ihn natürlich zu Beginn meiner Zusammenarbeit mit Lydia kennengelernt. Er mochte mich wohl nicht besonders. Gesellschaftlich hatten wir kaum Berührungspunkte. Meine Frau und ich haben sie beide einmal zum Essen eingeladen. Daran erinnere ich mich. Das muß gegen Ende ihrer Ehe gewesen sein. Der Abend war kein Erfolg.« Diesmal war der Blick auf die Uhr vielsagend. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen. Ich habe eine Verabredung ...«
      Sie hörten, wie die Tür zum Vorzimmer geöffnet und wieder geschlossen wurde. Dann ertönte eine Frauenstimme: »Entschuldigung, Ralph, Lieber. Ich bin zu früh.« Die Bürotür ging auf. »Oh, Verzeihung«, sagte die silberhelle Stimme atemlos. »Ich hatte keine Ahnung, daß du Besuch hast. Ich wollte nur ...«
      »Nein, nein. Komm bitte rein, Margery.« Ralph ging hastig zur Tür, und Kincaid und Gemma drehten sich verlegen auf ihren Stühlen um. »Warum rennst du nur immer so die Treppe herauf«, sagte Ralph liebevoll besorgt. »Du bist ganz außer Atem.«
      »Keine Betulichkeiten, mein Lieber. Du weißt, das macht mich alt«, erwiderte sie lachend.
      Kincaid erhob sich schnell, als die Frau an Ralphs Arm das Zimmer betrat. Sie mußte um die Siebzig sein, schätzte Kincaid, und war ganz in Silbergrau gekleidet. Ein Farbton, der perfekt zum Klang ihrer Stimme paßte.
      »Margery, darf ich dir Superintendent Kincaid und Sergeant James von Scotland Yard vorstellen?« Ralph nickte ihnen zu. »Dame Margery Lester.«
      Die berühmte Schriftstellerin wie aus dem Bilderbuch, dachte Kincaid. Kein Wunder, daß seine Mutter sie verehrte.
      Sie hatte ganz offenbar nicht nur Talent, sondern war auch eine Schönheit gewesen. Und Margery Lester war noch immer eine attraktive Frau; hoheitsvoll bis zum bläulichen Schimmer ihrer Porzellanhaut. Es überraschte ihn allerdings, daß seine Mutter mit ihrer generationenalten Labourtradition eine Frau bewunderte, die so perfekt altes Geld und elitäre Erziehung verkörperte. Aber vielleicht unterschätzte er seine Mutter. Vielleicht, überlegte er, als er in Margery Lesters helle, intelligente Augen sah, unterschätzte er sie beide.
      »Dame Margery«, begann er und nahm ihre Hand. Nachdem sie Gemma begrüßt hatte, bestand er darauf, daß sie sich auf seinen Stuhl setzte. »Meine Mutter ist eine große Bewunderin von Ihnen«, fügte er hinzu und trat neben Gemma. »Ich frage mich allmählich, ob ich in dieser Beziehung etwas versäumt habe.«
      »Ich schreibe keine >Frauenbücher<«, erklärte Margery und strich den Rock ihres silbergrauen Kostüms über den Knien glatt. »Ich hasse diesen Public-Relations-Trick, sämtliche Titel in blumige Cover zu pressen. Aber die Vertriebsheinis setzen immer ihren Kopf durch. Ich kann also nur hoffen, daß Männer gelegentlich trotzdem meine Bücher aufschlagen und entdecken, daß eine gute Story drinnen ist.« Sie lächelte, als wolle sie Menschen, die lesen, alles verzeihen.
      »Möchte vielleicht jemand was zu trinken?« erkundigte sich Ralph, der gewandt in die Rolle des Gastgebers schlüpfte. »Die Sonne dürfte schon über den Deister sein. Außerdem ist es Samstag. Ich mixe anständige Gin Tonics - nur auf Limonen muß leider verzichtet werden.«
      »Ich rühr das Zeug nicht an!« wehrte Margery abrupt ab. »Anweisung meines Arztes. Aber zu einem kleinen Sherry sage ich nicht nein.«
      Ralph warf Kincaid einen fragenden Blick zu. Und Kincaid ertappte sich bei dem Wunsch, Margery Lester etwas besser kennenzulernen. »Ich schließe mich Dame Margery gern an«, Erwiderte er und fühlte Gemmas erstaunten Blick, bevor auch sie für einen Sherry votierte.
      Während Ralph sich an einem Schränkchen zu schaffen machte, beugte Kincaid sich vor und flüsterte Gemma ins Ohr: »Schließlich sind wir eigentlich nicht im Dienst.«
      »Was führt Sie hierher, Mr. Kincaid? Verzeihen Sie meine Neugier«, bemerkte Dame Margery, und Kincaid überlegte, ob ihr Gehör noch so gut funktionierte wie ihre grauen Zellen.
      Ralph sah von der Sherrykaraffe auf, aus der

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