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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Glauben zu schenken. Jetzt allerdings kamen ihm Zweifel, und er fragte sich, ob er sich von seinem Stolz hatte blenden lassen.
      Was, wenn er sie falsch eingeschätzt hatte? Was, wenn er sich geirrt hatte?
     
    Janice Coppins Herz hatte einen Sprung getan, als das Telefon geklingelt hatte. Eine seltsame Mischung aus Furcht und Erregung hatte sie erfaßt. Wenn sie an Wochenenden in den Dienst gerufen wurde, war die häusliche Situation immer schwierig... Seit Bill nicht mehr da war, mußte sie die Kinder in die Krippe schicken, und bei zehn Pfund pro Tag und Kind fragte sie sich, ob es nicht kostengünstiger gewesen wäre, stempeln zu gehen. Besonders hilfreich mit den Kindern - oder sonst zu etwas nutze - war Bill allerdings auch nicht gewesen. Zu mehr als zum Hosen herunterlassen und ihr Kinder zu machen, hatte es bei dem Filou nicht gereicht. Sie hätte auf ihre Mutter hören sollen.
      Ihre Tochter Christine kam herein und setzte sich auf die Bettkante und beobachtete sie mit jener ihr eigenen Aufmerksamkeit, die Janice stets beunruhigend fand. Das älteste ihrer drei Kinder war ein scheues Mädchen, das Verantwortung sehr ernst nahm; so ernst, als wolle es damit wettmachen, daß es im Gebüsch von Mudchute Park mit Bills Lederjacke als Unterlage gezeugt worden war. Ihr molliger Körper wehrte sich hartnäckig gegen jedes Anzeichen von Pubertät, und ihr glattes braunes Haar sah aus, als sei es wie um einen Topf herum abgeschnitten worden. Sie selbst allerdings schien sich dieser Unzulänglichkeiten nicht bewußt zu sein.
      »Was ist es diesmal, Mami?« fragte sie und schob die Brille auf ihrer Stupsnase hoch.
      Janice, einen Fuß gerade in eine saubere Strumpfhose gesteckt, sah ihre Tochter an. Ein verdächtiger Todesfall, hatte der diensthabende Sergeant gesagt, und da ihr Chef übers Wochenende verreist war, bedeutete das, daß sie dafür zuständig war. »Weiß ich noch nicht, Kleines«, erwiderte sie ausweichend. Sie versuchte stets, die unangenehme Seite ihres Berufs von den Kindern fernzuhalten. »Mist!« fügte sie hinzu, als sie aufstand, und die Laufmasche in der Strumpfhose entdeckte. Es war ihr letztes Paar. Sie mußte sich damit begnügen. Eigentlich wäre heute ihr Tag für den Friseur gewesen. Jetzt mußte sie noch eine weitere Woche ohne neuen Schnitt und frische Tönung auskommen. Und für ihr Wollkostüm war es eigentlich viel zu warm. Trotzdem hatte sie keine andere Wahl, selbst wenn sie am Ende des Tages stinken sollte wie eine Morchel. Es war das Kleidungsstück, das noch am ehesten Autorität und Professionalität ausstrahlte. Und wenn heute ihr großer Tag werden sollte, mußte wenigstens die äußere Erscheinung stimmen.
      »Bist du wieder zu Hause, bevor die Krippe zumacht?« Christine ignorierte wie stets ihr Fluchen. Im Gegensatz zu den Jungen, die ihre Kraftausdrücke meistens begierig aufgriffen, nur um dann von ihr getadelt zu werden. »Die Jungs wollen sicher nicht zu Großmutter.«
      »Ihr Pech«, sagte Janice gereizt und seufzte. Sie schlüpfte in ihre neuen Schuhe, zog das Jackett an, und fühlte umgehend durch den dünnen Stoff der Bluse den unangenehm rauhen Stoff auf ihrer Haut. »Chris, du weißt, ich komme so schnell zurück, wie ich kann. Ich ruf in der Krippe an, okay? Sobald ich absehen kann, wie’s wird.«
      Christine nickte, die Augen hinter der Brille blieben ernst.
      »Du holst die Jungs von den Nachbarn und gehst mit ihnen in die Krippe ... sag ihnen, sie sollen gehorchen ...« Beim Hinausgehen griff sie nach Schlüsselbund und Handtasche. Mit einem letzten Blick zurück erfaßte sie das ungemachte Bett, den Berg Schmutzwäsche, die zu waschen sie noch keine Zeit gehabt hatte, und dachte unwillkürlich an das schmutzige Geschirr in der Küche und das Chaos im Wohnzimmer. Du hast es so gewollt, erinnerte sie sich. Du wolltest die Uniform ablegen; du hast die Ellbogen eingesetzt und bist anderen auf die Zehen getreten, um genau das zu erreichen.
      Draußen vor der Haustür umarmte sie Christine hastig und sah der Tochter nach, die zu den Nachbarn rannte. Ein anderer Nachbar wusch auf der gegenüberliegenden Straßenseite seinen Wagen. Sein fetter Bauch wölbte sich unter der dünnen Baum-wollweste über dem Hosenbund, der so tief hing, daß beim Bücken sogar die Pofalte zu sehen war. Janice wandte sich leicht angeekelt ab, wußte, er würde ihr lächelnd hinterherpfeifen, sobald er ihren Blick bemerkte. Bastarde! Die denken doch alle, man

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