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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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uniformierte Beamte hielten eine kleine Menge Schaulustiger zurück.
      Kincaid parkte zwischen Gemmas Wagen und einem roten Vauxhall, stieg aus und ging auf eine Gruppe von Leuten zu, die am Rand des Parkplatzes stand. Die Front der Personen geriet in Bewegung, und plötzlich entdeckte er Gemmas kupferrote Haarmähne und ihre grüne Bluse, als sie sich umdrehte, um ihn zu begrüßen.
      »Boß ...« Gemma nickte ihm zu. »Darf ich vorstellen? Detective Inspector Janice Coppin. Sie ist die leitende Beamtin des zuständigen Reviers.«
      Kincaid streckte der Frau im marineblauen Kostüm die Hand entgegen. Sie erwiderte die Geste äußerst zurückhaltend, und die Miene ihres groben Gesichts war kaum freundlicher als ihr Händedruck. Sogar ihr störrisches blondes Haar schien Mißfallen auszudrücken.
      »Womit haben wir’s denn zu tun, Inspector?« fragte Kincaid leichthin, während er sich an die Andeutung seines Chefs erinnerte, der' frischgebackene, weibliche Inspector sei einem Mord vermutlich nicht gewachsen. Schon aus diesem Grund konnte ihn Coppins Feindseligkeit kaum überraschen. Immerhin pfuschte Scotland Yard ihr ungefragt ins Handwerk.
      »Dort droben.« DI Coppin trat zur Seite, um den Blick auf den Eingang zum Mudchute Park freizugeben, der durch das dichte Gebüsch, das den Parkplatz säumte, kaum zu sehen war. »Eine Frauenleiche. Liegt völlig frei neben dem Weg. Wir haben schon auf Sie gewartet«, fuhr sie fort. »Die Polizeiärztin ist fertig, aber wir konnten die Leiche nicht wegschaffen, solange Sie sie nicht gesehen haben.«
      Kincaid hatte nicht die Absicht, sich für seine Verspätung zu entschuldigen. »Na, dann sehen wir uns die Bescherung mal an«, erwiderte er und ging in Richtung Parkeingang.
      Der Müll, der die Asphaltfläche des Parkplatzes bedeckte, hatte sich bis auf das nackte Erdreich dahinter ausgebreitet und säumte den Plattenweg, der zum Eingang hinaufführte. Die Unmengen an Müll ließen den pastoralen, hölzernen Laubengang über dem Schwinggatter zum Park geradezu als Hohn erscheinen und würden natürlich erfahrungsgemäß die Arbeit der Spurensicherung sehr erschweren. Es war nur ein sanfter Anstieg zu den bewaldeten Hängen des Parks, doch als Kincaid das Schwinggatter passiert hatte, stand ihm bereits der Schweiß auf der Stirn. Von ihm gabelte sich der Weg, dessen Oberfläche auch nach den Regenfällen der vergangenen Wochen noch so hart war, daß seine Gummistiefel keinen Abdruck hinterließen. Die rechte Abzweigung stieg leicht zu einer Heckenanpflanzung und zu den weiten Parkwiesen dahinter an, während sich der Pfad zu seiner Linken einen steilen Abhang entlangschlängelte. Ungefähr in zehn Meter Entfernung entdeckte Kincaid auf dem Weg eine Ansammlung von Leuten der Spurensicherung in weißen Kitteln.
      Kincaid zog einen Overall über und ging auf die Gruppe zu. Aus alter Gewohnheit verschränkte er die Hände auf dem Rücken, während er dem blau-weißen Band folgte, das den Tatort absperrte, denn auf diese Weise war die Versuchung geringer, unüberlegt etwas zu berühren.
      Die Leute von der Spurensicherung traten beiseite, um ihn durchzulassen, und dann sah er sie, halb im Schatten der Hecke liegend.
      »Sie war eine Schönheit, muß man sagen«, erklärte Willy Tucker, der Fotograf, der neben ihn getreten war.
      Sie lag auf dem Rücken zwischen Wegrand und Hecke, die den Parkweg gegen das höher gelegene Gelände abschirmte. Sein erster flüchtiger Eindruck war, daß ihre Kleidung sorgfältig arrangiert worden war.
      Der kurze Rock war auffällig glatt über ihre Oberschenkel gezogen. Das lange, schwarze Leinenjackett war züchtig hochgeschlossen bis zum letzten Zinnknopf. Nur ein cremefarbener BH-Träger aus Satin war dort sichtbar, wo ihr die Jacke leicht in Richtung Schulter verrutscht war. Eine Bluse trug sie offenbar nicht.
      Mit einem Blick auf Tucker sagte Kincaid: »Ihre Strumpfhose ... war nicht verrutscht oder ausgezogen?«
      »Nicht, soviel wir sehen konnten ... ohne sie zu bewegen.«
      Die Strümpfe waren dünn, nur ein Hauch von Schwarz über ihrer weißen Haut, und hatten Laufmaschen an beiden Beinen. Ein Fuß war nackt, der andere steckte in einem schwarzen Schuh mit breitem, hohem Absatz.
      Kincaid ging in die Hocke, ohne sich der Toten weiter zu nähern, und betrachtete ihr Gesicht. Es war ein perfektes Oval, die Haut selbst im grellen Licht faltenlos glatt. Die Nase gerade, die Lippen gut geformt.

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