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Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen

Titel: Deborah Crombie - 05 Das verlorene Gedicht 06 Boeses Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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ein grandioses Tennisspiel gesehen hatten, war es eben ohne Duncan nicht dasselbe gewesen. Es war so verdammt unfair!
      Seit der Major ihn allein gelassen hatte und in seine Wohnung hinuntergegangen war, hatte sich Kit die Zeit damit vertrieben, sich in der Wohnung umzusehen, hatte die Bücher, CDs und die Bilder an der Wand begutachtet. Er hatte die Fernbedienung des Fernsehers ausprobiert, durch die Sender gezappt, aber kein Sky-TV gefunden, und das Gerät voller Verachtung wieder abgeschaltet. Eine Weile hatte er auf dem Balkon gestanden und auf den blühenden Garten des Majors hinuntergesehen. Dann war er wieder in die Wohnung gegangen, als ihn eine seltsame Leere zu überwältigen drohte.
      Die Haut in seinem Gesicht spannte und brannte von der Sonne, und plötzlich merkte er, wie durstig er war. Er schlenderte in die Küche, öffnete den Kühlschrank und starrte auf den Inhalt. Eine Flasche Orangensaft, eine Literpackung Milch mit abgelaufenem Datum, eine Coca-Cola und zwei Büchsen Bier. Einen Moment war Kit versucht - er war immerhin fast zwölf und die Gelegenheit war günstig -, sich wie ein Erwachsener zu gebärden, aber da waren nur zwei Dosen Bier, und Duncan würde sicher merken, wenn eine fehlte. Mit einem Schulterzucken wählte er daher die Cola, öffnete sie und warf den Metallring in den Mülleimer. Dann sah er wahllos in Küchenschränke und -Schubladen, trank seine Cola und nahm sie für den Fall, daß er eine Zigarette entdecken sollte, vor, diese statt des Biers auszuprobieren. Dann fiel ihm ein, daß er Duncan nie rauchen gesehen hatte.
      Warum hatte Duncan ihn nicht wie versprochen angerufen? Wo war er überhaupt? Handelte es sich um einen Mordfall? Immerhin war das sein Job, auch wenn er nicht gern darüber sprach. Kit versuchte, sich eine von Kugeln durchsiebte Leiche vorzustellen, wie er sie aus seinen bevorzugten Videofilmen kannte, konnte sich jedoch nicht ganz des Bildes erwehren, an das er sich am wenigsten erinnern wollte: wie seine Mutter leblos auf dem Küchenboden ihres Cottages gelegen hatte.
      Er warf die leere Cola-Dose in den Müll und sah auf die Uhr: fast sieben. Er hatte die Einladung des Majors abgelehnt, mit ihm in seiner Parterrewohnung gebackene Bohnen auf Toast zu essen und Karten zu spielen. Aber man konnte ja seine Meinung ändern. Alles war besser, als hier allein zu bleiben.
     
    Die Busse, die die Kinder zum Bahnhof befördern sollten, parkten vor der Cubitt Town School am Straßenrand. Eltern standen in Gruppen darum herum und versuchten, einen letzten Blick auf ihre Söhne und Töchter zu erhaschen, während die Kinder von den Lehrern in unordentlichen Reihen aufgestellt wurden. Viele der Mütter weinten, und der Anblick des tränennassen Gesichts seiner Mutter machte Lewisfast ebenso verlegen wie das Namensschild aus Papier, das er an seinen Pullover gesteckt trug. Er kam sich wie ein dämliches Postpaket vor. Und das schlimmste war, er fühlte sich wie ein Paket ohne Adresse, denn das Ziel der Reise hatte man ihnen verschwiegen. Viele Kinder trugen Wintermäntel, so daß der strenge Geruch von Schweiß und feuchter Wolle in der Luft hing, in den sich der Gestank von Erbrochenem mischte, da sich einige der kleineren Kinder vor Hitze und Aufregung übergeben mußten.
      Dann begann sich die Schlange vorwärts zu bewegen, als die ersten Kinder ihren Bus bestiegen, und ein Stöhnen ging durch die Reihen der Eltern. Die Mutter des kleinen Simon Goss brach in lautes Schluchzen aus, reckte die Arme und flehte, ihr ihr Baby nicht wegzunehmen. Als Lewis sich krank vor Angst abwandte, entdeckte er plötzlich am Rand der Menge seinen Vater. Ihre Blicke trafen sich, und er sah die Tränen in seinen Augen.
      Lewis schluckte schwer, hob die Hand und winkte; dann zerrte ihn die Schlange der Kinder mit und stieß und schob ihn die Treppen in den Bus hinauf. Er kletterte über andere Kinder hinweg, bis er einen Sitz am Fenster ergattert hatte, und von dort beobachtete er, wie der Rest der Kinder auf die Plätze verteilt wurde. Schließlich war es soweit. Er winkte seinen Eltern noch einmal zu, als der Bus anfuhr.
      Dann ging die Reise los, und er wurde plötzlich aufgeregt... trotz aller Ungewißheit, trotz der Tatsache, daß in seinem Koffer viele Dinge fehlten, die auf der Liste gefordert worden waren, trotz des erniedrigenden Namensschildes und der Gasmaske im Pappkarton vor seiner Brust. Als der Bus jedoch mit leichtem Schlingern in die Manchester Road

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